Um im zweiten Anlauf den Sprung auf das Parkett in Frankfurt und Stockholm zu schaffen, musste Volkswagen kräftige Abstriche machen. Der Ausgabepreis lag mit 27 Euro am unteren Ende der Preisspanne, die bis 33 Euro reichte. Damit wurde die Dachgesellschaft der Lkw- und Bushersteller MAN und Scania mit 13,5 Milliarden Euro bewertet - weit weniger als die einst erhofften bis zu 24 Milliarden. Mit Erlösen von 1,55 Milliarden Euro, die allein an die Mutter Volkswagen fließen, war Traton dennoch der fünftgrößte Börsengang weltweit in diesem Jahr. Das Geld aus der Emission wollen die Wolfsburger in den Ausbau des Geschäfts mit Elektroautos stecken.

Mit dem Börsengang soll Traton auch mehr Handlungsspielraum für die Expansion in den USA gewinnen. Der Konzern hält sich dabei eine Übernahme des US-Lkw-Bauers Navistar offen. "Die Dinge müssen reifen", sagte Volkswagen-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch zu Reuters. "Der jetzige Schritt macht viele Überlegungen möglich. Derzeit gibt es aber keine konkreten Pläne." Renschler äußerte sich ähnlich. "Wir sind sehr zufrieden mit unseren Allianzen. Damit bekommen wir die notwendigen Skaleneffekte." Deshalb könne man abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.

INVESTOREN SCHEUEN RISIKO


Eigentlich hatte Volkswagen die Lkw-Sparte schon vor Ostern an die Börse bringen wollen. Das Vorhaben wurde aber mit Verweis auf das schwache Marktumfeld im März überraschend auf Eis gelegt. Nach längerem Hin und Her entschied sich der Wolfsburger Konzern, einen neuen Anlauf zu wagen, musste dabei aber beim Firmenwert und beim Emissionsvolumen Abstriche machen. Volkswagen gab nun lediglich 11,5 Prozent von Traton in fremde Hände. Allerdings könnten sich die Wolfsburger mittelfristig von weiteren Anteilen trennen und damit auch einen Aufstieg von Traton in den Nebenwerteindex MDax erleichtern. Renschler hatte sich zunächst einen Erlös von bis zu sechs Milliarden Euro für einen Anteil von 25 Prozent vorgestellt. Investmentbanker bezeichneten das aber als zu ehrgeizig.

"Auf den ersten Blick scheint das Marktumfeld gar nicht so schlecht. Doch die Handelsvolumen sind niedrig", sagte ein am Traton-Börsengang beteiligter Banker. Investoren scheuten angesichts der Handelskonflikte und der Konjunktursorgen das Risiko und hielten ihr Geld zusammen. Entsprechend schwer tun sich die Börsenkandidaten. Traton ist der erste klassische Börsengang im streng regulierten Prime Standard der Frankfurter Börse in diesem Jahr.

WELTWEITES GESCHÄFT MIT BÖRSENGÄNGEN BELEBT SICH


Listing-Experte Martin Steinbach von der Unternehmensberatung EY ist vorsichtig optimistisch, dass sich das Geschäft mit Börsengängen in Deutschland im zweiten Halbjahr belebt. "Nach der Sommerpause erwarten wir ein stärkeres zweites Halbjahr - auch wenn wir nicht das hohe Niveau des Vorjahres erreichen werden." Nach wie vor sei allerdings der Brexit, der im Herbst erneut zum Thema werden dürfte, ein kaum zu kalkulierender Unsicherheitsfaktor.

Weltweit hat sich das Geschäft mit Börsengängen nach einem sehr schwachen Jahresauftakt bereits im zweiten Quartal deutlich belebt. Das Emissionsvolumen legte gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent auf 57 Milliarden Dollar zu, die Zahl der Börsengänge sank aber um 17 Prozent auf 302, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Studie von EY hervorgeht. Am meisten Geld sammelte der US-Fahrdienstvermittler Uber mit 8,1 Milliarden Dollar ein. Auf der Liste der weltweit größten Börsengange in diesem Jahr folgen der US-Laborzulieferer Avantor (3,3 Milliarden), Uber-Konkurrent Lyft (2,6 Milliarden) und der italienische Zahlungsanbieter Nexi (2,3 Milliarden). Traton schaffte es trotz der Abstriche auf den fünften Platz weltweit und den zweiten Platz in Europa.

rtr