Lange Zeit wirkte es, als würde die altehrwürdige The Walt Disney Corp. den wichtigsten Trend der Branche verschlafen. Doch der Medienriese ist aufgewacht und schickt sich an, mit dem Streamingdienst Disney+ abzuheben. Chef Robert Chapek stellte am jüngsten Investorentag klar, dass die Prioritäten neu geordnet sind: Chapek macht im Digitalgeschäft Tempo und setzt künftig noch stärker auf den direkten Stream zum Endkunden.

Die konzerneigene Plattform Disney+ hat auch dank Publikumserfolgen wie der Serie "The Mandalorian" den Kampf mit der etablierten Video-on-Demand-Konkurrenz aufgenommen. Konkurrenten wie Netflix und Amazon Prime wird das Feld nicht kampflos überlassen.

Disney+, erst seit einem Jahr in den USA auf Sendung, liegt mit aktuell 86 Millionen Kunden weit über den eigenen Erwartungen sowie den Schätzungen der Experten. 90 Millionen Kunden waren nach den Planungen des Konzerns erst für das Jahr 2024 angepeilt. Einem Medienbericht zufolge wurde die App von Disney+ alleine am Weihnachtswochenende 2,3 Millionen Mal heruntergeladen. Dies sei ein Plus von 28 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Wochenende.

Ähnlich gut entwickeln sich die beiden anderen Onlineplattformen des Konzerns: der Film- und Seriendienst Hulu und der Kanal ESPN für Sportfans. Beide liegen schon jetzt auf dem Niveau, das erst in einigen Jahren erreicht werden sollte. Zusammengenommen zählt Disney 137 Millionen Streamingkunden. Zum Vergleich: Branchenprimus Netflix rechnet bis zum Ende dieses Jahres weltweit mit 200 Millionen Abonnenten. Nach der aktualisierten Planung will Disney bis zum Ende des Geschäftsjahrs 2024 nun 300 bis 350 Millionen Streamingkunden auf seinen Plattformen versammeln.

Suchtstoff für Zuschauer

Neben der Expansion in weitere Länder setzt der Konzern auf frische Inhalte. In den kommenden Monaten sollen laut Vertriebsvorstand Kareem Daniel neue Serien und Animationsproduktionen aus dem Fundus der berühmten Comic-Helden von Marvel (Spider-Man, X-Men) und "Star Wars" neue Kunden locken und die bestehenden bei der Stange halten. Dafür wird der Konzern das Investitionsvolumen ausweiten. Allein für Disney+ soll das Budget im Geschäftsjahr 2024 von derzeit zwei auf acht bis neun Milliarden Dollar steigen. Für alle drei Portale sind 2024 Programmkosten von 14 bis 16 Milliarden Dollar vorgesehen.

Überdies hat der Konzern Preiserhöhungen für Disney+ angekündigt. In den USA wird der Monatspreis um einen Dollar auf 7,99 Dollar und in Europa um zwei Euro auf 8,99 Euro angehoben. Die Analysten äußerten sich überwiegend positiv zu den Planungen und erwarten künftig spürbar steigende Gewinne. Ähnlich optimistisch sahen es auch die Anleger und ließen die Aktie auf ein Allzeithoch klettern.

Leere Themenparks

In Stay-at-Home-Zeiten leiden allerdings die übrigen Disney- Sparten. Das Geschäft mit Themenparks, Kinos und Kreuzfahrtschiffen macht Milliardenverluste. Die weltberühmten Parks in Orlando oder im kalifornischen Anaheim, die 2019 zusammen fast 40 Millionen Besucher anlockten, lagen lange komplett still. Derzeit läuft der eingeschränkte Betrieb unter strengen Hygieneauflagen. Die Gaststätten und Hotels der Ressorts sind bis auf Ausnahmen noch immer geschlossen. Ende November hatte der Konzern mitgeteilt, in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2021 rund 32.000 Mitarbeiter zu entlassen. Die ersten Corona-Impfungen machen jedoch Hoffnung, dass ab Mitte des kommenden Jahres auch in diesem Bereich wieder Geld verdient wird.

Spannung: Die Streamingdienste boomen. Nach Corona dürften auch die anderen Sparten zum Gewinn beitragen.

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