Seit nunmehr 50 Jahren führt Warren Buffett die Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway, die aktuell auf einem Berg von 60 Milliarden Dollar Cash sitzt. Im Interview erklärt der legendäre Investor, warum er aktuell vor allem in Deutschland nach Übernahmekandidaten sucht und wie er die Zukunft des Euro sieht.

Mr. Buffett, der Kauf der Handelskette für Motorradzubehör, Detlev Louis, war Ihr erster Deal in Deutschland. Nach den Investmentkriterien, die Sie in Ihrem Jahresbericht veröffentlicht haben, ist die Firma eigentlich zu klein für Berkshire. Warum haben Sie trotzdem gekauft?
Nun, ich mag die Firma. Das Geschäft ist fundamental gut und das Management hervorragend. Und ich mag die Tatsache, dass wir damit einen Anfang in Deutschland gemacht haben und nun sozusagen auf der Landkarte präsent sind.

Es ist also ein erster Schritt nach Europa?
Ja - und ein sehr guter erster Schritt. Wir hoffen auf mehr.

Vor allem in Deutschland?
Vielleicht, ich hoffe es. Im Vergleich zu den USA sind die Bedingungen in Deutschland etwas günstiger. Wir haben deutsche Unternehmen heute mehr auf dem Radar als vor ein paar Jahren, und ich glaube, dass in den kommenden fünf Jahren mindestens eine weitere Übernahme dort ansteht.

Wollen Sie vor allem weitere Familienunternehmen kaufen oder schauen Sie sich auch am Aktienmarkt um?
Beides ist möglich. Ich werde das Universum nicht halbieren und festlegen, dass wir nur private oder nur börsennotierte Unternehmen kaufen. Auch wenn wir bei Familienunternehmen vermutlich die besseren Chancen haben.

Warum?
Dort kann jemand eine Entscheidung treffen und beschließen, dass er oder sie mit der Firma gern zu Berkshire kommen würde, und dann wird es gemacht. Aber wir können es uns nicht erlauben, wählerisch zu sein. Weder in Bezug auf die Art, wie wir ein Geschäft kaufen wollen, noch mit dem Preis, den wir zahlen.

Warum finden Sie so wenige Unternehmen in Deutschland? Denken Sie, der Mittelstand hat Vorurteile gegen den großen US-Investor Berkshire, weil noch nicht so bekannt ist, dass Sie Unternehmen kaufen, um sie weiterzuentwickeln und nicht wie einige Finanzinvestoren, um sie zu zerschlagen?
Inzwischen gibt es mehr Wissen über Berkshire und die Art, wie wir arbeiten. Das ist in Deutschland natürlich noch nicht so bekannt wie in den USA, aber ich denke, Detlev Louis wird uns dabei helfen, dass wir besser verstanden werden.

Gleichzeitig haben Sie vor wenigen Wochen über Anleihen Milliardenschulden in Euro aufgenommen. War das nicht eine Wette darauf, dass die Wirtschaft nicht so gut dasteht und die Gemeinschaftswährung weiter abwerten wird?
Wir haben viel Kapital in Euro gebunden, besonders in unserer Versicherungssparte. Die Anleihen schaffen also in einem gewissen Maß einen Ausgleich für das Vermögen, das wir dort haben. Und, wie gesagt, wir planen nach Möglichkeit ein paar Euro für Unternehmen auszugeben.

Trotzdem bleibt die Gemeinschaftswährung ein politisches Dauerproblem. Vor Kurzem sagten Sie, der Grexit - also ein Austritt Griechenlands aus dem Euro - sei denkbar. Würde das die Einheitswährung nicht weiter schwächen?
Es ist sehr schwer, die genauen Auswirkungen eines möglichen Austritts vorherzusagen. Ich denke aber, der Euro würde dadurch stärker. Vor allem glaube ich, dass der Euro einen Austritt Griechenlands heute sicherlich überstehen würde. Die Situation ist viel, viel besser als vor einigen Jahren. Das heißt aber nicht, dass ich hoffe, dass genau das passiert.

Sie haben also keine Angst, dass der Euro früher oder später auseinanderbricht?
Die Chancen sind groß, dass es den Euro auch in fünf oder zehn Jahren noch geben wird. Allerdings gibt es ein paar Konstruktionsfehler, die repariert werden müssen. Das ist zur Hälfte geschafft. Ich bin überzeugt, dass auch der Rest zu beheben ist und die Währung dann für lange Zeit Bestand hat.

Ihr Vize Charlie Munger schrieb im diesjährigen Geschäftsbericht, dass es bei Berkshire genug Potenzial für Ihre Nachfolge gäbe und nannte die Manager Ajit Jain und Greg Abel. Bereiten Sie damit einen Wechsel vor?
Er schrieb, die beiden seien in einigen Belangen sehr viel bessere Manager als ich es bin, und da stimme ich ihm absolut zu. Aber es war nicht beabsichtigt, irgendetwas anderes damit zu sagen.