Er ist der Vater des Booms von Elektroautos in China. Seine Vision, das riesige Land auf dem Weg der E-Mobilität ganz nach vorn zu bringen, veränderte eine ganze Branche - weltweit. Vor mehr als 20 Jahren überzeugte Wan Gang bereits Unternehmen, auf die damals noch nicht erprobte Technologie zu setzen. Mittlerweile wird jedes zweite Elektrofahrzeug in China verkauft.

Jetzt meldete sich der Pionier wieder zu Wort. Doch dieses Mal plädiert er nicht für den weiteren Ausbau batteriebetriebener Fahrzeuge. Ganz klar spricht er sich für eine andere Antriebsform aus: "Wir müssen uns weiter in Richtung Brennstoffzelle bewegen", sagt der frühere Audi-Manager und heutige stellvertretende Vorsitzende des nationalen Beratungsgremiums für Politikgestaltung in China. Der nächste bahnbrechende Moment sei gekommen, ist sich der einflussreiche Politiker sicher. Während die milliardenschwere Förderung von Elektrofahrzeugen im kommenden Jahr in China ausläuft, soll sie für H2-betriebene Vehikel weiterlaufen. Damit forcieren die Chinesen eine Entwicklung ähnlich der für die Batterietechnologie. Und wenn China vorangeht, werden andere Länder nachziehen.

Nur wenige Anbieter auf dem Markt


Argumente für die Technologie gibt es genügend: So ist ein reines Elektrofahrzeug für längere Distanzen und den Schwerlastverkehr selbst auf lange Sicht ungeeignet, mit einem Wasserstofftank käme man ungleich weiter. Es werden keine Schadstoffe emittiert, und die Zeit zum Tanken ist ähnlich lang wie bei einem herkömmlichen Pkw. Allerdings, und das ist die Krux: Erst wenn der Kraftstoff nachhaltig produziert wird, wirkt er sich positiv auf die Klimabilanz aus. Noch ist dieses Ziel aber fern. Meist wird derzeit auf Erdgas oder Kohle zurückgegriffen. Zudem ist der Wirkungsgrad relativ gering. Obwohl es die Industrie bereits seit langer Zeit gibt, steht die Entwicklung ganz am Anfang.

In Deutschland stehen aktuell 71 Wasserstofftankstellen, 386 Autos sind zugelassen. Die Marktführer kommen aus Japan und Südkorea: So hat Toyota das Modell Mirai im Angebot - rund 10 000 Fahrzeuge wurden bislang weltweit verkauft. Hyundai ist mit dem Nexo unterwegs. Deutsche Autobauer halten sich zurück. So kündigte Volkswagen an, sich mit Elektroautos lediglich auf eine alternative Antriebsform konzentrieren zu wollen. Daimler hat mit dem Mercedes GLC F-Cell ein Modell in der Planung, allerdings ist es noch nicht serienreif. Und BMW? In München ist man der Meinung, dass sich die Technologie durchsetzen könnte, allerdings sei diese noch lange Zeit nicht wettbewerbsfähig. Derzeit bastelt man an wasserstoffbetriebenen Flugtaxis.

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Explosionsgefahr bei Nel


Doch all dieser Skepsis zum Trotz: Anleger lechzen geradezu nach börsennotierten Wasserstoffunternehmen. In einschlägigen Foren werden sie heiß diskutiert, vor allem jedoch werden sie stark gehandelt. Das norwegische Unternehmen Nel ASA etwa. Es ist Marktführer für Elektro­lyseure. Diese wandeln elektrische Energie in chemische um, dabei entsteht Wasserstoff als Energieträger. Die Skandinavier produzieren und vertreiben Wasserstoff auch über Tankstellen. Ihre Aktien gehören in Deutschland zu den meistgehandelten ausländischen Titeln. An starken Tagen haben sie auf der Plattform Tradegate einen höheren Börsenumsatz als so mancher DAX-Titel. Für ein Unternehmen mit einem erwarteten Umsatz von knapp 60 Millionen Euro für das Jahr 2019 und einer Marktkapitalisierung von 724 Millionen Euro ist das ungewöhnlich.

Profitieren sollte Nel ASA vor allem vom Ausbau des Netzes für Wasserstofftankstellen. Vor Kurzem gab es jedoch einen herben Rückschlag: In der Nähe der norwegischen Hauptstadt Oslo explodierte eine Tankstelle. Betrieben wird diese von Uno-X Hydrogen, einem Gemeinschaftsunternehmen von Nel, Uno-X und Praxair. Für die Betreiber war die Explosion ein derber Schlag, entsprechend heftig reagierte auch der Aktienkurs von Nel: Um mehr als 30 Prozent stürzte der allein an diesem Tag ab. Von Januar bis Ende Mai hatte er sich allerdings fast verdoppelt.

Noch ist nicht ganz klar, inwiefern die Technologie von Nel eine Rolle gespielt hat, die Norweger wiegeln ab: "Wir können jetzt schlussfolgern, dass die Kerntechnologien von Nel nicht die Ursache für die Leckage waren", sagt CEO Jon André Løkke. Wie bei vielen jungen Hoffnungsträgern müssen sich Anleger bei der Aktie mit einer hohen Volatilität abfinden. Aktuell befindet sich der Titel jedoch im Krisenmodus, und die Bewertung ist hoch. Trotz des Kursverfalls wird der Titel immer noch mit mehr als dem Zwölffachen des für 2019 erwarteten Umsatzes bewertet, und das bei nachlassender Erlösdynamik und steigenden Verlusten.

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Und ewig grüßt Ballard Power


Ein Wasserstoff-Dino ist hingegen Ballard Power. Zu den Hochzeiten um die Jahrtausendwende notierte der Titel bei mehr als 100 Euro. Die hohen Erwartungen erfüllten sich allerdings nicht. Der Kurs stürzte bis auf etwas mehr als einen Euro ab. Nach und nach geht es wieder voran. Zumal die Kanadier zuletzt einen Auftrag der EU ergatterten. 600 geförderte Busse sollen mit Brennstoffzellen ausgestattet werden, künftig könnten noch mehr dazukommen. Aktuell kommen die Zellen vor allem in Schwertransportern, Schiffen und Zügen zum Einsatz.

Viel wichtiger allerdings dürfte die strategische Zusammenarbeit mit Weichai Power sein. Im Sommer vergangenen Jahres beteiligte sich der chinesische Zulieferer für Nutzfahrzeuge und Pkws mit 19,9 Prozent an den Kanadiern. Gegründet wurde auch ein Joint Venture für den chinesischen Brennstoffzellenmarkt, an dem Ballard 49 Prozent hält, Weichai den Rest. Bekannt sind die Chinesen in Deutschland durch die Kontrollübernahme am deutschen Hersteller für Flurförderfahrzeuge Kion. Sie halten 45 Prozent der Anteile.

Mindestens 2000 Module für Brennstoffzellen soll Weichai in China bis 2021 ausliefern. Ballard Power liefert verschiedene Komponenten für den Bau der Brennstoffzellen-Module. Zuletzt bekamen die Nordamerikaner einen Auftrag in Höhe von 44 Millionen Euro von den Chinesen. Vor dem Hintergrund, dass sich China stark in Richtung Wasserstoffantrieb bewegen will, ist Ballard Po­wer erste Wahl - auch wenn die schlechten Zahlen für das erste Quartal noch eine andere Sprache gesprochen haben.

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DHL und Amazon setzen auf Plug Power


Zwar birgt der Automarkt ein riesiges Potenzial für den Wasserstoffantrieb. Vor allem aber im Schwerlastverkehr, auf der Langstrecke, bei der Bahn, bei Bussen oder der Logistik könnte der Durchbruch aber früher gelingen. So setzt etwa die Deutsche Post-Tochter DHL auf Plug Power. Die US-Amerikaner entwickeln, produzieren und vermarkten Brennstoffzellensysteme. Ende 2021 will der deutsche Logistiker 100 derartige Autos in Betrieb nehmen. Laut Plug-Power-CEO Andy Marsh und DHL-Aussagen könnte die Zahl der Fahrzeuge auf 500 anwachsen.

Im vergangenen Jahr startete Plug Po­wer ein Pilotprojekt mit Fedex, auch Amazon setzt auf das Unternehmen. Bereits seit zwei Jahren fahren in ausgewählten Lagern testweise wasserstoffbetriebene Gabelstapler von Plug Power. Zuletzt übernahmen die US-Amerikaner den kanadischen Spezialisten EnergyOr. Dessen Produkte kommen vor allem bei kleineren Geräten wie Drohnen zum Einsatz. Amazon überlegt, elektrische Drohnen beim Dienst "Prime Air" einzusetzen. Das könnte die Tochtergesellschaft von Plug Power auf den Plan rufen und für einen weiteren Schub sorgen. Der Aktienkurs hat sich seit Anfang des Jahres bereits knapp verdoppelt. Zuletzt kam er wieder etwas zurück. Dynamisch entwickelte sich der Aktienkurs von Powercell. Im Oktober 2017 empfahl BÖRSE ONLINE die Aktie zum Kauf. Seither hat sich die Notiz verdoppelt. Doch auch sie wurde nach dem Tankstellenbrand in Norwegen in Sippenhaft genommen. Dennoch präsentiert sich das Unternehmen weiterhin stark. Ende April meldeten die Schweden einen Großauftrag von Bosch. Auch die Schwaben setzen auf Wasserstoff, vor allem im Schwerlastverkehr, und dabei auf Powercell.

Spätestens ab 2022 sollen die Brennstoffzellen auf den Markt kommen. Der Autozulieferer rechnet mit einem Milliardengeschäft. Gemeinsam mit Bosch soll der "Stack S3" entwickelt werden, ein Zellstapel, der das Herzstück der Brennstoffzelle bildet. Er ist für die Umwandlung von Wasserstoff in elektronische Energie verantwortlich. Mittelfristig stehen die Aussichten gut.

SFC Energy startet durch


In Deutschland gibt es aktuell ein börsennotiertes Unternehmen, das sich mit der Technologie der Brennstoffzelle befasst. Im Fokus stehen bei SFC Energy Direkt-Methanol-Brennstoffzellen für die stationäre und die mobile Hybridstromversorgung. Eingesetzt werden sie vor allem vom Militär. Für das weitere Wachstum planen die Bayern eine Kapitalerhöhung von 25 Millionen Euro. Im Gegensatz zum Großteil der Konkurrenz schreiben sie schwarze Zahlen. Jedoch ist der Titel aktuell heiß gelaufen. Anleger kaufen erst wieder bei einer Kursschwäche zu.