Eine wasserlösliche Substanz trennt bei Raumtemperatur Kunststoff, Schwefelsäure und Blei. AquaRefining nennt sich das von der US-Firma Aqua Metals entwickelte elektrochemische Verfahren für das Recycling von Blei-Säure- Akkus. Weil das Primärblei aus dem Lösungsmittel entfernt wird, kann dieses wiederverwendet werden. Eine lukrative Marktnische, denn Bleibatterien lassen sich zu 100 Prozent recyceln. Nennenswerte Umsätze erwartet Aqua Metals erst in diesem Jahr. Die im Januar abgeschlossene Partnerschaft mit BASF soll als Türöffner für neue Kunden dienen.

Das Batterie-Recycling ist vor dem Hintergrund der steigenden Produktion von Elektrofahrzeugen ein großes Zukunftsthema. Schließlich müssen die eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien irgendwann einmal entsorgt werden. "Neue Batterietechnologien mit weniger Materialverbrauch und mehr Recyclinganteil sind in Zukunft eines der aussichtsreichsten Geschäftsfelder in der Umwelttechnik", meint Pieter Busscher, Portfoliomanager bei Robeco. Angesichts der globalen Rohstoffknappheit und der zunehmenden Umweltzerstörung, erklärt der Experte, sei das Recycling als großes Thema in Gesellschaft und Wirtschaft angekommen.

Zurück in den Wirtschaftskreislauf

Initiativen wie der von der EU beschlossene Green Deal und zunehmender regulatorischer Druck stützen diese Entwicklung. So sieht die überarbeitete Abfallrahmenrichtlinie der EU eine Recyclingquote von 55 Prozent bis 2025 und von 65 Prozent bis 2035 vor. Neben den ökologischen spielen strategische Überlegungen eine Rolle. So hat sich die im September 2020 ins Leben gerufene Europäische Rohstoffallianz zum Ziel gesetzt, auch als Konsequenz aus den unterbrochenen Lieferketten, eine sichere Versorgung mit nachhaltig genutzten Materialien zu erzielen - über kurze Transportwege und weniger Abhängigkeit von Importen.

"In industrieller Hinsicht geht es darum, im Hinblick auf die zum globalen Klimaschutz angestrebte Dekarbonisierung ganze Rohstoffströme in die geschlossene Kreislaufwirtschaft von Produktionsprozessen einzubinden", erläutert Robeco-Experte Busscher. Aber auch für Verbraucher bringt das Recycling Änderungen mit sich. Etwa längere Garantiezeiten für Konsumelektronikprodukte, mehr und länger laufende Software-Updates oder auswechselbare Akkus und Kameras bei Smartphones.

In der Praxis bedeutet das, bereits verwendete industrielle Werkstoffe, Rohstoffe, Edelmetalle, Elektroschrott und Kunststoffe zu neuen Materialien zu verarbeiten. "Ganz vereinfacht gesprochen könnten sich Schrottplätze im 21. Jahrhundert zu Goldgruben entwickeln", sagt Alexander Funk, Portfoliomanager bei Ökoworld. Aber auch auf Unternehmensseite gewinnen Recycling und duale Nutzung von Rohstoffen an Bedeutung, um in den Nachhaltigkeitsberichten zu demonstrieren, dass der Kohlenstoff-Fußabdruck möglichst gering gehalten wird.

Marktführer durch Innovation

Wer sich Aktien von Recyclingspezialisten ins Depot legt, setzt entweder auf Bluechips, bei denen das Recycling eines von mehreren Geschäftsfeldern bildet, oder auf Nischenplayer, die häufig noch nicht profitabel sind. Eurobattery Minerals ist ein solcher Newcomer. Das schwedische Bergbauunternehmen will die für die Batterieproduktion notwendigen Rohstoffe wie Nickel, Kobalt, Kupfer und seltene Erden ausschließlich in Europa abbauen. Mehrere Projekte in Skandinavien und Spanien laufen. Mit "ethisch korrekt geförderten und lückenlos nachverfolgbaren Mineralien" will die Firma ihre Endkunden von bisherigen Lieferanten aus Entwicklungs- und Schwellenländern abkoppeln, bei denen diese Produkte häufig unter haarsträubenden ökologischen und sozialen Standards abgebaut werden. Umsätze erzielt das Unternehmen noch nicht. Der seit Januar 2021 über ein Zweitlisting auch in Deutschland orderbare Micro Cap ist hochspekulativ.

Dagegen zählt das MDAX-Unternehmen Aurubis zu den Etablierten in diesem Metier. Aurubis produziert reines Kupfer aus Kupfererz und Kupferschrott und verarbeitet es weiter zu Blechen, Rohren und Kabeln für die Auto-, Elektro- und Bauindustrie. Nach einem zweijährigen Durchhänger auf der Ertragsseite machen sich die steigenden Rohstoffpreise im Verbund mit höheren Schmelz- und Raffinerielöhnen positiv bemerkbar. Zugleich kommt die Integration des 2020 zugekauften belgisch-spanischen Metallrecyclers Metallo voran. Dank des florierenden Geschäfts mit Altmetallrecycling fielen die jüngsten Quartalszahlen stark aus. Weil wir erwarten, dass sich der Aufwärtstrend fortsetzt, sehen wir die Aktie weiter als attraktiv bewertet.

Überzeugende Geschäftszahlen für 2020 hat Umicore aus Belgien geliefert. Während die Katalysatoren mit 42 Prozent Umsatzanteil den größten Geschäftsbereich stellen, steht die Recyclingsparte für rund 26 Prozent der Erlöse. Hier produziert und recycelt Umicore Metalle, Edelmetalle und Rohstoffe aus Elektroschrott und Batterien. Die Abnehmer kommen unter anderem aus der Chemie-, Automobil- sowie Elektroindustrie. Für 2021 erwartet Umicore für das Recyclinggeschäft ein günstiges Angebotsumfeld. Sollten die aktuell hohen Preise für Metalle auf diesem Niveau bleiben, sei erneut mit einer "sehr signifikanten" Steigerung des operativen Gewinns zu rechnen, meldet das Unternehmen.

Führend in seiner Marktnische ist auch Befesa. Das im SDAX notierte Unternehmen hat sich auf das Recycling von industriellen Reststoffen aus der Stahlindustrie und Recyclingdienste für Aluminium und Salzschlacken spezialisiert. Während der Aluschrott nur niedrige Margen abwirft, ist die Entsorgung des gesundheitsschädlichen Stahlschrotts sehr lukrativ. Hier ist Befesa in Europa und Asien die Nummer 1 und kommt auf eine Ebitda-Marge von 35 Prozent. Auch beim Entschlacken von Aluminium-Salzschlacken ist die Gesellschaft europaweit führend. Zugleich läuft die internationale Expansion auf Hochtouren: 2021 sollen in China zwei Anlagen für das Recycling von Stahlstaub in Betrieb gehen. Angesichts anziehender Aluminiumpreise stehen die Chancen gut, dass Befesa bei Umsatz und Gewinn über 2021 hinaus durchstartet, was den Aktienkurs weiter beflügeln sollte.

Abwarten ist dagegen bei Aqua Metals angesagt - nach dem scharfen Aufgalopp, den die Aktie in den letzten Monaten hingelegt hat. Neue Kaufargumente liefert die Firma, wenn sie über die Allianz mit BASF neue Kunden gewinnt. Die Firma, die 2020 die letzten Verbindlichkeiten beglich und erst in diesem Jahr nennenswerte Erlöse erzielt, will 2022 die Gewinnzone erreichen.

Auch Fonds bieten eine gute Möglichkeit, um am Recyclinggeschäft mitzuverdienen. Der Ökoworld Klima C investiert auch in Entsorger, während der RobecoSAM Smart Materials Equities D sämtliche Technologien im Blick hat, die die globale Senkung von CO2 beschleunigen. Dazu zählen das Recycling von Polypropylen und das chemische Recycling, aber auch Technologien für die energetische Gebäudeoptimierung, die Robotik und die Produktion von grünem Stahl und Aluminium.

 


Auf einen Blick

Metallrecycling

Schmutzige Altlasten Neben den umweltschädlichen Reststoffen aus der Industrie ist der Ressourcenverbrauch der Privathaushalte längst ein globales Problem. Nach UN-Studien stieg allein der jährliche Elektroschrott zwischen 2014 und 2019 um 21 Prozent auf 53,6 Millionen Tonnen. Die Recyclingquote belief sich auf ganze 17,4 Prozent.