Herr Bielmeier, der Handelskonflikt zwischen den USA einerseits und Europa bzw. China spitzt sich weiter zu. US-Präsident Donald Trump hat Peking jetzt die volle Breitseite angedroht. Danach will er künftig sämtliche Importe aus dem Reich der Mitte mit Strafzöllen belegen. Damit ginge es um Waren im Gesamt-Volumen von 500 Milliarden Dollar. Bislang werden nur Importe über insgesamt 34 Milliarden Dollar mit Strafzöllen belegt. Ist das alles nur Säbelrasseln?


Nein, leider müssen wir davon ausgehen, dass das mehr ist als bloßes Säbelrasseln. Es droht tatsächlich eine Eskalationsspirale, aus der Trump und sein chinesisches Pendant Xi nur schwer wieder herausfinden werden. Zumindest bis zu den Kongresswahlen in den USA im November müssen wir wohl in der Handelspolitik auf alles gefasst sein.

Was wären die Folgen für die US-Wirtschaft, wenn es tatsächlich zu einem solchen Strafzoll-GAU kommen sollte?


Die US-Wirtschaft verkraftet die Strafzölle recht gut, denn sie ist durch die Steuerreform zu Anfang des Jahres stark abgefedert. Zudem sind die USA als weltgrößte Volkswirtschaft traditionell wenig abhängig vom Außenhandel. Deshalb kann Trump auch relativ unbelastet agieren. In einigen Branchen, insbesondere in der Landwirtschaft, ist jedoch auch in den USA mit deutlich negativen Effekten der Handelskonflikte zu rechnen.

Und wie träfe ein solches Szenario die chinesische Wirtschaft?


Die chinesische Wirtschaft wäre deutlich stärker betroffen. Mit der jüngsten Eskalationsstufe im Handelsstreit würden chinesische Exporte in Höhe von 250 Mrd. US-Dollar mit höheren Zöllen belastet - das sind zwei Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung und damit ein nicht mehr zu vernachlässigendes Risiko für das Wirtschaftswachstum des Landes. Wir rechnen damit, dass Chinas Wirtschaftswachstum um rund einen halben Prozentpunkt gedämpft werden könnte. Auch die asiatischen Nachbarn werden betroffen sein.

Auch der Handelsstreit mit Europa spitzt sich dramatisch zu. Die EU hat bereits weitere Gegenmaßnahmen angedroht, sollten die USA nach den Zöllen auf Stahl und Aluminium nun auch noch Strafzölle auf europäische Auto-Importe verhängen. Was würde ein solches Szenario für die traditionell export-starke deutsche Wirtschaft bedeuten? Droht uns jetzt die Trump-Rezession?


Eine Rezession müssen wir nicht gleich befürchten, aber mit einem deutlichen Konjunkturdämpfer müssen wir leider rechnen. Deutschland exportiert schließlich jedes Jahr Autos im Wert von fast 30 Milliarden Euro in die USA. Das ifo-Institut schätzte die Kosten der Autozölle für Deutschland auf 5 Milliarden Euro - wir müssen wohl davon ausgehen, dass das eher die Untergrenze des angerichteten Schadens sein dürfte.

Die Eskalation im Handelsstreit drückt seit Wochen auf die Stimmung an den Börsen. Welche Auswirkungen hätte eine weitere Eskalation, sollten die milliarden-schweren Zölle und Gegenzölle tatsächlich in Kraft treten?


Eine weitere Eskalation würde natürlich das Sentiment belasten und auf die Aktienkurse drücken.
Wachsende Konjunktursorgen belasten bereits seit Ende Januar besonders die asiatischen Aktienmärkte. Hauptsächlich die Sektoren Unterhaltungselektronik, Industrie, Autoteile und Textilien sind betroffen. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die Stimmung der Marktteilnehmer inzwischen deutlich vorsichtiger als noch zu Jahresbeginn ist, als große Sorglosigkeit an den Märkten herrschte. Der Markt sollte daher tendenziell auf negative Nachrichten besser vorbereitet sein als im Januar, zumal das Thema Handelsstreit uns bereits seit Monaten begleitet.

Die Analysten der UBS haben angesichts der jüngsten Drohungen und Gegendrohungen bereits vor einem Bullenmarkt gewarnt und halten Kursstürze von mindestens 20 Prozent für möglich. Damit würde der Dax wieder unter die Marke von 10.000 Punkten fallen. Teilen Sie diese Einschätzung?


Auf einem Niveau von und unter 10.000 Punkten handelte der DAX zuletzt im dritten Quartal 2015, ausgelöst durch die Sorgen vor einem abrupten Einbruch des chinesischen Wachstums sowie im Zuge des Ölpreis-Absturzes Anfang 2016. Beide Male stand das Risiko einer globalen Rezession im Raum. Zwar verschlechtern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und wir prognostizieren einen Konjunkturdämpfer, eine globale Rezession erwarten wir jedoch nicht. Daher teilen wir diese Einschätzung nicht. Bei einer weiteren Eskalation des Handelskonfliktes wird dies jedoch deutlich sichtbare Spuren an den Aktienmärkten hinterlassen.

Wie können sich Anleger gegen ein solches Szenario wappnen? Sollten Sie ihr Depot mit defensiven Aktien krisenfest machen oder gleich in Krisenwährungen wie Bundesanleihen oder Gold flüchten?


Wir gehen von keinem Bärenmarkt aus. Allerdings bleibt das "Trump‘ sche Zeitalter" ein Gefahrenfaktor für die Aktienmärkte und wird immer wieder zu größeren Kursbewegungen an den Märkten führen. Daher haben wir bereits im Juni vor einem heißen politischen Sommer gewarnt. Um die Kursschwankungen in unserem DZ BANK-Musterportfolios abzumildern, haben wir das zyklische Risiko reduziert. Gleichzeitig haben wir erneut in US-Titel und dort speziell in hoch profitable Technologie- und Finanztitel investiert. Zudem ist dadurch unsere Beteiligung an Allokationsthemen wie hohen Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufen angestiegen. Wenn der Handelsstreit völlig außer Kontrolle geraten sollte sind Anleihen und Gold angemessene Bestandteile im Depot. Jedoch ist dies nicht unser Szenario. Bei einem begrenzten Handelsstreit dürften die höheren Zölle auf eine höhere Inflation hinwirken. Das sollte die Notenbanken wiederum nervös machen. In einem solchen Umfeld ist eher mit Kursverlusten bei Anleihen und Gold zu rechnen.