Das Bezahlen mit dem Handy und Zusatzdienste beim Online-Einkauf sollen das boomende Geschäft des Zahlungsabwicklers Wirecard auch in den kommenden Jahren vorantreiben. Das jüngst in den Leitindex Dax aufgestiegene Unternehmen aus Aschheim bei München erwartet binnen sieben Jahren eine Versechsfachung des Gewinns und ein Umsatzwachstum in ähnlicher Größenordnung, wie Vorstandschef Markus Braun am Dienstag bei einer Investorenveranstaltung in London ankündigte. Die Aktie war mit einem Plus von rund zehn Prozent der größte Dax-Gewinner.

Das Finanztechnologie-Unternehmen organisiert weltweit bei Einkäufen und Buchungen im Internet die Zahlungsströme zwischen Verbrauchern, Händlern, und Banken und kassiert dafür Gebühren. Braun erwartet nach eigenen Angaben ein noch stärkeres Zusammenwachsen der Technologien von Internet und Smartphone mit der klassischen Ladenkasse, so dass Kunden auch in immer mehr Geschäften mit dem Handy zahlen können. Während in Deutschland noch das Bargeld dominiere, sei in vielen anderen Ländern das Bezahlen per Smartphone-App auf dem Vormarsch.

"Steigerungspotenzial gibt es definitiv durch die Mehrwertdienstleistungen, die wir anbieten", sagte Braun im Reuters-Interview. Wirecard wolle es Händlern bei der Abwicklung von Einkäufen auch im Ladengeschäft ermöglichen, ihren Kunden Zusatzdienste wie Kredite und Versicherungen anzubieten. Zudem sollten durch die Auswertung des Einkaufsverhaltens den Kunden zunehmend maßgeschneiderte Angebote unterbreitet werden. Damit solle der Umsatz der Händler und von Wirecard gesteigert werden. Als weiteren Vertriebskanal mit guten Wachstumsaussichten sieht Braun das Einkaufen und Buchen per Sprachbefehl mit Geräten wie dem Sprachassistenten Alexa von Amazon.

Braun will 2025 den Konzernumsatz auf mehr als zehn Milliarden Euro und den Betriebsgewinn (Ebitda) auf mehr als 3,3 Milliarden Euro steigern. Grundlage dafür soll ein Wachstum der abgewickelten Transaktionen auf mehr als 710 Milliarden Euro im Jahr 2025 sein. "Alle Zahlen, die wir hier mitgeben, sind Untergrenzen. Das möchte ich betonen", sagte Braun Reuters.

Der Wirecard-Chef bestätigte zugleich die Ziele für das laufende Jahr und die Prognosen bis zum Jahr 2020. Demnach soll der Betriebsgewinn von zuletzt 413 Millionen in diesem Jahr auf 530 bis 560 Millionen Euro steigen. Bis 2020 soll sich der Umsatz auf mehr als drei Milliarden Euro verdoppeln. Davon sollen 30 bis 35 Prozent als operativer Gewinn herausspringen. Im vergangenen Jahr hatte Wirecard bei einem Umsatz von 1,49 Milliarden Euro 413 Millionen Euro Gewinn eingefahren.

Die Branchenexperten von Baader Helvea verwiesen darauf, dass Wirecard in der Vergangenheit eigene Prognosen übertroffen hatte. "Deswegen glauben wir, dass auch der Ausblick für 2025 Steigerungspotenzial haben könnte." Skeptisch zeigten sich dagegen die Analysten von Independent Research. "Unseres Erachtens sind die Ziele für 2025 etwas zu ambitioniert", hieß es in einem Marktkommentar. Zudem berge der starke Anstieg der Aktie in der Vergangenheit ein hohes Risiko für Kursrückschläge.

rtr