Die Schlagzeile schlug ein wie ein Blitz: Wolfspeed Inc. (WOLF), einst gefeierter Hoffnungsträger im Zukunftsmarkt für Leistungshalbleiter, hat den geordneten Gang in die Insolvenz angekündigt. Genauer: ein "pre-packaged" Chapter-11-Verfahren, bei dem die Gläubiger bereits im Vorfeld einem umfassenden Restrukturierungsplan zugestimmt haben. Das Ziel: Entschuldung, Neuausrichtung und ein kämpferisches Comeback – innerhalb weniger Monate.
Der Plan: Chapter 11 mit Turbo-Effekt
Wolfspeed plant, in den kommenden Wochen Insolvenz nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts zu beantragen. Im Rücken: eine breite Allianz von Gläubigern. Laut Unternehmensangaben stehen über 97 % der gesicherten Anleihegläubiger sowie mehr als zwei Drittel der Wandelanleiheinvestoren hinter dem Sanierungskurs.
Das Herzstück des Plans ist ein radikaler Schuldenschnitt: Rund 4,6 Milliarden US-Dollar an Verbindlichkeiten sollen verschwinden – etwa 70 % der Gesamtschuldenlast. Gleichzeitig wird dem Unternehmen eine frische Finanzierung von 275 Millionen Dollar bereitgestellt, unter anderem durch den bestehenden Gläubigerkreis.
Mit dieser Liquiditätsbasis will Wolfspeed nicht nur operativ weitermachen, sondern spätestens bis Ende Q3 2025 aus der Insolvenz auftauchen – gestärkt, entschuldet und mit einem klaren Fokus auf die strategischen Wachstumsmärkte.
Warum Wolfspeed taumelte
Wolfspeed galt als einer der großen Profiteure der Elektrifizierung. Seine Siliziumkarbid-Chips werden in E-Autos, erneuerbaren Energien und Hochleistungselektronik verbaut. Doch die letzten Quartale zeigten eine zunehmend schwierige Lage:
Die Konjunktursorgen, insbesondere durch US-Handelspolitik und geopolitische Risiken, drückten auf die Nachfrage.
Massive Investitionen, unter anderem in das Werk "Mohawk Valley Fab" in New York, sorgten für einen extremen Schuldenaufbau.
Sinkende Auftragsbücher in Verbindung mit hohen Fixkosten führten zu einer Schieflage.
Schon im Mai 2025 hatte Wolfspeed Zweifel an der Fortführung der Geschäftstätigkeit geäußert. Nun folgt die Konsequenz – jedoch mit klarer Strategie.
Renesas als strategischer Partner
Besonderes Augenmerk verdient ein Name: Renesas Electronics. Der japanische Halbleiterriese ist nicht nur Kunde, sondern tritt in der Restrukturierung als strategischer Partner auf. Eine Beteiligung oder ein Asset-Deal sind nicht ausgeschlossen. Die Synergien sind klar: Renesas könnte sich durch Wolfspeeds Technologie einen Vorsprung in der E-Mobility- und Industrieelektronik sichern.
Der neue Mann an der Spitze
Ebenfalls neu: Das Management. Seit März 2025 führt Robert Feurle als CEO das Ruder, unterstützt von David Emerson als COO. Beide gelten als erfahrene Sanierer mit starkem Industrie-Track-Record. Erste Maßnahme: Der Führungskreis wurde um 30 % verkleinert, Strukturen verschlankt und Kapitalbindung reduziert
Comeback-Story mit Risiko und Reiz
Wolfspeed ist kein Pleitekandidat im klassischen Sinne. Die Technologie ist nach wie vor hochrelevant, der Markt intakt – nur der finanzielle Unterbau wackelte. Mit Chapter 11 könnte nun der Neustart gelingen.
Anleger mit Mut und Weitblick könnten hier eine echte Turnaround-Chance wittern. Wer auf das Rebound-Szenario setzen will, sollte jedoch beachten: Der Weg ist holprig, und der Ausgang bleibt offen. Doch klar ist auch:
Wolfspeed wird nicht abgewickelt – Wolfspeed wird umgebaut.
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Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Wolfspeed.