Politische Entwicklungen haben bei den Anleiheentscheidungen von Emerging-Markets-Investoren ein hohes Gewicht. Länder, an deren Spitze kompetente Reformpolitiker wie der jüngst zum Staatspräsidenten Südafrikas gewählte Cyril Ramaphosa stehen, gelten auf den ersten Blick als aussichtsreich. Staaten, deren Regierungen die eigene Notenbank unter Druck setzen und massive Zinssenkungen trotz hoher Inflation fordern, werden eher gemieden.

Anleger in den Industriestaaten dagegen maßen bislang Wahlen oder Regierungswechseln eine wesentlich geringere Bedeutung bei. Politische Börsen haben kurze Beine, hieß es. Das ändert sich jetzt. Sowohl die Stimmengewinne extremer Parteien bei den ­Europawahlen als auch die sinkende Hoffnung auf eine Einigung im Handelskonflikt zwischen Washington und ­Peking verunsichern Unternehmen und schaden der Konjunktur.

Anleger steuern daher vermehrt sichere Häfen an. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ist auf minus 0,23 Prozent gesunken und hat damit ein neues Allzeittief erreicht. Auch mit japanischen und Schweizer Anleihen verlieren Anleger Geld. Treasuries notieren zwar noch im positiven Bereich, doch auch US-Staatsanleihen werden stark nachgefragt. Entsprechend steigen die Kurse und fallen die Renditen. Eine Trendumkehr ist so schnell nicht in Sicht. Die Europäische Zentralbank ist weit davon entfernt, an der Zinsschraube zu drehen, die US-Notenbank hat ihre geldpolitische Normalisierung beendet.

Gründliche Analyse


So werden Schwellenländer-Anleihen wieder interessant. Im vergangenen Jahr litten die Papiere noch unter den Zinserhöhungen der Fed. Vor allem aber verzinst die Anlageklasse politische Risiken attraktiver, als es die Staatspapiere der Industriestaaten tun. Die bis zum Jahr 2027 laufende, auf Dollar lautende Staatsanleihe Brasiliens beispielsweise rentiert aktuell mit rund vier Prozent pro Jahr. In Dollar denominierte türkische Staatsanleihen mit Fälligkeit im Jahr 2030 rentieren derzeit sogar mit über acht Prozent.

Anleger müssen jedoch die zur Auswahl stehenden Länder gründlich analysieren oder sie nutzen die Expertise von Fondsmanagern. Die Investmentprofis achten auf Details. Wie wichtig diese sind, dafür ist Süd­afrika ein gutes Beispiel. Die Rating­agenturen Fitch und S & P beurteilen die Anleihen des mit 57 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldeten Landes bereits mit Junk. Moody’s bewertet die Bonität noch mit "Baa3", der letzten Stufe im nicht spekulativen Bereich - allerdings mit negativem Ausblick.

Senkt auch Moody’s den Daumen, müssen auf Investment-Grade-Titel verpflichtete Investoren verkaufen. Süd­afrikas Währung dürfte dann aber weiter an Wert verlieren. Die Preise für Importgüter würden sich in der Folge verteuern und die Inflation anziehen. Kommt es so, gestaltet sich die dringend benötigte Belebung der Wirtschaft noch schwerer als ohnehin schon. Seit dem Jahr 2003 legte das Bruttoinlandsprodukt pro Jahr im Schnitt nur um zwei Prozent zu. Der Zuwachs reicht bei Weitem nicht aus, um die Jugendarbeitslosigkeit von 50 Prozent abzubauen.

Staatspräsident Ramaphosa will den drohenden Downgrade durch Moody’s unbedingt verhindern. Zum Schwerpunkt seiner fünfjährigen Amtszeit hat er den "kompromisslosen Kampf" gegen Korruption erklärt. Das kommt bei Investoren schon mal gut an. Doch Vorsicht: Die auf den Weg gebrachten Maßnahmen werden nicht sofort positive Ergebnisse zeigen. Um das Vertrauen ausländischer Anleger nachhaltig zu gewinnen, muss Ramaphosa zudem so schnell wie möglich den staatlichen Energieversorger ­Eskom auf Kurs bringen.

Das Unternehmen ist in seiner derzeitigen Struktur den Aufgaben nicht gewachsen. In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu lang anhaltenden Stromausfällen, die Südafrikas Wirtschaft enorm schadeten. Zudem reißt Eskom tiefe Löcher in den Staatshaushalt. Das Unternehmen ist mit umgerechnet 30 Milliarden Euro in den Miesen, das entspricht etwa neun Prozent des Bruttoinlands­produkts von Südafrika.

Brasilien benötigt Rentenreform


Auch bei Brasilien müssen Anleger sehr genau hinsehen. Das Land steht vor enormen Herausforderungen. Die Wirtschaft schwächelt, das Haushaltsdefizit ist auf sieben Prozent des Bruttoinlands­produkts gestiegen. Die von Präsident Jair Bolsonaro angekündigte Rentenreform ist dringend notwendig, ansonsten droht die Gesamtverschuldung der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas weiter zu steigen.

Der Internationale Währungsfonds warnt: Wird das Renten­eintrittsalter nicht angehoben und werden die Beiträge gesenkt, muss Brasilien im Jahr 2050 rund 26 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtleistung für Rentenzahlungen ausgeben. Doch bislang ist eine politische Mehrheit für eine Rentenreform nicht in Sicht. Schon droht der von Investoren geschätzte neoliberale Wirtschaftsminister Paulo Guedes mit Rücktritt. Sollte die Reform nicht kommen oder nur in verwässerter Form vom Parlament abgesegnet werden, werde er das Land verlassen. Die Kurse brasilianischer Staatsanleihen dürften dann auf Talfahrt gehen.

Schutz gegen Schocks


Wesentlich entspannter verfolgen Investoren die Entwicklungen in Indonesien. Vor wenigen Tagen hob S & P die Kreditnote von "BBB-" auf "BBB" an. Das asiatische Land erfreut sich nun der gleichen Bonität wie Ungarn. Die Rating­agentur begründet die Entscheidung mit der soliden Finanzpolitik. Das Haushaltsdefizit beträgt gerade mal 1,7 Prozent. S & P lobt auch die Wachstumsdynamik. Das Bruttoinlands­produkt wird in diesem Jahr um fünf Prozent zulegen. Infolge der S & P-Entscheidung zogen die Anleihekurse stark an. Die Rendite der zehnjährigen indonesischen Staatsanleihe beträgt jedoch immer noch knapp acht Prozent.

Gesucht sind derzeit auch mit "BBB-" eingestufte russische Staatsanleihen. Ausländische Anleger haben laut Learnbonds.com mittlerweile 44 Milliarden Euro in Bonds aus Moskau investiert. Sollte das Land im Lauf des Jahres neue Anleihen emittieren, dürfte die Nachfrage erneut hoch ausfallen. Allem Anschein nach schätzen Anleger die Auswirkungen möglicher neuer Sanktionen auf Russlands Zahlungsfähigkeit als gering ein. Auch dass die Wirtschaft des Landes in diesem Jahr wohl nur weniger als zwei Prozent zulegen wird, stört Investoren nicht.

Vielmehr gefällt Anlegern, dass Russlands Staatshaushalt einen Überschuss von 2,7 Prozent aufweist. Noch dazu verfügte der Staat Ende 2018 über Währungsreserven in Höhe von umgerechnet 416 Milliarden Euro. Das ist nicht nur ein guter Schutz, falls der Ölpreis sinken sollte, auch globale Schocks sind so verkraftbar.

Investor-Info

DWS QI Extra Bond T. Return
Stabile Verhältnisse


Fondsmanager Marcus Hoff investiert in Anleihen von Schwellenländern, die überwiegend auf Euro lauten. Um ins Portfolio aufgenommen zu werden, müssen die Emittenten unter anderem das Qualitätskriterium politische Stabilität erfüllen. Jeweils rund acht Prozent der Mittel sind in indonesischen und mexikanischen Anleihen angelegt. Südafrika ist mit 4,8 Prozent gewichtet. Auf Sicht von fünf Jahren erzielte der Fonds 16 Prozent.

iShares JP Morgan $ EM Bond
Diversifizierte Schulden


Der von der Investmentgesellschaft Blackrock aufgelegte ETF bildet die Wertentwicklung des JP Morgan EMBI Global Core Index ab. In diesem Index sind weit über 400 Anleihen enthalten. Am stärksten vertreten sind aktuell Schuldtitel aus Mexiko, Indonesien, Russland, Brasilien und den Philippinen. Ein Rebalancing erfolgt monatsweise. Die Bonds weisen Kupons von im Schnitt sechs Prozent auf, die durchschnittliche Restlaufzeit beträgt zwölf Jahre. Seit Jahresanfang legte der ETF um sieben Prozent zu.

DPAM EM MArkets Sustainable
Gewichtiger Rand


Der von der belgischen Gesellschaft Degroof Petercam aufgelegte Fonds investiert in lokale Währungsanleihen, die von einem Schwellenland oder der mit "AAA" eingestuften Europäischen Investitionsbank aufgelegt werden. Bei der Auswahl der derzeit 31 Emittenten spielen nachhaltige Kriterien wie eine verantwortliche Staatsführung und Umweltschutz eine Rolle. Bonds, die auf südafrikanischen Rand lauten, sind aktuell mit 7,6 Prozent gewichtet. Innerhalb von drei Jahren legte der Fonds um 17 Prozent zu.