Die Kursturbulenzen im Zuge des Corona-Crashs haben viele Trader auf den Plan gerufen. Bestes Beispiel dafür sind die gestiegenen Aktivitäten bei Differenzkontrakten. Mit diesen Contracts for Difference, kurz CFDs, können Anleger von Kursbewegungen eines Basiswerts überproportional profitieren. Je nach Markterwartung spekulieren Trader mit Long-CFDs auf steigende und mit Short-CFDs auf fallende Notierungen.

"Schnell und flexibel auf starke Kursschwankungen reagieren zu können, ohne dass Transaktionskosten die Rendite auffressen, gerade das macht CFDs sowohl für kurzfristige Daytrader als auch für Anleger mit Buy-Hold-Strategien attraktiv", erläutert Markus Kegler, Geschäftsführer von CMC Markets Germany. Das steigende Interesse spürt der Broker anhand zunehmender Volatilität sowohl beim Handelsvolumen als auch in den Kundenzahlen.

CMC Markets Germany habe in den turbulenten Börsenmonaten März und April viermal so viele Kontoeröffnungen verzeichnet wie im Schnitt der drei Monate zuvor, berichtet Kegler. Durch die größere Handelsaktivität der Kunden im Schlussquartal Januar bis März konnte CMC Markets weltweit die Nettoerlöse im gesamten Geschäftsjahr gegenüber 2018/19 auf 252 Millionen britische Pfund nahezu verdoppeln. Dies führte zu einem Gewinnsprung vor Steuern auf 98,7 Millionen Pfund nach 6,3 Millionen Pfund ein Jahr zuvor.

Deutsche und US-Indizes populär

Bei hiesigen Tradern sind besonders deutsche und US-amerikanische Aktienindizes sehr gefragt. Die drei meistgehandelten Basiswerte am deutschen CFD-Markt sind bei CMC Markets in diesem Jahr zunächst der DAX, dann der Dow Jones und an dritter Stelle der Nasdaq 100. "Die drei Börsenbarometer stehen schon seit Jahren bei CFD-Tradern ganz oben auf der Liste. Dies hängt mit ihrem großen Bekanntheitsgrad und mit der hohen Liquidität der Indizes zusammen", sagt Kegler.

Beim Broker IG rangieren die drei Indizes in der gleichen Reihenfolge beim Handelsranking ebenfalls ganz oben. "Der DAX ist international ein beliebter Index im Derivatehandel. Und besonders für deutsche Anleger ist der Heimatmarkt sehr interessant", sagt Simona Stoytchkova, Geschäftsführerin bei IG Europe. Die hohe Volatilität in der Corona-Krise habe viele Tradingchancen eröffnet. Seit dem Ausbruch der Pandemie haben Trader bei IG zudem verstärkt auf Kursbewegungen der Rohstoffe Gold und Öl gesetzt. Das gelbe Metall wurde als sicherer Hafen stark nachgefragt, was jüngst zu einem neuen Allzeithoch führte.

Bei Öl sorgte der skurrile Umstand, dass der Preis im Frühjahr kurzzeitig negativ war, für ein reges Handelsinteresse. Der Kurs für den Mai-Terminkontrakt der US-Ölsorte WTI brach Mitte April auf minus 40,32 Dollar je Barrel (ein Fass mit 159 Liter Inhalt) ein. "Dies hat es seit der Einführung der Future-Märkte 1985 noch nie gegeben", erläutert Salah-Eddine Bouhmidi, Marktexperte bei IG. Mitte der Woche notierte WTI bei plus 42,50 Dollar. Wer mit Differenzkontrakten auf die Preiserholung bei Rohöl setzte, konnte mit einem Hebel von maximal 10 daran teilnehmen. Der Hebel entsteht bei CFDs, weil Anleger nur einen geringen Teil des Basiswerts als Sicherheitsleistung (Margin) hinterlegen. Je kleiner die Margin, desto größer der Hebel. Bei einem Hebel von beispielsweise 10 beträgt die Margin zehn Prozent des gehandelten Werts. Beispiel: Ein CFD-Trader setzt mit diesem Hebel auf steigende Kurse. Der Basiswert steigt um zehn Prozent. Der Wert des CFD-Kontrakts erhöht sich zugleich um 100 Prozent. Allerdings wirkt der Hebel auch in die andere Richtung. Liegt der Trader mit seiner Markterwartung daneben, erleidet er hohe Verluste.

Noch vor wenigen Jahren offerierten einige Broker Privatanlegern exorbitante Hebel von bis zu 400. Dies limitierte die Europäische Aufsichtsbehörde ESMA wegen des großen Risikos. Je nach Basiswert sind nun nur noch Hebel von fünf bis 30 möglich. "Im CFD-Bereich sind bei den Hauptwährungspaaren derzeit Hebel von maximal 30, bei den Hauptindizes und Gold von maximal 20 sowie bei Rohstoffen außer Gold Hebel von maximal 10 möglich", erklärt IG-Expertin Stoytchkova.

Auf stärkeren Euro spekulieren

Weit oben auf der Beliebtheitsskala steht bei CMC Markets und bei IG auch das Währungspaar Euro/US-Dollar. Kein Wunder, denn der Euro hat gegenüber dem Greenback in den vergangenen drei Monaten um rund zehn Prozent an Wert zugelegt. Wer mit CFDs auf steigende Kurse der europäischen Gemeinschaftswährung setzte, konnte daran mit Hebel 30 partizipieren.

"Wir sehen gerade einen echten Gezeitenwechsel. Nach jahrelanger Dollarstärke hat der Wind gedreht", sagt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets Deutschland. Jetzt seien Nullzinsen auch in den USA Realität. "Nach Abzug der Inflation liegen die Realzinsen sogar im negativen Bereich. Die Märkte reagieren darauf mit einer Abwertung des Dollar zum Euro."

Übrigens: Nicht nur die Hebelstärke wurde bei CFDs reguliert, auch die Nachschusspflicht - sie wurde EU-weit abgeschafft. Rutschte früher das Handelskonto ins Minus, mussten Anleger Geld nachschießen. Das konnte im schlimmsten Fall ihren Ruin bedeuten.

Märkte und Produkte verstehen

"Anleger sollten die Märkte und die eigenen Handels- und Marktkenntnisse realistisch einschätzen können", gibt Simona Stoytchkova zu bedenken. Gerade in der aktuellen Zeit sei die Volatilität an den Finanzmärkten weit über dem normalen Niveau.

Carlo Alberto De Casa, Chefanalyst des Brokers ActivTrades, ergänzt: "Daher ist es sinnvoll, sich mit den Unterschieden der Produkte, die man handeln möchte, gut auseinanderzusetzen, um die jeweiligen Mechanismen zu verstehen und davon zu profitieren." Während Indizes sehr einfach zu verstehen seien, sei bei Währungen die Herleitung der Nominalwerte komplexer.

Stoytchkova rät Anlegern dazu, ein "vernünftiges Risiko-Money-Management" anzuwenden und nicht zu viel auf einmal zu riskieren. "Wir legen unseren Kunden nahe, sich weiterzubilden und ihre Trading- und Marktkenntnisse stetig auszubauen und nur die Trades mit eigenem Geld auszuführen, die sie im Demokonto bereits erprobt und auch verstanden haben."

Glossar:


Basiswert: Wer in CFDs investiert, sollte sich genau mit dem entsprechenden Basiswert, auf den sich der Differenzkontrakt bezieht, beschäftigen und eine Marktmeinung dazu haben. Als Basiswert kann zum Beispiel eine Aktie, ein Index, ein Rohstoff oder ein Währungspaar dienen. Je schwankungsintensiver, desto besser die Renditechance - und desto höher das Risiko.

Broker: Bevor Anleger CFDs handeln können, müssen sie bei einem Broker ihrer Wahl ein CFD-Depot eröffnen. Differenzkontrakte sind rechtlich gesehen eine Vereinbarung zwischen Anleger und Broker. Der CFD-Anbieter (Broker) stellt die Kurse, legt die Bedingungen fest und bietet entsprechende Handelsmöglichkeiten. Daher lohnt sich ein genauerer Blick in die AGB des Brokers.

Hebel: Der Hebel ermöglicht es Anlegern, mehr Kapital am Markt zu bewegen, als sie tatsächlich auf ihrem Konto oder in ihrem Depot zur Verfügung haben. Wenn Anleger CFDs handeln, setzen sie nicht nur ihr eigenes Kapital ein, sondern ihr Broker gewährt ihnen quasi einen Kredit. Mit dieser Art von Darlehen sind die Trader in der Lage, eine größere Menge, etwa Aktien, zu handeln, als es ohne diesen Kredit möglich wäre.

Stop-Loss-Order: Um Risiken beim Handel zu minimieren, können Anleger Aufträge mit einer Stop-Loss-Order versehen, die in der Regel beim CFD-Handel kostenfrei ist. Dies ist über die vom Broker bereitgestellte Software möglich. Trader legen bei Long-CFDs eine Kursuntergrenze und bei Short-CFDs eine Kursobergrenze fest. Erreicht der Basiswert diese Marke, wird die Position zum nächsten handelbaren Kurs verkauft.