Vieles sprach in der vergangenen Woche dafür, dass der Bitcoin einen neuen Jahreshöchststand erreicht, nachdem er sich auf über 13 000 Dollar erholen konnte. Die Umsätze waren wieder stark angestiegen, die Bitcoin-Dominanz - also der Anteil von Bitcoin an der gesamten Marktkapitalisierung - lag mit über 64 Prozent auf dem höchsten Stand seit April 2017. Auch die Hashrate - die Anzahl der Rechenoperationen eines Netzwerks pro Sekunde - erreichte ein Allzeithoch. Trotzdem reagierte die Kryptowährung Nummer 1 zur Wochenmitte einmal mehr, anders als erwartet, mit deutlichen Kurs­- abschlägen.

Grund sollen massive Auflösungen von Bitcoin-Long-Futures an der Kryptobörse BitMEX gewesen sein. Es wurde vermutet, dass diese Liquidierungen auch im Zusammenhang mit skeptischen Äußerungen vom Chef der amerikanischen Notenbank zum geplanten Facebook-Coin Libra stehen könnten. Fed-Chef Powell hatte unter anderem Bedenken wegen Datenschutz oder Geldwäsche geäußert. Dahinter könnte allerdings auch eine gewisse Furcht vor der Etablierung des Libra als globale digitale Währung stehen mit der Folge der Aufweichung des Dollars als Weltreservewährung.

Auch US-Präsident Donald Trump äußerte sich in einem Tweet kritisch zu Bitcoin, Kryptowährungen und Libra. Klar ist: Der Bitcoin würde von einer Einführung des Libra im nächsten Jahr stark profitieren, weil sie zu einer erheblichen Verbreiterung der Nutzerbasis von Digitalwährungen führt. Von daher war der deutliche Rückschlag beim Bitcoin nachvollziehbar. Man sollte den Kursrückschlag aber nicht überbewerten. Es wurden schon vorher von offizieller Seite Bedenken gegen Libra geäußert, und es werden auch nicht die letzten gewesen sein. Andererseits hatte Fed-Chef Powell auch davon gesprochen, dass Bitcoin zwar weit von einer Massenadaption als Zahlungsmittel entfernt, es dennoch ein Wertspeicher wie Gold sei. Immerhin!

Jahreshöchststände realistisch


Charttechnisch ist beim Bitcoin auch nach dem Rückschlag alles im grünen Bereich. Das Bild weist Parallelen zum Anstieg im zweiten Halbjahr 2017 auf. Neue Jahreshöchstkurse sind weiter realistisch. Wie an allen spekulativen Märkten sind sowohl die Anstiege als auch die Rückschläge heftiger als an traditionellen Wertpapierbörsen. Das Holding beim Bitcoin, also das Halten der Positionen, hat trotz der deutlichen Kursanstiege der vergangenen Monate zugenommen. Es gehen erheblich weniger Stücke um als in den ersten Monaten des Jahres. Daran sollten sich Bitcoin-Anleger orientieren und sich nicht von zwischenzeitlichen Schwankungen verrückt machen lassen. Nur so kann auch ein nicht wichtiges Ziel bei der Bitcoin-Anlage erreicht werden: die Realisierung steuerfreier Gewinne durch das Halten der Positionen über mehr als ein Jahr.

Immer noch ist die Outperformance des Bitcoin eklatant. Kryptowährungen wie Ethereum, Ripple oder Monero stehen auf teilweise mehrjährigen Jahrestiefstständen gegenüber dem Bitcoin. Dies lockt zum Einstieg. Denn es wird bei Coins mit realen Anwendungsfeldern auch wieder eine Gegenbewegung geben, die dann zu einer Outperformance führen wird. Zwei Favoriten, die sich zuletzt gegenüber dem Bitcoin etwas stabilisiert haben: Ethereum und Monero. Ethereum (ETH) ist die zweitgrößte Kryptowährung und macht Anfang Januar 2020 ein Update, das die aktuelle Inflationsrate von derzeit vier bis fünf Prozent auf dann circa 0,5 Prozent senken wird.

Wegen der fehlenden Maximalzahl bei Ethereum im Gegensatz zu Bitcoin wurde immer wieder die Werthaltigkeit angezweifelt. Mit der drastischen Reduzierung der Inflationierung könnte sich das ändern. Einzelne Marktbeobachter sprechen bereits davon, dass ein so tiefer Wechselkurs von Ethereum gegenüber dem Bitcoin nie wieder gesehen wird. Monero (XMR) ist ein Privacy Coin, setzt also auf größere Anonymität. Die Blockchain ist im Gegensatz zu Bitcoin nicht einsehbar. Zuletzt litt der Monero-Preis unter Sicherheitslücken. Die Probleme sollen aber behoben sein.

Donald Trump: Kein Bitcoin-Fan


Donald Trump äußert sich zu Kryptowährungen - in gewohnt flapsiger Weise. Bitcoin und Co seien kein Geld, basieren auf heißer Luft und erleichtern illegale Aktivitäten wie Drogenhandel. Libra spricht er die Zuverlässigkeit ab. Dem ist entgegenzuhalten: Der US-Dollar kann beliebig nachgedruckt werden, der Bitcoin nicht. Natürlich können deswegen die USA nicht pleitegehen. Deswegen ist aber auch die Wahrscheinlichkeit groß, dass auf lange Sicht der Bitcoin ein besserer Wertspeicher sein wird als der Dollar. Bitcoin für Kriminelle? Die bevorzugte Transaktionswährung in diesem Bereich bleibt der Dollar - mit Abstand. Transaktionen auf der öffentlichen Blockchain können in alle Ewigkeit nachverfolgt werden. Cash-Trans­aktionen mit dem Dollar nicht.

EZB: Keine Währung


Nach Meinung der Europäischen Zentralbank (EZB) ist Bitcoin keine Währung, sondern ein sehr volatiler Vermögenswert. Sie wird den Bitcoin nicht als Reservewährung hinzufügen. Auch eine eigene Digitalwährung lehnt die EZB ab. Dabei gibt es derartige Überlegungen in immer mehr Ländern. Venezuela hatte 2018 mit dem Petro sogar schon eine eingeführt. Wegen des fehlenden Vertrauens ist sie aber bedeutungslos.