Viel gescholten, aber wirtschaftlich erfolgreich - auf diesen kurzen Nenner kann die Arbeit der nationalistischen polnischen Regierungspartei PiS unter ihrem Chef Jaroslaw Kaczynski gebracht werden. Trotz heftiger Kritik aus Brüssel wegen der Eingriffe in die Meinungsfreiheit und den Rechtsstaat kann man der Regierung in Warschau ökonomisch wenig vorwerfen. Polen war in den vergangenen Jahren ein ökonomischer Musterstaat.

2018 wuchs das Land laut EU-Kommission mit einer Rate von 5,1 Prozent, im Vorjahr waren es 4,1 Prozent. Da kann der Rest Europas nur staunen. Der Boom hat verschiedene Ursachen. So läuft der Konsum prächtig, da die Löhne stark zulegen. 2019 etwa um acht Prozent.

Auch die Investitionen steigen kräftig. Viele Autokonzerne wie VW und Bosch, aber auch IT-Firmen wie Google investieren in dem Land. Ein Grund dafür ist, dass die bürokratischen Hürden niedriger sind als in Westeuropa. Die Ausfuhren brummten 2019 mit 6,5 Prozent Zuwachs. Wegen der im EU-­Vergleich niedrigen Lohnkosten und hoher Qualifikation der Beschäftigten ist ­Polen zum Teil immer noch die Werkbank für westliche Konzerne.

So gesehen überrascht es nicht, dass die umstrittene PiS-Regierung im Oktober wiedergewählt wurde, geht es den Polen doch ökonomisch so gut wie noch nie seit dem Ende des Sozialismus. Aber nun ziehen erste dunkle Wolken am Horizont auf. 2020 dürfte sich die Wirtschaft abkühlen. Nur noch um 3,2 Prozent wird das BIP wohl zulegen. Das liegt auch daran, dass beim wichtigsten Handelspartner Deutschland die Industrie darbt, weshalb Polen weniger exportiert. Auch belasten der Handelskonflikt und das Coronavirus. Der ­Einkaufsmanagerindex Polens fiel Ende 2019 auf den tiefsten Stand seit 2012.

Auch der Zuwachs an Investitionen geht dieses Jahr von 8,1 Prozent 2019 auf 3,3 Prozent zurück. Das hat aber nicht nur konjunkturelle Gründe. Mit wachsender Sorge sehen viele Investoren nämlich, wie die PiS versucht, die Richter auf Linie zu bringen und die unabhängige Justiz auszuhebeln.

Probleme könnten die üppigen Wahlversprechen der Partei auslösen. Das hohe Kindergeld von 500 Złoty (knapp 118 Euro) soll nicht mehr erst ab dem zweiten, sondern schon ab dem ersten Kind gelten. Das kürzlich erhöhte Renten­alter wird wohl wieder auf 65 Jahre gesenkt. Zudem ist die Einführung einer 13. Monatsrente geplant. Bereits Gesetz ist, dass Angestellte bis zum 26. Lebensjahr keine Einkommensteuer zahlen.

Sorgen vor höheren Schulden


Kaczynski begründet die Ausgaben folgendermaßen: "Die Vorgängerregierungen haben von unten nach oben umverteilt. Was wir machen, ist Sozialpolitik", so der starke Mann im Staat. Der Ökonom Leszek Balcerowicz sieht die hohen Sozialausgaben dagegen kritisch: "Der Schaden der PiS-Politik ist noch unsichtbar. Er wird verdeckt vom Boom. Jemand wird für die Verteilungspolitik zahlen müssen. Später kommen höhere Steuern und Schulden", warnt er.

Am Devisenmarkt werden die Akteure offenbar schon nervös. Zuletzt hat der Złoty zum Euro leicht nachgegeben, nachdem er vorher längere Zeit geklettert war. Diese Entwicklung könnte sich fortsetzen, obwohl Polens Wirtschaft im EU-Vergleich noch gut dasteht.

Eine Währung lebt aber nicht nur von ökonomischen Kennziffern, sondern auch vom Anlegervertrauen. Das schwindet gegenüber Polen. Mit dem Mini-Future-Zertifikat der BNP Paribas (ISIN: DE 000 PR7 2K1 1) setzen Anleger mit Hebel 2,7 auf einen zum Euro abwertenden Złoty. Die Barriere bei 2,69 Złoty je Euro ist 37 Prozent entfernt.