Endlich ist es so weit. Nach 17 Jahre währenden Verhandlungen schlossen sich im Juli dieses Jahres 54 von 55 Ländern (ausgenommen Eritrea) auf dem Schwarzen Kontinent vertraglich zur Afrikanischen Freihandelszone zusammen.

In den kommenden Jahren sollen ­dadurch 90 Prozent der Produktzölle innerhalb des Kontinents wegfallen. ­Damit soll der Handel zwischen den Ländern kräftig angeschoben werden. Bisher beträgt der nur 15 Prozent des ­gesamten Handels von Afrika. Der Internationale Währungsfonds rechnet mit einer Steigerung von mindestens 16 Prozentpunkte und nennt das Freihandelsabkommen eine "bahnbrechende Neuerung". Die ­Afrikanische Entwicklungsbank, ­einer der Haupttreiber des Vertrags, ist noch optimistischer. Immerhin handelt es sich um einen Markt von 3,4 Billionen US-­Dollar mit 1,3 Milliarden Menschen.

Neben den Zöllen soll auch die überbordende Bürokratie abgebaut werden. Ziel ist es zudem, leichter an auslän­disches Kapital zu kommen. So erhält etwa Asien zehnmal so viele Direktinvestitionen aus der EU wie Afrika. Ein weiterer Vorteil wäre, dass kleinere und mittlere Firmen ihre spezifisch auf den afrikanischen Markt zugeschnittenen Produkte an einen breiteren Konsumentenkreis auch in anderen Staaten verkaufen können.

"Das Abkommen ist eine gute Sache und könnte das Wachstum anregen. Es hängt aber von der Art der Umsetzung ab", sagt Evita Schmieg, Afrika-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik. Denn bisher wurde nur der Vertrag unterzeichnet. Die mühevolle Kleinarbeit, also etwa für welche Produkte das Abkommen gilt und in welchem Zeitraum es umgesetzt werden soll, müsse noch ausverhandelt werden. Wie lange das dauere, hänge vom politischen Willen der Regierungen ab.

Überregionale Institutionen fehlen


Genau hier liegen jedoch die Schwierigkeiten. Schon bisher gibt es im Süden, Osten und Westen des Kontinents Regionalbündnisse mit mehreren Staaten, die teilweise bereits zollfreie Räume haben, aber mehr schlecht als recht funktionieren. Es fehlen überregionale Institutionen wie in der EU, die auf Fördertöpfe zugreifen dürfen oder einen Länderfinanzausgleich für die Staaten, die Nachteile durch den Freihandel haben, einrichten können.

Das führt dazu, dass die ökonomisch schwächeren Länder Marktöffnungen blockieren. Zudem leben viele Staaten nur von Rohstoffen und Agrarprodukten und haben sehr wenig Industrie; daher können sie kaum etwas in Nachbar­länder exportieren. "Es bringt wenig, wenn die Elfenbeinküste nach Ghana Kakao ausführt", veranschaulicht Sebastian Kahlfeld, Manager des DWS Invest ­Africa Fonds, die Problematik, dass viele Länder identische Güter produzieren. Hinzu kommt die mangelnde Infrastruktur. Es fehle an gut ausgebauten Straßen und Bahnverbindungen: "Die Transportkosten sind viel zu hoch", so Kahlfeld. Obwohl die Chinesen viel gebaut haben in den vergangenen Jahren, hakt es hier trotzdem noch gewaltig.

Zoll ist wichtige Einnahmequelle


Überdies stellen in einigen ärmeren Län­dern Zollgebühren eine Einnahmequelle dar, die sie sicher ungern aufgeben. Oft ist es nicht einmal der Staat, sondern es sind korrupte Zöllner, die auf das lukrative Extraeinkommen an der Grenze nicht verzichten wollen.

Hinderlich ist auch der sehr unterschiedliche Entwicklungsstand. Tunesien, Marokko, Kenia, Ghana und Südafrika spielen, was das Einkommens- und Industrialisierungsniveau sowie die modernen Unternehmensstrukturen angeht, in einer ganz anderen Liga. Die mäßig entwickelten Regionen fürchten daher nicht ohne Grund, dass Firmen aus den reicheren Ländern ihre Wirtschaft überrollen werden. "Ohne gut organisierte Ausgleichsfonds werden die ärmeren Staaten voll auf der Bremse stehen", sagt Robert Kappel, emeritierter Professor für Entwicklungs­ökonomie an der Universität Leipzig.

Es braucht viel Zeit


Kappel geht davon aus, dass der afrikanische Binnenmarkt nur sehr schleppend vorankommt, und rechnet bis zu einer erfolgreichen Umsetzung eher mit 15 bis 20 Jahren als mit zehn Jahren. "Die rasch prognostizierten Wachstums- und Produktionsschübe sind ein Wolkenkuckucksheim", glaubt er. Trotzdem sieht Kappel auch Hoffnungszeichen. Einigen Staaten ist es in den letzten Jahren immerhin gelungen, ein effizientes Steuersystem aufzubauen.

Profitieren könnten zudem kleinere Unternehmen aus dem IT-Bereich oder aus anderen innovativen Branchen, die individuelle Lösungen für Kunden anbieten und bei denen der Transport eine geringe Rolle spielt. Oder auch eine Firma wie Jumia, das afrikanische Amazon, an der die Berliner Beteiligungs­gesellschaft Rocket Internet Anteile hat. Hier spielt Logistik zwar eine große Rolle. Die Firma hat aber eigene Motorradfahrer, die die Pakete ausliefern, und eine eigene Kundendatenbank. Jumia ist daher nicht auf die schlecht funktionierende Post angewiesen.

Für DWS-Fondsmanager Kahlfeld spielt das Freihandelsabkommen keine Rolle bei seinen Anlageentscheidungen, da es sich erst in vielen Jahren auswirkt. Er rät dennoch, in Afrika als Portfolio­beimischung zu investieren. Schon wegen des Rohstoffreichtums und der hohen Bevölkerungszunahme könne der Kontinent nicht außen vor gelassen werden und sei eine Wachstumsregion, die man nicht ignorieren dürfe.

Investor-Info

Lyxor ETF Pan Africa
Ganz Afrika in einem Produkt


Der Lyxor-ETF bezieht sich auf den von der Société Générale kreierten Pan-Afrika-Index, der 30 Firmen aus drei Zonen Afrikas enthält: Nord- und Südafrika sowie die Subsahara-Region. Für jede der Zonen werden die je zehn größten Titel ausgewählt. Es handelt sich um Firmen, die in Afrika gelistet oder vorrangig dort tätig sind. Auf Fünfjahressicht hat der ETF mit einem leichten Minus den Großteil der aktiv gemanagten Fonds geschlagen.

BB African Opportunities
Afrika mit wenig Volatilität


Der Fonds der Schweizer Investmentboutique Bellevue legt in Large und Mid Caps auf dem gesamten Kontinent an. Derzeit haben Ägypten, Marokko und Südafrika zusammen gut 70 Prozent Gewicht. Der Rest des Portfolios entfällt auf Firmen in Burkina Faso, Ghana, Mali, Sambia, Ruanda oder Kenia. Aktuell investiert der Fonds vor allem in die Sektoren Finanzen, Rohstoffe, Industrie und Konsum. In den vergangenen drei Jahren wurde ein Plus von zehn Prozent erzielt. Der Fonds ist vergleichsweise wenig volatil und eignet sich ähnlich wie der Lyxor-ETF nur für Langfristanleger.