Nicht nur der DAX überrascht mit kräftigen Kursgewinnen. Die alte Welt bietet Investoren einen spannenden Branchenmix und ein günstiges Bewertungsniveau.

Europa lebt. Im ersten Halbjahr sind Aktien des Kontinents stärker gestiegen als die der USA. Strukturell sind beide Märkte schwer zu vergleichen. Während in den US-Indizes Techriesen die wichtigste Rolle spielen, hängt Europa stärker an klassischen Industrien. Aber auch dort sollten die Unternehmen von Revolutionen wie künstlicher Intelligenz profitieren.

Der große europäische Aktienindex, der Stoxx Europe 600 bündelt die größten Positionen aus 17 Ländern. Neben den Staaten der Eurozone sind Großbritannien, die Schweiz und die Skandinavier dabei. Die beiden größten Werte im Index sind die Techwerte SAP und ASML. Trotzdem hat der Sektor weniger als zehn Prozent Gewicht im Index. Der Anteil der drei größten Branchen — Industrie, Gesundheit und Banken — liegt zwischen zwölf und 15 Prozent. Der Stoxx Europe ist also breit diversifiziert. Aus deutscher Sicht spannend: Viele Aktien kommen aus Branchen, die in den deutschen Indizes allenfalls eine Nebenrolle spielen: Ölkonzerne wie BP, Shell und Totalenergies, Nahrungsmittelhersteller wie Nestlé und Unilever, Luxusgüterhersteller wie LVMH und Hermès. Das größte Land im Index ist Großbritannien mit etwas mehr als 20 Prozent. Rund 15 Prozent des Börsenwerts stellen Unternehmen aus Deutschland. Das alles macht den Index zu einer defensiveren Ergänzung zum DAX.

DAX-Aktien bei Anlegern beliebt

Der deutsche Aktienleitindex erlebt derweil ein starkes Comeback. Und das, obwohl mit der Autoindustrie ausgerechnet eine der wichtigsten Branchen der Bundesrepublik in einer gefährlichen Umbruchphase steckt. Kurstreiber ist vor allem SAP. Der Softwarekonzern ist mit einem Anteil von rund 15 Prozent das Schwergewicht. Es folgen Siemens mit rund zehn Prozent und die Allianz mit rund acht Prozent. Rund 70 Prozent des Umsatzes der Indexmitglieder werden außerhalb der Eurozone erwirtschaftet, schätzt Goldman Sachs. Damit sei der DAX einer der am stärksten international ausgerichteten Länderindizes.

Bella Italia

Ein anderer Markt mit Momentum in Europa ist Italien. Der Hauptindex FTSE MIB setzt auf die 40 größten an der Borsa Italiana in Mailand gehandelten Unternehmen und deckt rund 80 Prozent der Marktkapitalisierung des Landes ab. Rund 45 Prozent ihrer Umsätze erzielen diese Unternehmen laut Goldman Sachs in Italien, eine im Vergleich zu Deutschland hohe Heimquote. Ein weiterer Unterschied zum DAX: die starke Gewichtung von Banken wie Unicredit und Intesa Sanpaolo. Die Konsolidierung der Branche schafft weiter Kursfantasie. Ein anderes Schwergewicht — der Energiekonzern Enel. Was auffällt: Der italienische Aktienindex ist beim Kurs-Gewinn-Verhältnis relativ günstig bewertet. Das liegt auch am Branchenmix, sollte aber zumindest nach unten Halt geben, wenn sich das Börsenklima verschlechtern sollte.

Europa ETFs

Hinweis: Der Artikel stammt aus der aktuellen Heftausgabe von BÖRSE ONLINE (28/25), die Sie hier finden.

Lesen Sie auch: Kapitalflut voraus: Löst ein Zufluss von 500 Milliarden Dollar in US-Aktien die Megarallye aus?

Oder: Bitcoin explodiert: Aber steht eine wirklich unglaubliche Kurssteigerung erst noch bevor?