"Ich suche nach Aktien mit guter Qualität zu einem attraktiven Preis", sagt Matthew Siddle, Manager des Fidelity European Growth. Darunter versteht er Unternehmen mit hohen Kapitalrenditen, schnellerem Wachstum als die Konkurrenz und hohen Cashflows. "Solche Unternehmen sollten über einen kompletten Wirtschaftszyklus gesehen insgesamt eine höhere Rendite liefern und vor allem in Phasen negativer Märkte ihre defensiven Eigenschaften ausspielen können", sagt er weiter. Und der attraktive Preis? Der liegt dann vor, wenn der Aktienkurs eines Unternehmens unter dem fairen Wert desselben notiert.

Überdies müssen seine Favoriten hohe Qualitätskriterien erfüllen: Es müssen starke Unternehmen mit kompetentem Management sein, die in der Lage sind, nachhaltig hohe Erträge zu liefern, einen hohen Cashflow zu erwirtschaften, die ihre Erträge reinvestieren, um das Unternehmenswachstum zu fördern, oder diese als Dividenden an die Anleger ausschütten.

Einschränkend ist festzustellen, dass europäische Aktien bei den Anlegern im vergangenen Jahr nicht besonders hoch im Kurs standen. Das hat auch das Abschneiden des Fidelity-Fonds begrenzt. Dennoch schaffte Siddle mit seinem Fonds einen Zuwachs von 6,4 Prozent, während der Index nur 3,2 Prozent zulegte. Für die vergangenen fünf Jahre zeigt die Performance einen Anstieg von rund 75 Prozent.

Andererseits war das Jahr 2016 für Siddle eher ein Jahr zum Kaufen. "Ich neige dazu, dann einzusteigen, wenn sehr viele Verkäufer am Markt sind, und verkaufe bevorzugt, wenn sehr viele Käufer unterwegs sind", erklärt er. Dann könnte er nun bald schon wieder auf die Käuferseite wechseln. Zumindest hat er Ende vergangenen Jahres schon recht positive Signale vernommen. Beispielsweise hinsichtlich der Wirtschaftsdaten im Euroraum. Oder auch bei den Unternehmensgewinnen. Nach fast fünf Jahren mit überwiegend negativen Gewinnkorrekturen hätten die Prognosen unter dem Strich nun wieder ins Plus gedreht. "Aktuell werden die Gewinne so stark nach oben korrigiert, wie seit der Erholung 2009/10 nicht mehr", sagt er. Das dürfte über kurz oder lang auch die Lust der Anleger auf mehr europäische Aktien wecken - und eine positive Kursentwicklung auslösen.

Gleichwohl müsse man auch 2017 mit politischen Risiken rechnen, mahnt Siddle. Etwa aufgrund der Brexit-Verhandlungen, bei denen Differenzen quasi programmiert seien. Dazu die nach wie vor unklare Wirtschaftspolitik in den USA oder der sich ausbreitende Populismus in Europa. Allzu große Euphorie sei diesbezüglich nicht angebracht. Andererseits gehe es einigen Ländern in Europa ziemlich gut. Angefangen mit Deutschland, wo die Wirtschaft brumme, bis hin zu Irland und Spanien, die sich aus den Tiefen der Schuldenkrise wieder nach oben gekämpft hätten.

Für das Anlagejahr 2017 ist Matt Siddle insgesamt recht zuversichtlich. Chinas Wirtschaft sei eine harte Landung erspart geblieben und die Wirtschaftszahlen aus den USA sähen überwiegend gut aus. Überdies sollten sich Steuersenkungen in den USA stimulierend auswirken. Das lässt ihn beispielsweise zu europäischen Weltmarktführern greifen, in Branchen wie Pharma, Energie, Maschinenbau, Konsum- und Luxusgütern, die einen Gutteil ihres Umsatzes im außereuropäischen Ausland erwirtschaften und vom weltweiten Wachstum profitieren. "Dazu zählen der Konsum in den Schwellenländern, die geplanten Infrastrukturinvestitionen in den USA oder auch der geografische Wandel", führt er aus. Hierbei kommt ihm entgegen, dass diese Titel "wegen der derzeit eher negativen Stimmung gegenüber dem alten Kontinent" günstiger bewertet seien als ihre globalen Wettbewerber.

Beispiel Gesundheitsbranche. Hier findet er viele Unternehmen, "die über eine starke Pipeline mit neuen, kurz vor der Markteinführung stehenden Produkten verfügen". Deren Kurse sind während des US-Wahlkampfs mehrheitlich eingebrochen, weil die Demokraten eine stärkere Preiskontrolle gefordert haben, was zu Ertragseinbußen geführt hätte. Dieses Risiko hält Siddle nun für weniger wahrscheinlich. Zudem sieht er "eine Fülle guter Unternehmen mit attraktivem Ausblick, die ihre Produkte nicht oder nur in geringem Umfang an staatliche Gesundheitsprogramme verkaufen und jetzt günstig zu haben sind".

Ein anderes Beispiel ist die Energiebranche. Hier sieht Siddle gute Anlagechancen, weil sich die Rohstoffpreise erholt hätten und viele Energieaktien "äußerst attraktiv bewertet" seien. Das biete "eine reizvolle Mischung aus Risiko und Chance - und zwar ganz unabhängig vom möglichen Zudrehen des Ölhahns durch die OPEC". Seine Favorit in der Branche: Royal Dutch Shell. Andere Aktien, die Siddle zurzeit bevorzugt, sind SAP, British American Tobacco und AXA.

Die Größe seines Fonds sieht Siddle als Vorteil. Einmal, weil das Volumen von mehr als sieben Milliarden Euro es erlaubt, ein großes Team zu unterhalten, für die eingehende Analyse von rund 800 Aktien, die aus dem Universum von rund 3000 Titeln vorab ausgewählt wurden. Und es ermöglicht dem Fondsmanager, ein "signifikanter Aktionär" zu sein. Dadurch findet er bei den Unternehmen, in die er investiert, offene Türen und offene Ohren vor, um Geschäftszahlen oder auch Strategien zu hinterfragen und zu diskutieren. Die Kehrseite der Fondsgröße ist hingegen, dass er sich auf größere Unternehmen konzentrieren muss, die er gegebenenfalls auch schnell verkaufen kann. Und dass er langfristige Themen und Entwicklungen verfolgen muss und sich nicht von kurzfristigen Ereignissen allzu sehr beeinflussen lassen darf.

Fondsmanager Matt Siddle begann seine Laufbahn bei Fidelity 1999 als Analyst für europäische Aktien. Seit 2007 arbeitet er als Fondsmanager für verschiedene europäische Aktienfonds. Seit dem 01.07.2012 ist er Manager des 7,1 Milliarden Euro schweren Fidelity European Growth Fund. Der Fonds (ISIN: LU0048578792) wird mit einem maximalen Ausgabeaufschlag von 5,25 Prozent angeboten, die laufenden jährlichen Kosten liegen bei 1,89 Prozent, die Erträge des Fonds werden nicht ausgeschüttet, sondern regelmäßig reinvestiert (thesauriert).

Fazit: Der Fidelity European Growth Fund ist ein bewährtes Investment für europäische Aktien und hat in den letzten fünf Jahren eine solide Leistung gezeigt.