Die Corona-Krise hinterlässt auch bei den erfolgsverwöhnten Offenen Immobilienfonds (OIF) Spuren. Zu den negativen Folgen äußert sich Fondsconsult-Chef Rüdiger Sälzle.

Wie stark sind denn die OIF betroffen?
Rüdiger Sälzle: Die Auswirkungen der Corona-Krise werden sich bei vielen OIF erst in den nächsten Monaten zeigen. Sie sind zudem in großer Abhängigkeit der Ausrichtung auf stark oder weniger betroffene Nutzungs­arten zu sehen. Während die Sektoren Logistik, Nahversorgung und Wohnen von der Krise kaum betroffen sind, schlägt sie in den Bereichen Einzelhandel und Hotel voll durch.

Wie äußert sich das?
Die OIF-Anbieter bestätigen aus diesen Segmenten eine große Anzahl von Anfragen nach Mietstundungen.

Gibt es denn regionale Unterschiede?
Ja, insbesondere in den Corona-Epizentren Spanien und Italien ist die Lage durch den kompletten Lockdown dramatisch, und Mietausfälle sind dort de facto in erheblichem Umfang zu erwarten, selbst wenn de jure noch von Mietstundungen gesprochen wird. In anderen Ländern wie Deutschland oder Frankreich besteht dagegen eine deutlich größere Wahrscheinlichkeit einer werthaltigen Mietstundung.

Wie sieht es bei Büroimmobilien aus?
Die Ausfallrisiken im Bürosegment werden im Allgemeinen als gering erachtet. Sollten Länder in eine länger anhaltende Rezession abgleiten oder sollte sich die Corona- Krise weltweit über einen langen Zeitraum ausdehnen, werden aber negative Effekte in allen Nutzungsbereichen eintreten.

Wie entwickeln sich die Mittelzuflüsse?
Die Anlageklasse der OIF konnte im ersten Quartal 2020 erneut hohe Mittelzuflüsse generieren, allerdings mit deutlich fallender Tendenz im März. Auf aktueller Basis sind die Zuflüsse auf niedriger Basis weiter positiv. Rückgaben in größerem Umfang sind zudem derzeit nicht festzustellen.

In der Finanzkrise 2008 hatten OIF Liquiditätsprobleme. Besteht die Gefahr erneut?
Nein, denn mit den hohen Mittelzuflüssen der letzten Jahre und Monate haben sich die Anbieter ein mehr oder weniger hohes Liquiditätspolster aufgebaut. Zudem bewegen sich die Fremdkapitalquoten ebenfalls mehrheitlich in einem moderaten Bereich. Beide Instrumente bieten hinreichenden Schutz für den Fall erhöhter Kündigungen und Mittelrückgaben.

Wie reagieren Anbieter auf die Krise?
Sehr unterschiedlich. Während der haus­Invest eine "Rücklage" gebildet und damit den Fondspreis um rund 1,2 Prozent reduziert hat, gehen andere Häuser wie Deka- Immobilien oder Swiss Life über das Prinzip von Wertberichtigungen. Soweit diese eintreffen, unterbleibt die Zuschreibung auf den Fondspreis, das heißt, es findet kein Wertzuwachs statt. Daher sind bis heute noch keine Auswirkungen in der Rendite feststellbar. Anders beim hausInvest: Der eintretende negative Effekt wirkt neutral auf den Fondspreis, da ja bereits ­abgewertet wurde.

Bei DWS-Fonds gab es Berichtigungen.
Ja, die grundbesitz-Fonds der DWS wurden aber durch einen anderen Effekt abgewertet: Zur Vermeidung der Zahlung von Strafzinsen wurde ein höherer Cashanteil in ­Investment-Grade-Anleihen investiert, die im Zuge der Marktverwerfungen erhebliche Kursverluste erlitten. Zudem ergaben sich noch negative Effekte durch die Absicherung von Fremdwährungen.

Wie werden sich die Renditen entwickeln?
Perspektivisch wird überwiegend von ­einer Verminderung der Rendite zwischen 50 und 100 Basispunkte ausgegangen. Die erwarteten Fondsrenditen für das laufende Jahr liegen dann bei ein bis 1,5 Prozent statt wie bisher bei zwei bis 2,5 Prozent.

Sollten Anlegern OIF die Treue halten?
Man sollte die Frage im Verhältnis zu den verfügbaren Alternativen stellen: Während selbst Rententitel im Investment-Grade-Bereich zuletzt hohe Verluste zu verzeichnen hatten, gibt es für Cash-Anlagen nach wie vor keine Verzinsung. Bei den OIF bekommt der Anleger einen stabilen, wenn auch jetzt niedrigeren Wertzuwachs. Unter Abwägung von Chance und Risiko sollten OIF selbst im derzeit unsicheren Umfeld ein fester Anteil im Portfolio bleiben.

Swiss Life Living & Working

Stabiles Investment
Das Portfolio des Swiss Life Living & Working hebt sich dank seiner Diversifizierung klar von der Konkurrenz ab. Der Fonds verfügt über ausreichend hohe Cashbestände und eine sehr niedrige Fremdkapitalquote. Für das Kalenderjahr rechnet das Management wegen der Corona-Effekte nur mit rund 2,0 Prozent Rendite. Empfehlung der Redaktion: kaufen.
ISIN: DE000A2ATC31