Dreihundert der einflussreichs­ten institutionellen Investo­ren Frankreichs haben sich an der Place Vendôme in Pa­ris versammelt. Das Justizministerium hat hier seinen Sitz. Boutiquen Schwei­zer Luxusuhrenhersteller wetteifern mit alteingesessenen Juwelieren. Und um die ursprünglich von Napoleon errichtete Siegessäule kurven bullige SUVs.

Drinnen, im Hôtel Vendôme, hat die französische Fondsboutique OFI zu ih­rem Jahresauftakttreffen geladen. Es ist Januar 2019, und alles dreht sich um das Thema Nachhaltigkeit: Die Begrüßung des CEOs, die Diskussionsrunde um Hélène Valade, Umweltdirektorin des Konzerns LVMH, und der Vortrag des Solarfliegers Bertrand Piccard: Viele Teilnehmer sind mit öffentlichen Ver­kehrsmitteln gekommen. Paris im grü­nen Ausnahmezustand.

Bei Kapitalanlagen sind unsere Nach­barn extrem öko: "Im nachhaltigen Fi­nanzbereich nimmt Frankreich eine Vor­reiterrolle ein", sagt Stefan Fritz, Spezi­alist Investmentfonds der GLS Bank. Ein­schlägige Gesetze werden jenseits des Rheins besonders schnell verabschiedet. Beispiel: der Artikel 173 des Gesetzes "de la Transition Énergétique". Er verpflich­tet institutionelle Anleger mit mehr als 500 Millionen Euro verwaltetem Vermö­gens bereits seit fünf Jahren, über die Klimawirkung ihrer Investments zu berichten. Und schon 2010 mussten Ver­mögensverwalter im Rahmen des "Loi Grenelle II" gegenüber Investoren ange­ben, wie sie Umwelt­, Sozial­ und Gover­nance-­Kriterien (englische Kurzform: ESG) berücksichtigen.

Gut möglich, dass auch der französi­sche Assetmanager BNP Paribas von die­ser Vorreiterrolle profitiert hat - zwei Jahre nach dem Treffen in Paris. €uro hat die in Deutschland aktiven Fondsgesell­schaften auf die Nachhaltigkeit ihrer Pro­dukte getestet. Die BNP-Manager liegen bei den großen Anbietern ganz vorn: "Tatsächlich haben wir schon heute in allen Anlagestrategien die ESG-Kriterien integriert", sagt Tanja Gudjons, Head of Funds Distribution in Frankfurt. "Dabei liegt der Schwerpunkt stets darauf, lang­fristige und nachhaltige Anlagerenditen für unsere Kunden zu generieren."

Bei den mittelgroßen und kleineren Anbietern liegt die Acatis Investment aus Frankfurt ganz vorn. Gründer und Chef Hendrik Leber freut sich: "Nachhaltig­keit ist neben Value und künstlicher In­telligenz für uns ein Leitthema bei Investments. Wir sind stolz darauf, dass wir ausgezeichnet wurden."

Wie getestet wurde: Im Fokus stand das €uro­Eco­Rating. Es wird seit Ende 2020 alle drei Monate berechnet und bestraft Fonds und ETFs, wenn sie in Waffenhersteller, Kohleproduzenten, Atomkonzerne oder Unternehmen in­vestieren, die sich nicht an den im soge­nannten "UN Global Compact" verein­barten Kriterien für gute Unternehmens­führung orientieren. Für ein gutes Rating wichtig sind eine Menge weiterer Klimafaktoren (siehe "So lesen Sie die Tabelle"). Das Besondere: Alle eingesetzten Kriterien sind vollständig transparent und objektiv messbar. Ratingpartner Mountain­View Data durchforstet weltweit Abertausende Un­ternehmen und rund 150 Länder auf deren Öko-Implikationen. Dazu werden die Ergebnisse von mehr als 50 Partnern und Organisationen ausgewertet. Weil das österreichische Research-Unternehmen zudem einzelne Investmentfonds und ETFs bis auf die letzte Aktie durchleuchten kann, sind dessen Urteile frei von Ungefährem. Aus der Schweiz liefert die Inrate AG zusätzliche Daten konkret zu den CO2-Emissionen von Banken, Versicherungen und Unternehmen: "Alle Bestandteile zusammen ermöglichen valide Aussagen zur Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit einzelner Fonds", so Wolfgang Matzner, Geschäftsführer bei Mountain-View Data.

Einige müssen patzen.


Große Spieler wie die DWS müssen eine breite Palette an Fonds anbieten. Da ist es fast schon unausweichlich, gegen wichtige Kriterien des Eco-Ratings zu verstoßen: Der Xtrackers MSCI Brazil etwa investiert in einen vorgegebenen Index - und in diesem ist nun mal nicht jedes Unternehmen ein Öko-Streber. Den Kunden keinen breit gefassten Brasilien-ETF anzubieten, wäre für die Frankfurter zwar möglich, aber ökonomisch ziemlich riskant. Deshalb werden bei den großen Fondsgesellschaften die zehn Prozent schlechtesten Bewertungen gestrichen. Alles in allem erreicht die DWS so mit einem Gesamtscore von 68,3 die Bewertung "gut".

Ähnlich geht es dem Branchenriesen Blackrock. Der US-Anbieter verwaltet global über 7,5 Billionen Euro in Fonds (inklusive ETFs) - knapp das Doppelte aller in Deutschland im Lauf eines Jahres hergestellten Güter und Dienstleistungen. Im Nachhaltigkeits-Test punktet der iShares Global Water mit einem "A"-Rating und einem Score von 86,11 nahezu optimal. Der ebenso hauseigene Klassiker BGF World Energy hingegen nervt die harten Öko-Fans mit einem Score von 46,42. Die Wahrheit liegt wohl - wie so oft - in der Mitte. Blackrock Asset Management erreicht einen Gesamtscore von 66,5 und muss sich damit bei ESG-Anhängern nicht verstecken.

Die Fondsgesellschaft Ökoworld hat es aus grüner Sicht besser: Sie hat insgesamt nur fünf Fonds im Angebot. Alle fünf mit Bestnote "A", alle über 80 Punk- te, teilweise sogar über 90. Da lacht das Herz des umweltbewussten Renditejägers. Mit einer minimalen Anzahl von Produkten bedienen die Hildener jedoch bewusst eine Nische. Es wäre ungerecht, Ökoworld mit anderen Anbietern zu vergleichen, die auch Nicht-Öko-Produkte im Sortiment haben. Zudem müssen pro Gesellschaft mindestens zehn Fonds gelistet sein, damit eine statistisch valide Aussage möglich ist.

Ein K.-o.-Kriterium macht zu schaffen. Beim €uro-Eco-Rating ist nämlich Folgendes hinterlegt: Fonds, die in Sachen Kohleherstellung und -verwendung auf der Ausschlussliste des staatlichen norwegischen Pensionsfonds stehen, fallen automatisch auf das Rating "E" zu- rück. Hintergrund ist, dass die Nordmänner aktuell mehr als eine Billion Euro weltweit anlegen und in puncto ESG-Regeln die Standards setzen. Das €uro-Eco-Rating-Team will nicht dahinter zurückbleiben. So fallen allerdings 2084 von 5600 bewerteten Fonds auf das schlechteste Ergebnis zurück.

Im vorliegenden Test jedoch zählen die erreichten Scores, nicht die letztend­lichen Bewertungen. Zwei Dinge schei­nen noch wichtig. Erstens: Welche Ak­tien sind eigentlich besonders schlecht, wenn es allein um Öko­Kriterien geht? Der öko­fundamentale ESG-Aktien­Score von Mountain­View Data kann hier Auf­schluss geben. Im DAX zählen Bayer und Volkswagen zu den Flops. Henkel und In­fineon werden von den Österreichern top bewertet.

Am Ende stellt sich für Anleger natür­lich die große Sinnfrage: Wie wichtig ist mir Nachhaltigkeit beziehungsweise Ökologie bei Fonds? Das €uro-­Eco­-Rating gibt einen guten Überblick, wie grün die Fondsgesellschaften respektive deren Fonds sind. Doch es sagt nichts über deren Wertentwicklung aus. Und die ist schließlich auch wichtig, wenn man et­wa von den Erträgen einmal die gesetz­liche Rente aufpeppen will. Hier hilft zum Beispiel die €uro­Fonds-Note.

So lesen Sie die Tabelle


Grundlage ist das €uro-Eco-Rating (www.eco-rating.info). Die Redaktion hat diese Daten je Fondsgesellschaft aggregiert. Unterschieden wird dabei in große Anbieter (Gesellschaften mit mehr als 40 Fonds) und mittlere Anbieter (10 bis 39 Fonds). Maximal können 100 Punkte pro Fonds erreicht werden. Abzüge gibt es zum Beispiel, wenn ein Fonds in Ölunternehmen investiert. Insgesamt gibt es bei Unternehmen zehn solcher Kriterien. Bei Staaten sind es acht. Jeder Fonds erhält eine Einzelbewertung, die einzelnen Bewertungen je Gesellschaft werden addiert (bei den großen die zehn Prozent schlechtesten abgezogen) und durch die Anzahl der (verbleibenden) Fonds geteilt. So ergibt sich der Gesamtscore pro Fondsgesellschaft. Die Bewertungen von Investmentfonds und ETFs werden dabei gleichgesetzt. Tranchen werden nicht gezählt. Voraussetzung ist, dass die Vollportfolios vorliegen. Die Daten stammen vom Juni 2021.

Bewertung: sehr gut: > 72,5 Punkte; gut: > 67,5 Punkte; befriedigend: > 62,5 Punkte; ausreichend: > 57,5 Punkte; mangelhaft: < 57,5 Punkte.
€uro-Eco-Rating Unternehmensbewertung: Mehr Punkte bei: erneuerbaren Energien, niedrigen CO2-Emissionen und Umweltorientierung Weniger Punkte bei: Atomenergie, Fracking, Gas & Öl, Kohle (steht ein Unternehmen auf der Ausschlussliste des norwegischen Staatsfonds, gibt es automatisch das Eco-Rating "E"), Rüstung allgemein, Rüstung speziell (ABC-Waffen, Clustermunition, Landminen), UN Global Compact nicht unterzeichnet
Länderbewertung: Mehr Punkte bei: erneuerbaren Energien, hohem Environmental Performance Index, niedrigen CO2-Emissionen pro Einwohner, kleinem ökologischen Fußabdruck pro Einwohner Weniger Punkte bei: Atomenergie, hohen Rüstungsbudgets, wenigen Rüstungskonventionen, Todesstrafe