So dürfte der American Jobs Plan in den USA die Unternehmenssteuern steigen lassen. Der Plan sieht unter anderem eine Anhebung des Steuersatzes um 21% auf 28% sowie eine höhere Mindeststeuer auf ausländische Gewinne vor. Wir haben bereits an anderer Stelle die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Gewinne (Rückgang um rund 10%) erörtert. Dies wird von den Anlegern bislang - solange die Gewinndynamik noch so kräftig ist - weitgehend außer Acht gelassen.

Richten wir nun den Blick auf die Personensteuern. Hier könnte die Reform die Aktienmärkte deutlich empfindlicher treffen. So schlägt Biden im Rahmen des American Families Plan vor, den Grenzsteuersatz für Steuerzahler mit einem Einkommen von 400.000 USD oder darüber auf 39,6% anzuheben. Ebenfalls angedacht ist eine kräftige Erhöhung der Kapitalertragssteuer von 20% auf 39,6% für Personen, die mehr als 1 Mio. verdienen. Die auf Anlageerträge erhobene Steuer von 3,8%, die zur Finanzierung von Obamacare dient, würde beibehalten. Damit stiege der Gesamtsteuersatz auf Kapitalerträge für diese Gruppe von Steuerzahlern auf 43,4%. Wir sind fast versucht zu sagen: "Welcome to France!" Diese Erhöhungen dürften doch erhebliche Auswirkungen haben. Mit der im Raum stehenden Änderung der Kapitalertragssteuer läge der entsprechende Satz für Personen mit einem Einkommen von über 1 Mio. USD wieder auf dem Niveau, wie es in den späten 1970er Jahren vorherrschte. Angesichts der aktuellen Bewertung von Aktien scheint es schwer vorstellbar, dass ein solcher Vorstoß keine kurzfristige Verkaufswelle am Aktienmarkt lostreten würde, um sich die Gewinne noch zu den niedrigeren Steuersätzen zu sichern.

Darüber hinaus sehen wir noch weitere Risiken, die das Aufwärtspotenzial von Risikowerten dämpfen könnten, wie etwa neue Virus-Varianten, eine Drosselung der Notenbankankäufe in den USA oder eine Verschärfung der Kreditbedingungen in China. Bislang jedoch erscheint keines davon sehr ausgeprägt. Auf Sicht der nächsten 6 bis 12 Monate bleiben wir daher mit Blick auf Aktien zuversichtlich und empfehlen Anlegern, Aktien gegenüber Anleihen weiter überzu­gewichten. Im Aktienbereich geben wir unterbewerteten Sektoren den Vorzug gegenüber Wachstumswerten und setzen eher auf zyklische Titel denn auf defensive Werte, sowie auf Small- und Mid-Cap-Aktien, obgleich bei Small Caps die Anpassungs­bewegungen bereits zum Teil erfolgt sind. Zudem behalten wir unsere Verkaufsposition im US-Dollar bei.

Mit Blick auf globale Aktien halten wir an unserer Übergewichtung in Nicht-US-Aktien fest (Europa und Schwellenländer), da wir hier Aufholpotenzial sehen, denn die aktuell schwache Entwicklung war zu Anfang des Jahres so nicht vorauszusehen.

Überdies behalten wir die niedrige Duration in den Portfolios bei und beschränken unser Engagement in Unternehmensanleihen auf kurzlaufende Hochzinsanleihen.

Wie vielleicht bereits herauszulesen, sind wir überzeugt, dass eine weitere Rotation (wir würden es eine zyklische Rotation nennen) ansteht. Vor diesem Hintergrund bauen wir unsere Position in Banken aus und weiten hierfür den Blick, um von den - eher horizontalen denn vertikalen - Verwerfungen im Sektor zu profitieren. Zahlungsverkehr, digitale Finanzdienstleistungen, Fintech - die Verheißungen der neuen Finanzwelt dürften dieses Mal nicht in einer Enttäuschung enden. Die von Goldman Sachs ausgewiesene Eigen­kapital­rendite von 30% liefert den Beleg, wie gut es im Bankensektor läuft. Bei einem Kurs/Buchwert-Verhältnis von 0,6 im europäischen Sektor ist noch genug Zeit, um sich dort zu positionieren.