Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Versicherungsbranche am Mittwoch mit einem neuen Urteil zu Riester-Verträgen in die Schranken gewiesen. Streitpunkt war eine Klausel, mit der Versicherer wie die Allianz die Rentenberechnung nachträglich zum Nachteil der Versicherten veränderten. Diese ist unzulässig, urteilten die Richter - und verschaffen damit Millionen Riester-Versicherten höhere Renten.
Der Bundesgerichtshof BGH hat am Mittwoch eine Klausel gekippt, mit der große Versicherer Millionen Riester-Sparer benachteiligt haben (Aktenzeichen IV ZR 34/25). Es sei unzulässig, dass private Rentenversicherer den garantierten Rentenfaktor in ihren Verträgen nachträglich verändern haben, Indem sie eine gestiegene Lebenserwartung oder eine schlechtere Kapitalmarktentwicklung einpreisten. Dadurch sanken die Rentenzusagen für die Kunden. Von der Klausel hatte unter anderem auch der Marktführer Allianz Gebrauch gemacht.
So wirkte die beanstandete Klausel
In der Klage ging es um eine fondsgebundene Riester-Rente bei der Allianz Lebensversicherung: Die beanstandete Klausel sah vor, dass der Rentenfaktor - und damit die monatliche Leibrente - bei ungünstigen Rahmenbedingungen, etwa einer steigenden Lebenserwartung oder niedrigeren Erträgen am Kapitalmarkt, am Kapitalmarkt, nach unten angepasst werden konnte. Eine spätere Erhöhung, wenn sich die Lage verbessern sollte, war jedoch nicht vorgesehen. Bei fondsgebundenen Riester-Verträgen fließen Beiträge nicht in klassische Sparrücklagen, sondern in Investmentfonds. Die spätere Rente hängt deshalb besonders stark davon ab, wie der Kapitalmarkt performt und wie lange Versicherte leben. Die streitige Klausel erlaubte es der Versicherung, den monatlichen Rentenfaktor zu senken, wenn Risiken aus Sicht des Anbieters zu groß wurden.
Der BGH entschied nun, dass diese Klausel „unwirksam“ sei. Einseitige Kürzungen des Rentenfaktors seien rechtswidrig. Zwar führe eine positive Entwicklung der Kapitalanlagen zu Überschüssen beim beklagten Versicherer, an denen die Versicherungsnehmer nach den Versicherungsbedingungen beteiligt werden. Es steht aber nicht fest, ob "diese Überschussbeteiligung einen ausreichenden Umfang erreicht".
Das bedeutet das Urteil für die Kunden
Versicherte können bereits vorgenommene Reduzierungen ihrer Renten rückgängig machen lassen. Für Verbraucher bedeutet das konkret: Wer betroffen war, kann seine ursprüngliche, vertraglich zugesagte Rente verlangen - und sogar rückwirkend bereist erfolgte Kürzungen zurückfordern. Es geht um eine Menge Geld: Je nach Vertrag fiel die Rente nach Angaben der Verbraucherzentralen um rund ein Viertel bis zu einem Drittel niedriger aus.
Wer einen Riester-Vertrag mit fondsgebundener Rentenversicherung besitzt, sollte nun einen Blick in die Vertragsunterlagen werfen und kontrollieren, ob in den Bedingungen eine solche Kürzungsklausel enthalten war. Hat der Versicherer seit Vertragsabschluss die garantierte Rente gekürzt? Dann könnte das ein Hinweis darauf sein, dass das BGH-Urteil greift und der Versicherte Ansprüche geltend machen kann.
Millionen Verträge betroffen
Nach Angaben der Allianz könnten von dem nun ergangenen Urteil Allianz-Verträge betroffen sein, die von Juli 2001 bis Juni 2013 abgeschlossen wurden. In danach abgeschlossenen Verträgen sei die beanstandete Regelung nicht enthalten, sagte ein Sprecher.
Der Bund der Versicherten geht davon aus, dass die Entscheidung auch über die Verträge der Allianz hinaus von Bedeutung ist. So könnten laut Vorstand Stephen Rehmke rund eine Million Verträge von verschiedenen Versicherern betroffen sein, die bis Mitte der 2010er-Jahre angeboten und bei denen später Rentenkürzungen aufgrund ähnlicher Klauseln vorgenommen wurden.
Neben Altverträgen könnte das Urteil auch auf neue Riester-Versicherungen Auswirkungen haben. Die Versicherer dürften solche automatischen Kürzungsklauseln künftig vermeiden. Ob das jedoch noch hilft, den seit Jahren stark kritisierten Riester-Produkten noch einmal auf die Sprünge zu helfe, erscheint fraglich. Denn das neue Vorsorgedepot, das die Bundesregierung zum 1. Januar 2027 einführen will, ist deutlich attraktiver und bietet auch noch eine interessantere Förderung. Dabei soll es Riester-Sparern sogar ermöglicht werden, ihre Guthaben auf das neue Vorsorgedepot zu übertragen.
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