In dem Verfahren stellt ein Versicherungsnehmer aus Hessen die Berechnungsmethoden der Allianz bei der Überschussbeteiligung infrage. Ihm sei bei Vertragsende zu wenig ausbezahlt worden. Der Ausgang des Verfahrens könnte weitreichende Folgen haben. Derzeit gibt es in Deutschland rund 88 Millionen Lebensversicherungsverträge.

Generell geht es darum, ob Kunden nach Ablauf ihrer Kapitallebensversicherung einen ausreichenden Anteil an den Bewertungsreserven - also den "stillen Reserven" - ihrer Versicherung erhalten. Darunter versteht man die Differenz zwischen dem Anschaffungswert und dem aktuellen Marktwert von Kapitalanlagen, etwa Staatsanleihen, die die Versicherung mit dem Geld ihrer Kunden erworben hat. Betroffen sind Verträge, die seit 2008 ausgelaufen sind. Aus Sicht der Verbraucherzentrale Hamburg greift die Versicherungsbranche bei der Auszahlung oft zu "Rechentricks" und gewährt zu niedrige Bewertungsreserven.

Der BGH entscheidet nun, ob die Allianz dem Kläger, dessen Police im Jahr 2008 auslief und ihm rund 28.000 Euro einbrachte, 657 Euro nachzahlen muss. Für die gesamte Branche geht es laut Verbraucherzentrale "um Milliarden". Davon geht auch der Bund der Versicherten (BdV) aus, der ein Grundsatzurteil des BGH erwartet. Die Allianz sieht das anders. "Es ist ein Einzelfall, den sich der BGH nun nochmal genauer anschaut", sagte ein Sprecher des Versicherungsriesen. (Az. IV ZR 213/14)

Das seit 2008 geltende Versicherungsvertragsgesetz sieht vor, dass Kunden bei Auszahlung der Lebensversicherung zu 50 Prozent an den Bewertungsreserven beteiligt werden - nach Ansicht des Klägers zusätzlich zu den Überschüssen. Stattdessen seien die Überschüsse seiner Kapitallebensversicherung um einen Teil der Bewertungsreserven unrechtmäßig gekürzt worden. Kläger-Anwalt Stephen Rehmke: "Keiner weiß letztlich genau, was er am Ende aus seiner Versicherung herausbekommt." Auch der BdV sieht "zunehmend intransparente Rechenwege" der Branche.

Die deutsche Versicherungswirtschaft (GDV) räumt ein, dass für die Überschussbeteiligung "komplexe Berechnungsgrundlagen nötig" seien. Die Lebensversicherer informierten ihre Kunden aber "jährlich und bei Beendigung des Vertrages so verständlich wie möglich", sagte ein GDV-Sprecher. In der Vorinstanz hatte das Landgericht Kassel die Klage abgewiesen.

Reuters