Die Sorge vor einer baldigen Rezession können sich die Deutschen sparen. "Bis 2020 oder 2021 wird es keine Rezession geben", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer auf der Jahrestagung Immobilienfonds 2019 des Immobilien-Bewerterverbands BIIS in Frankfurt. Erst Richtung 2025 sehe er große wirtschaftliche Risiken für Deutschland. Seine Begründung: "Die Marktwirtschaft hat an Reputation eingebüßt." Das befördere den wirtschaftlichen Protektionismus, der für das exportorientierte Deutschland schlecht sei.

Krämer sieht die Welt am Beginn eines Jahrzehnts der De-Globalisierung. Der Protektionismus sei mitnichten nur ein Thema für US-Präsident Donald Trump, sondern eine Folge einer völlig falschen Einschätzung von Ökonomen. "Wir dachten in den 1980er-Jahren: Wenn der Kuchen immer größer wird, kommt bei allen etwas an. Das war eine Fehleinschätzung." Frei übersetzt: Es gibt zu viele Verlierer der wirtschaftlichen Entwicklung. Spätestens seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 hätten viele Menschen Zweifel an der Marktwirtschaft - nicht nur in Deutschland.

Vom kranken Mann zum Power-Haus - und zurück?



Krämer rief vor den nahezu 300 Teilnehmern der Tagung - darunter neben Immobilienbewertern auch Vertreter von Immobilienbanken und milliardenschweren -fonds - in Erinnerung, dass Deutschland noch in der ersten Hälfte der Nullerjahre als kranker Mann Europas gegolten habe. 15 Jahre später gelte Deutschland als ökonomisches Power-Haus. Dieser rasche Wandel des Etiketts bedeute jedoch auch, dass Deutschlands Ruf als sicherer Anlagehafen nicht bis in alle Zeiten gelten müsse.

Der Commerzbank-Ökonom erklärte, er rechne in diesem Jahr nicht damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen anheben werde. Seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum im Jahr 2019 lautet: 1,2 Prozent. Das wäre immerhin etwas mehr als die 1,0 Prozent, auf die die Bundesregierung ihre Erwartung für das laufende Jahr gerade erst zurückgenommen hatte.

Crédit Suisse traut Deutschland dieses Jahr 1,4 Prozent Wachstum zu



Etwas günstiger schätzt Daniel Tochtermann, Immobilienexperte der Crédit Suisse, die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands ein. Er traut der Bundesrepublik in diesem Jahr 1,4 Prozent Wachstum zu. Und das, obwohl er ausdrücklich bestätigt, dass das wirtschaftliche Umfeld derzeit sehr nervös sei, so nervös, dass Prognostiker an ihren eigenen Prognosen zweifelten, wenn sie eine neue Prognose anderer Prognostiker sähen.

Tochtermanns Datenbank zur Preisentwicklung von Büroimmobilien der Premium-Kategorie fördert zutage, dass die Preise an den wichtigsten Standorten Deutschlands, in London, New York, Sydney und Tokio mittlerweile oberhalb des Levels liegen, den sie vor der Finanzkrise 2008/2009 hatten. Seinerzeit galten Immobilien bereits als sehr, sehr teuer. Nun sind sie also noch teurer. Eine Preisblase, über die hierzulande seit vielen Jahren spekuliert wird, ist für ihn zumindest in Deutschland keineswegs ausgemacht. Zwar seien die Preise für viele Immobilien verschiedener Nutzungsarten (Büro, Einzelhandel, Logistik, Wohnen) massiv gestiegen, doch er rechnet auch damit, dass die Zinsen "mittelfristig" steigen werden. Das gilt für Immobilienökonomen als wesentlicher Schritt, der dazu führen werde, dass sich viele Investoren von Immobilien wieder abwenden und ihr Geld anderweitig anlegen, um Rendite zu machen. Das, so die Erwartung, nimmt Druck von den Immobilienmärkten lässt die Preise nicht vollends überhitzen.

Immobilienpreise: Blase oder keine Blase, das ist die Frage



Anders als der Schweizer rechnet Krämer sehr wohl damit, dass in Deutschland eine Immobilienpreisblase entsteht, die in wenigen Jahren platzen könnte. "Das Risiko einer Blase ist real", sagte er auf der Bewerter-Tagung. Krämer begründet seine Sorge damit, dass niedrige Zinsen Geschäfte begünstigten, die in einem normalen Zinsumfeld nicht gemacht würden. Es könnten trotz Wohnungsmangels in den Metropolen also Häuser gebaut werden, die am Ende niemand braucht. Die Folge: Preiseinbrüche.