Für die jährliche Pflichtaufgabe ist ab sofort bis Ende Juli Zeit. Welche neuen Softwareprodukte Kapitalanlegern helfen, alle Sparmöglichkeiten auszuschöpfen. Von Stefan Rullkötter

Die Digitalisierung in Deutschland läuft zu schleppend, bemängeln viele Kritiker. Für Steuererklärungen gilt dieser oft geäußerte Vorwurf nicht. Rund 23 Millionen Steuerzahler haben vergangenes Jahr die fiskalische Pflichtaufgabe bereits elektronisch erledigt. Nur jeder Vierte reicht seine Erklärung noch auf Papier beim Finanzamt ein.

Daran hat das behördliche Steuerportal elster.de großen Anteil. Für die "authentifizierte" Übermittlung der papierlosen Steuererklärung ist lediglich ein kostenloses Elster-Zertifikat zu beantragen. Über "Mein Elster" können Steuerdaten direkt im Browser eingegeben werden.

Alternativ können Steuerpflichtige für die Veranlagungsjahre 2018 und 2019 noch das Programm "ElsterFormular" herunterladen und ihre Deklaration online an den Fiskus senden. Danach wird es nur noch "Mein Elster" geben. Das Portal können Steuerpflichtige auch dafür nutzen, um online Mitteilungen ans Finanzamt zu senden und, falls nötig, später Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen.

Sie können dort ebenfalls schnell und sicher ihre steuerlichen Belege abrufen, ihre aktuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) einsehen oder einen Antrag auf Fristverlängerung stellen. Für die Abgabe der Einkommensteuererklärung ist ab diesem Jahr ohnehin zwei Monate länger Zeit: Neuer regulärer Abgabestichtag ist ab diesem Jahr der 31. Juli.

Mehr als 1000 Euro Erstattung winken

So gut die Finanzverwaltung für das digitale Zeitalter gerüstet scheint - kon- krete Steuerspartipps dürfen Bürger auch künftig nicht von ihr erwarten. Fakt ist aber, dass sie die Formulare in vielen Fällen nicht optimal ausfüllen - oder aus Bequemlichkeit gleich ganz auf die Abgabe der Steuererklärung verzichten. Dadurch verbleiben geschätzt 500 Millionen Euro der im Jahr 2018 gezahlten Abgaben "unverdient" in den öffentlichen Kassen.

Gute Gründe, sich von digitalen Helfern durch die Steuererklärung führen zu lassen. Mit jedem Bescheid gab es vergangenes Jahr im Schnitt 974 Euro zurück. Wer kommerzielle Steuerprogramme für die Erklärung nutzt, kann sich in der Regel über 100 weitere Euro Erstattung vom Finanzamt freuen. Damit amortisieren sich die erforderlichen Ausgaben für die Software, die ihrerseits steuerlich absetzbar sind, in den meisten Fällen locker.

Welche neuen Programme speziell Kapitalanlegern die besten Steuerspartipps und den höchsten Bearbeitungskomfort beim Erstellen der Erklärung bieten, hat BÖRSE ONLINE in einem Produkttest ermittelt (Einzelheiten siehe Kasten unten).

Für den Check wurde die Qualität der individuellen Steuertipps (40 Prozent) am stärksten gewichtet. Der Nutzerkomfort bei der Führung durch die Steuerformulare und beim Einpflegen der Daten wurde mit 30 Prozent bewertet. Die Qualität des in der Regel elektronischen Handbuchs, die sachliche Richtigkeit der Berechnung und die elektronische Hilfe beim Datenabgleich mit dem späteren Steuerbescheid plus das Einlegen von Einsprüchen flossen mit je zehn Prozent ein.

Das Gesamtergebnis 2019: Die besten Softwareprodukte für diese Zielgruppe sind "WISO steuer:Sparbuch", "SteuerSparErklärung" und "Tax". Aber auch "Taxman", "QuickSteuer" und "STEUER- easy" können Investoren als virtuelle Steuerhelfer wertvolle Dienste leisten.

Neuerungen bei der Anlage KAP

Besonderes Augenmerk lag darauf, dass Nutzer beim Ausfüllen des Formulars "Anlage KAP" (Kapitaleinkünfte) optimal unterstützt werden. Diese wird ab dem Veranlagungsjahr 2018 um zwei zusätzliche Bestandteile ergänzt. Wer Fondsanteile im Depot hat, auf deren Erträge 2018 noch keine Abgeltungsteuer gezahlt wurde, muss diese Erträge in der neuen Anlage KAP-INV angeben. Diese Neuerung betrifft vor allem Kapitalanleger, die ihre Investmentfondsanteile bei auslän- dischen Depotbanken verwahren lassen.

Die Anlage KAP-BET ist von Anlegern auszufüllen, die an einer Personengesellschaft oder einer Erbengemeinschaft beteiligt sind, die im letzten Jahr Kapitalerträge ausgeschüttet hat.

Möglichst verständlich und effizient auf das jeweilige Formularfeld bezogen sollten Ratschläge des virtuellen Steuerhelfers nicht nur für die Anlage KAP sein, sondern auch bei den übrigen Pflichtformularen - etwa auf die vom Fiskus akzeptierten Pauschalbeträge ohne Beleg oder individuelle Steuergestaltungsmöglichkeiten, zum Beispiel bei Mietverträgen mit Angehörigen. "Kein Schnickschnack" ist eine gute Guideline für die Anbieter - zu viele Optionen verwirren Anwender.

Im Idealfall werden Nutzer so bequem durch die Steuererklärung geführt, dass sie den lästigen Formularmodus gar nicht mehr bemerken. Sie sollten keine oder nur wenige Daten von Hand eingeben müssen, sondern diese nur per Klick bestätigen. Eine Anzeige des zwischenzeitlich erreichten Erstattungsbetrags ist Standard.

Bei der sachlich korrekten Verarbeitung der Daten gibt es erfahrungsgemäß keine Beanstandungen. Die Steuerprogramme von Akademischer AG und Haufe Lexware haben ohnehin den gleichen Rechenkern.

Sofern das Finanzamt Gestaltungen oder Abzugsbeträge nicht akzeptiert, sollten Nutzer auch beim Datenabgleich von Erklärung und Bescheid optimal unterstützt werden. Gleiches gilt beim Einlegen von Einsprüchen - und das mit möglichst individuell angepassten Musterschreiben.

"Automatische" Erklärung als Ideal

Buhl Data, mit den Reihen "WISO Steuer" und "Tax" Marktführer in Deutschland, verfolgt weiterhin das hehre Ziel, seinen Kunden durch intelligente Schnittstellen das Suchen und Abtippen von Daten zu ersparen. Sie sollen ihre Angaben künftig nur noch per Mausklick oder per Bildschirmberührung bestätigen.

So soll ein Unterprogramm, das auf Girokontoumsätze zugreifen kann, steuerlich relevante Buchungen automatisch erkennen - und ordnet diese direkt den richtigen Feldern der Steuererklärung zu. "Mit der Deutschen Bank und einer Reihe von Sparkassen haben wir diesbezüglich bereits direkte Kooperationen etabliert - viele weitere Institute werden noch folgen", sagt Peter Schmitz, Geschäftsführer von Buhl Tax Service.

Auch Hersteller Haufe Lexware, der seine etablierten Marken Taxman und Quicksteuer nur als CD und zum Download anbietet, setzt im Onlinebereich auf die Zusammenarbeit mit einem namhaften Geldinstitut: Kunden der ING, Deutschlands größte Direktbank, können ihre Stammdaten direkt an das Haufe-Fintech Smartsteuer übermitteln. "Die Steuererklärung können sie so bequem vorausfüllen lassen", erklärt SmartsteuerChef Björn Waide.

Die Akademische Arbeitsgemeinschaft bietet ihr Flaggschiffprodukt "SteuerSparErklärung" ebenfalls nicht in einer Onlineversion an und setzt bei den Interneterklärungen auf die relativ junge Marke "STEUEReasy". Dabei gibt es für die Zielgruppe von Auszubildenden, Berufseinsteigern und Studenten ein Gratisangebot. "Wer nicht älter als 28 Jahre ist und weniger als 25 000 Euro im Jahr verdient, kann über das Portal Steuer-Helden eine spezielle Version der Steuer-SparErklärung kostenlos nutzen", sagt Roman Schmidt, Entwicklungschef bei der Akademischen AG.

Dahinter steckt ein aus Anbietersicht nachvollziehbares Kalkül: Wer sich als Nutzer einmal für ein Steuersoftware-Produkt entschieden hat, bleibt ihm oft während des gesamten Berufslebens treu - und häufig auch im späteren Ruhestand.

Neue Anbieter drängen auf den Markt

Zudem ist der Markt für Steuersoft- ware dank der weiter steigenden Zahl von Beschäftigungsverhältnissen in Deutsch- land - aktuell rund 45 Millionen - ein -äußerst lukrativer Wachstumsmarkt. Nicht verwunderlich, dass die Datev, klarer Marktführer für Steuerberatungssoftware in Deutschland, weiterhin damit liebäugelt, ihr bisher auf Firmenkunden beschränktes Produktangebot auf Privatpersonen auszuweiten - möglicherweise auch in Kooperation mit einem in diesem Kundensegment bereits etablierten Steuersoftwareanbieter.

Naheliegend ist auch, dass Start-up-Firmen die steigende Nachfrage nach virtuellen Steuerhelfern als Markt für sich entdecken. Im Zentrum ihrer Geschäftsideen steht das Smartphone, auf das sich Steuer-Apps einfach herunterladen lassen.

Die in den vergangenen zwei Jahren neu auf den Markt gekommenen Anwendungen sind bislang aber noch keine ernsthafte Konkurrenz für langjährig eingeführte Steuersoftware. "Diese Apps können bisher nur äußerst einfach liegende Steuerfälle zufriedenstellend bearbeiten", meint etwa Forium-Geschäftsführer Felix Bodeewes, dessen Firma Pionier für Online-Steuererklärungen in Deutschland war. Für Kapitalanleger und Selbstständige seien sie sogar gänzlich ungeeignet, weil ihnen inhaltliche Tiefe fehle und Steuersparmöglichkeiten nicht mit der notwendigen Präzision ausgeschöpft würden.

Wer seine Steuererklärung mit einer App erledigt, sollte zudem vor dem Ab- senden ans Finanzamt nochmals genau hinsehen: Für alle fehlerhaft übermittelten Angaben haftet hier regelmäßig der App-Nutzer - und nicht der Anbieter. Wer sich dennoch für eine Steuer-App entscheidet, sollte stets sicherstellen, dass die Anwendungen seine Daten ver- schlüsselt übertragen und die Apps nur über einen deutschen Server - und ausdrücklich nicht über das Ausland - betrieben werden.