Andre Schmöller kommt gleich zur Sache. "Wer eine sichere Geldanlage will, kauft sich eine Wohnung in München", sagt der Geschäftsführer des bundesweit aktiven Wohnungsprivatisierers Domicil Real Estate. "Das ist wie eine deutsche Staatsanleihe, nur ohne Negativzins." Zwar seien Wohnungen in der bayerischen Landeshauptstadt teuer, aber immerhin sei dort kein Wertverlust zu befürchten. Diese Sicherheit werde obendrein mit jährlich 1,75 bis 2,75 Prozent Mietrendite verzinst. Nichts zum Reichwerden, aber in Krisenzeiten geht es für viele Anleger, die etwa an der Börse Geld verloren haben, primär um Werterhalt.

Dieser kann hierzulande mit Eigentumswohnungen nicht nur in München gelingen, sondern auch an vielen anderen Standorten. Michael Voigtländer, Professor und Immobilienexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW), sieht insbesondere in Teilen Ostdeutschlands großes Potenzial für steigende Mieten und Preise - mithin also für hohe Anlagesicherheit. Konkret nennt er das Berliner Umland (Havelland, Teltow-Fläming), das mittlere Thüringen (zum Beispiel die Räume Erfurt und Jena) sowie Westsachsen (unter anderem Leipzig und Chemnitz). Voigtländers Argument für diese Regionen: "Dort sind die Immobilienpreise noch nicht so stark gestiegen wie die Löhne." Mieten und Preise hätten dort also noch Luft nach oben. Zudem verfügten die Standorte über einen guten Branchenmix. Das schütze sie vor negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie.

Vorsicht in Süddeutschland. In zahlreichen Gegenden Süddeutschlands sei das anders. Dort schlage die Krise im Tourismus und in Teilen der Industrie (Maschinenbau, Automobil) vielerorts besonders stark durch. Zudem sind dort die Mieten laut IW-Analyse vielerorts stärker gestiegen als die Löhne. "Das Rückschlagpotenzial ist dort also größer als in weiten Teilen West-, Nord- und Ostdeutschlands", sagt Voigtländer. Zumindest müssten Kapitalanleger im Süden eher mit stagnierenden Mieten rechnen.

Der Immobilienexperte rät generell dazu, vor dem Gang zum Notar zu prüfen, ob es an dem betreffenden Ort eine langfristig stabile Nachfrage nach Wohnungen und die Aussicht auf steigende Mieten gibt. Grundsätzlich hält Voigtländer den deutschen Wohnungsmarkt für vergleichsweise krisenfest. Es gebe keine Überbewertungen. Daher sei auch nicht mit Preiseinbrüchen zu rechnen. 2020 erwartet er im bundesweiten Mittel nunmehr "eine rote Null". Die Wohnungspreise würden im Schnitt also nahezu stagnieren. "Sobald die Wirtschaft anzieht, wird es eher wieder Preissteigerungen geben."

Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum, hält sich mit Prognosen zur Entwicklung der Wohnungspreise in Deutschland lieber noch zurück. "Wir wissen doch gar nicht, wie stark sich Corona auf die Wirtschaft noch auswirken wird", sagt er. Kapitalanlegern, die sich vor der Pandemie für den Kauf einer Wohnung interessierten, rät er, ihr Vorhaben einfach weiterzuverfolgen. Eines seiner Corona-resistenten Argumente: "Wohnimmobilien bieten relativ gute Renditen."

Zu den Optimisten aus der Perspektive von Wohnungsvermietern gehört auch der Maklerverband IVD. Er erwartet 2020 für Bestandswohnungen Mietsteigerungen von durchschnittlich 2,5 bis drei Prozent (2019: plus 3,1 Prozent). Die Kaufpreise werden dieses Jahr laut IVD im Schnitt um vier bis fünf Prozent steigen. 2019 waren es noch plus 8,3 Prozent. Der Verband argumentiert: "Die Nachfrage nach Wohnraum wird nach der Corona-Krise besonders in den Großstädten das Angebot weiterhin übersteigen." Allein in den 77 deutschen Städten ab 100000 Einwohnern fehlten 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen.


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Auf nach Kiel und Hannover. Das wissen auch die Experten des Analysehauses Empirica. Sie erwarten dennoch erst ab Ende 2021 wieder steigende oder zumindest stagnierende Preise. Davor gehe es im Schnitt bergab. "Wir rechnen in den kommenden Monaten mit einer Delle bei den Kaufpreisen, die bei minus zehn bis minus 25 Prozent liegen dürfte", schreiben die Berliner in ihrem Bericht zum Wohnungspreis-Ranking für das erste Quartal 2020. "Je stärker und je länger die Rezession, desto schärfer der Preiseffekt."

Die Einbrüche bei Preisen und Mieten wollen sich bislang jedoch noch nicht einstellen. Das Vermittlungsportal Immowelt berichtet, bei Wohnungsangeboten in Großstädten, die bis Ende April auf immowelt.?de eingestellt wurden, seien zumeist merklich höhere Mieten verlangt worden als Ende 2019. Das Hamburger Analysehaus F + B stellte ebenfalls bis Ende April im Wesentlichen stabile Wohnungspreise fest und spricht von einer frappierenden Konstanz.

Geschäftsführer Schmöller, dessen Domicil 2019 im Einzelverkauf 650 Wohnungen vor allem an Privatpersonen veräußerte, gibt Kapitalanlegern noch ein paar Tipps. Thema Größe: "Eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 70 oder 75 Quadratmetern wird immer gehen", sagt er. Er selbst rät zu Bestandswohnungen, weil sie für Mieter nicht so teuer seien. Also gebe es potenziell mehr Nutzer dafür. So etwas schützt vor Leerstand.

"Ich bin Anhänger des schönen, langweiligen Durchschnitts", erklärt Schmöller. Der Standort Hannover sei das beste Beispiel dafür. "Selbst wenn die Welt den Bach runtergeht, kriegt man da für eine Bestandswohnung sieben oder acht Euro Miete pro Quadratmeter", sagt er. Und das bei Quadratmeterkaufpreisen im Bestand von 2500 bis 3500 Euro. Auch Kiel sei so ein Standort, mit dem er Sicherheit verbindet. Die drückt sich in Mietrenditen von drei bis 3,75 Prozent aus.

Zu Schmöllers Standorttipps gehören zudem Offenbach, Leipzig und Aachen. Auch beim merklich teureren Stuttgart hätte er keine Bauchschmerzen, wie er betont. Trotz der möglicherweise erhöhten Betroffenheit der Schwabenmetropole durch die Corona-Krise, Stichwort: Automobilindustrie. "Die ist dort ja nicht so dominant wie in Wolfsburg oder Ingolstadt." Von solchen Standorten würde er derzeit eher abraten, wenn es eine sichere Geldanlage sein soll.