Kaufen & Halten galt lange als einfaches Erfolgsrezept. Doch die extreme Tech-Dominanz im S&P 500 macht die Strategie riskanter – und zwingt Anleger zum Umdenken.

Warren Buffetts berühmtes Rezept klang lange nach der ultimativen Börsenweisheit: Günstig in einen breiten Index investieren, die Anteile einfach liegen lassen – und Jahrzehnte später mit satten Gewinnen aufwachen. „Set it and forget it“, wie er es selbst nannte. 

Wer in den vergangenen 40 Jahren den S&P 500 kaufte und durchhielt, wurde tatsächlich reich belohnt: Historisch erzielte der US-Leitindex rund 10 Prozent Rendite pro Jahr und steigerte dabei den Wert seit 1985 um das 36-fache. Doch inzwischen mehren sich die Stimmen, die vor blinden Buy-&-Hold-Strategien warnen.

Ein Index auf Rekordhoch – und doch in Schieflage

Erst vergangene Woche erreichte der S&P 500 ein neues Allzeithoch von 6.764 Punkten und liegt trotz des Kursrutsches am vergangenen Sonntag um wieder seit Jahresbeginn um 13 Prozent vorne. Auf dem Papier könnte die Welt der Indexanleger kaum besser sein. Doch hinter der glänzenden Fassade steckt eine gefährliche Schieflage. 

Der Grund: Nie zuvor war die Marktmacht weniger Konzerne so groß. Die „Magnificent Seven“ – Nvidia, Microsoft, Apple, Alphabet, Amazon, Meta und Tesla – bestimmen die Kursentwicklung des Index inzwischen nahezu im Alleingang. Was einst ein breit gestreuter Querschnitt der US-Wirtschaft war, ist heute ein Tech-getriebener Performance-Turbo. Diese Konzentration macht den Index anfälliger für Rückschläge – und stellt damit das Fundament klassischer Buy-&-Hold-Strategien infrage.

„Der S&P 500 ist kaputt“ – warum Experten warnen

Michael DeMassa, Finanzplaner und CFA-Analyst, erklärt gegenüber CNBC etwa: „Der S&P 500 ist kaputt“.  Was er meint: Die Diversifikation, die einst der Kern des Erfolgsrezepts war, existiert faktisch kaum noch. Ein Index, dessen Kursentwicklung zu mehr als 30 Prozent von sieben Tech-Giganten abhängt, ist im Kern kein sicherer Hafen mehr – sondern ein Sektorplay mit beeindruckender Marktkapitalisierung.

Kommt es zu einem breiten Abschwung im Tech-Sektor, etwa durch das Platzen der KI-Blase, neue Regulierungen oder geopolitische Schocks, könnte der gesamte Index massiv unter Druck geraten. Schon einmal hat der S&P 500 bewiesen, wie brutal Rücksetzer sein können: Zwischen 2000 und 2008 verlor er über 30 Prozent an Wert, während Tech-Titel teilweise um mehr als 70 Prozent einbrachen. Allein während der großen Finanzkrise 2008/09 gab brach der S&P 500 um mehr als 45 Prozent ein. Für Anleger kurz vor dem Ruhestand wäre ein solcher Einbruch heute fataler als je zuvor.

Das stille Risiko der Zeit

Die Anlagestrategie "Buy & Hold" funktioniert hervorragend – wenn man Zeit hat. Wer 20, 30 oder 40 Jahre vor sich hat, kann selbst lange Durststrecken an den Märkten aussitzen. Doch nicht alle Anleger verfügen über diesen langen Atem. Wer sich etwa in der Entnahmephase befindet oder kurz vor dem Ruhestand steht, ist deutlich verwundbarer. Ein Crash zu Beginn dieser Phase kann die finanzielle Planung dauerhaft erschüttern – ein Phänomen, das in der Finanzwissenschaft als Sequence of Returns Risk bekannt ist.

Gleichzeitig verändern sich die Märkte selbst: Der Index ist zunehmend technologielastig, die Bewertungsniveaus vieler Schwergewichte historisch hoch. Buy & Hold ist damit kein risikoloses Allheilmittel mehr, sondern erfordert heute ein aktiveres Risikomanagement.

Neue Zeiten, neue Strategien: Wie Anleger sich absichern können

Das bedeutet nicht, dass Indexfonds überflüssig geworden sind. Aber sie sollten nicht mehr allein das Rückgrat eines Portfolios bilden. Viele Vermögensverwalter raten inzwischen zu strategischer Diversifikation, um Klumpenrisiken zu vermeiden. Dazu gehören unter anderem:

• Breitere Aktienmärkte: Ein Total-Market-ETF bildet nicht nur Large Caps, sondern auch Mid- und Small Caps ab und reduziert damit die Abhängigkeit von einzelnen Mega-Caps.

• Andere Anlageklassen: Staats- und Unternehmensanleihen, inflationsgeschützte Wertpapiere oder Festgeldprodukte stabilisieren das Portfolio in Abwärtsphasen.

• Real Assets: Immobilien oder REITs, Rohstoffe wie Gold oder Infrastrukturinvestments können als Absicherung dienen.

• Internationale Streuung: Wer über US-Grenzen hinaus diversifiziert, reduziert das Risiko, ausschließlich vom Schicksal des US-Tech-Sektors abhängig zu sein.

• Dividendenaktien: Sie liefern nicht nur laufende Erträge, sondern können auch als Stabilisator in volatilen Phasen wirken.


Buy & Hold lebt – aber es muss erwachsener werden

Warren Buffetts Rat aus dem Jahr 2008 war für seine Zeit brillant – und bleibt im Kern nicht falsch. Aber die Welt, in der dieser Rat entstand, ist nicht mehr dieselbe. Die Märkte sind konzentrierter, volatiler und techniklastiger geworden. 

Wer heute langfristig erfolgreich investieren will, darf Buy & Hold nicht als passives Dogma begreifen, sondern als Teil einer intelligenten, flexiblen Anlagestrategie. Das bedeutet: regelmäßig prüfen, wie sich Indexgewichte verändern, Klumpenrisiken abbauen – und bewusst andere Anlageklassen integrieren. 

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Übrigens: Investieren wie die Milliardäre? BÖRSE ONLINE hat einen Index entwickelt, der die Top-5-Positionen aus den Portfolios der Börsenlegenden Warren Buffett, Bill Gates, Bill Ackman und Ken Fisher vereint.

Infront S&P 500 (WKN: A0AET0)

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