Wer sich nicht nur allein um sein Geld kümmern will, geht zum Institut seines Vertrauens. Welches Geldhaus das auch verdient. Von Bernhard Bomke, Euro am Sonntag

Als die Finanzaufsicht Bafin im Dezember 2021 meldete, sie sei mit Testkunden bei Banken auf Defizite in der Anlageberatung gestoßen, entlockte das manchem Leser nur ein müdes Lächeln. Zugleich fiel die Nachricht aus mehreren Gründen auf. Zum einen, weil die Aufseher vorher noch nie Testkunden losgeschickt hatten. Sie durften das tatsächlich nicht. Erst das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG), das Mitte 2021 in Kraft trat, eröffnete diese Möglichkeit. Die Bafin will diese Form der Qualitätsprüfung künftig häufiger anwenden.

Die Meldung der Aufsicht fiel zum Zweiten deswegen auf, weil die Defizite bei der Anlageberatung nicht wirklich neu sind, auch wenn die Bafin erklärte, "einen ersten direkten und authentischen Blick auf die Marktrealität" geworfen zu haben. €uro am Sonntag trifft bereits seit zehn Jahren auf eklatante Beratungsmängel, wenn wir Testkunden in Bankfilialen schicken.

Bleibt noch drittens: Die Bafin schickte 36 Testkunden los. Bei unserem diesjährigen Test (dazu später mehr) sind es mit genau 70 fast doppelt so viele. Und ja, sie fanden bei ihren Gesprächen in den Bankfilialen viel Licht, aber auch Schatten.

Noch einmal zurück zum Check durch die Finanzaufsicht. Zwölf der 36 Mystery Shopper, wie Marktforscher Testkunden gerne nennen, stellten schwerwiegende Beratungsmängel fest. Konkret: In fünf Fällen fehlte die Geeignetheitserklärung, die vorgeschrieben ist, sobald es bei einer Anlageberatung um Wertpapiere geht. Bei vier Gesprächen wurden keine Kosteninformationen ausgehändigt. Auch die sind gesetzlich vorgeschrieben. Bei drei Tests fehlten gleich beide Dokumente.

Die Mängel betrafen sowohl Privatbanken als auch Sparkassen und Volksbanken. Besonders viele Beanstandungen gab es bei Testkunden im Seniorenalter. Hier fehlten bei jedem zweiten Gespräch vorgeschriebene Unterlagen. In den Altersgruppen darunter fiel nur jedes vierte Gespräch negativ auf.

Bafin will "genauer hinsehen"

Die hohe Mangelquote bei Älteren alarmiert Christian Bock, den Leiter der Abteilung Verbraucherschutz bei der Bafin. "In den höheren Altersgruppen kommen verschiedene Einzelrisiken zusammen. Das macht Ältere zu einer besonders verwundbaren Kundengruppe", sagt er. "Eine Häufung von Auffälligkeiten war also zu befürchten, und die Daten bestätigen das." Für ihn ein klares Zeichen "dafür, dass wir künftig bei der Anlageberatung noch genauer hinsehen müssen".

€uro am Sonntag hat bereits genauer hingesehen und zum elften Mal die Qualität der Banken bei der Anlageberatung getestet. Wir beauftragten erneut das Deutsche Kundeninstitut (DKI) damit, die konkrete Beratung ebenso unter die Lupe zu nehmen wie die von den Bankern gegebenen Anlageempfehlungen und den Kundenservice (siehe "So wurde gewertet"). Das Institut schickte besagte 70 Mystery Shopper los, die sich bei Gesprächen mit Bankberatern als Sparer mit ganz unterschiedlichen Risikoneigungen ausgaben - von konservativ über renditeorientiert bis offensiv. Die Idee dahinter: Wir wollten wissen, ob die Berater individuell stimmige Empfehlungen geben oder Anleger jeden Typs die immer gleichen Produkte andienten.

Diesmal prüften wir 13 Banken, darunter sieben überregionale und sechs regionale Institute. Der Test umfasste etwa 440 Kundenkontakte, und die Geldhäuser wurden hinsichtlich 250 Einzelkriterien bewertet.

Testsieger: Deutsche Bank

Diesmal schaffte es die Deutsche Bank auf den ersten Platz. Sie war im vergangenen Jahr noch Zweiter - und verwies nun mit der Sparda-Bank West und der Frankfurter Volksbank zwei regionale Institute auf die Plätze 2 und 3. Die drei Banken erreichten die Bestnote "sehr gut +". Beruhigend aus der Sicht von Anlegern: Keine Bank wurde beim Test mit auffallend schlechten Noten nach unten durchgereicht. Für die drei Tabellenletzten Commerzbank, Leipziger Volksbank und Santander reichte es immerhin noch zu einem "befriedigend". Der Vorjahressieger Volksbank Köln Bonn war beim Test diesmal nicht dabei.

Die Deutsche Bank überzeugte in der Beratung unter anderem damit, dass die Tester dort in allen Gesprächen ausführlich nach ihrer Risikobereitschaft gefragt wurden. Das ist längst nicht bei jeder Bank so. In jedem sechsten Gespräch vermissten die Mystery Shopper, ausführlich zu ihrer Risikoneigung befragt worden zu sein. Positiv: In allen 70 Gesprächen wurde das Thema Risikobereitschaft immerhin überhaupt irgendwie angesprochen.

Zu den Pluspunkten der Deutschen Bank gehörten auch diese: In fünf von sechs Gesprächen wurden die Tester nach Beruf, Einkommen, Schulden und bisherigen Erfahrungen mit Geldanlagen gefragt. In ebenfalls fünf Gesprächen gab es verständliche oder gar sehr verständliche Risikohinweise. Insbesondere die Frage nach etwaigen Schulden entpuppte sich im Test als keineswegs selbstverständlich. Nur jeder zweite Bankberater kam auf die Idee, sich danach zu erkundigen. Das heißt, 35 hätten den Anlegern Aktien, ETFs, Anleihen, Rentenfonds oder Bausparverträge empfohlen, ohne zu wissen, ob ihr Gegenüber gerade mehr oder weniger dick in den Miesen steckt. Alarmierend.

Tester loben Kompetenz der Berater

Eher schwach fiel auch der Eindruck beim Ermitteln der Vermögenslage der Kunden aus. Diese erfolgte nur in zwei von drei Gesprächen vollständig. In jedem zehnten Gespräch fiel dazu kein einziges Wort. Und: Wie beim Check der Bafin fiel auch bei unserem Test ein gewisser Grad von Schludrigkeit beim Ausstellen von Geeignetheitserklärungen auf. In 27 Prozent der Gespräche, bei denen die Berater zu Wertpapieren rieten, gab es keine solche Erklärung.

Bei anderen Aspekten stießen wir jedoch auf sehr viel Positives. So wurden alle Kunden zumindest teilweise nach ihren Erfahrungen mit Geldanlagen gefragt. In 67 der 70 Gespräche erhielten die Kunden eine konkrete Anlageempfehlung. Und: 96 Prozent der Mystery Shopper bewerteten die fachliche Kompetenz der Berater mit den Noten 1 oder 2. Drei Viertel der Tester würden Geld bei der Bank ihres Beraters anlegen. Das sind starke Werte.

In der Kategorie "Anlageempfehlungen" spreizte sich das Feld der getesteten Banken deutlich breiter. Die Deutsche Bank empfahl den Musterkunden die passendsten Produkte. Der Ausgabeaufschlag und die Verwaltungsvergütung lagen bei den vom Testsieger empfohlenen Anlagen unterm Durchschnitt. Die laufenden Kosten übertrafen den Schnitt hingegen leicht. Am anderen Tabellenende landeten die Commerzbank und die Leipziger Volksbank. Im Schnitt aller Empfehlungen kamen beide Institute auf die Note "mangelhaft". Das lag unter anderem daran, dass sie jeweils einen Tester ohne verbindliche Produktempfehlung nach Hause schickten. Irritierend daran: Wegen genau solcher Empfehlungen gehen Anleger zum Berater. Bei der Betrachtung von Empfehlungen und Beratung zusammen kamen beide Häuser in jeweils einer Risikoklasse sogar nur zu einem "ungenügend". Das muss man erst mal schaffen.

Generell fiel im Test einmal mehr auf, "dass Interessenten mit unterschiedlichen Anlagezielen häufig die gleichen Produkte angeboten wurden", kritisiert DKI-Geschäftsführer Jörn Hüsgen. So bekamen Anleger aller drei definierten Risikoklassen bei der BBBank die Produktlinie "BBBank Vermögensverwaltung" (Investmentfonds und ETFs) angeboten, die Commerzbank empfahl fast jedem, der da kam, den Dachfonds "VermögensManagement (Balance/Chance/Wachstum)", und bei den Empfehlungen der Deutschen Bank führte kein Weg am Mischfonds "Deutsche Bank Best Allocation" vorbei. Immerhin: Abhängig von der Risikoneigung der Kunden wurden die empfohlenen Produkte unterschiedlich gewichtet.

Ausgabeaufschlag steigt und steigt

Bei den Kosten der empfohlenen Produkte weist der Pfeil immer weiter nach oben. Im Schnitt waren 3,92 Prozent Ausgabeaufschlag fällig. Zum Vergleich: Beim Test 2018 lag dieser Wert noch bei 2,94 Prozent. Die Targobank-Empfehlungen hatten mit 3,23 Prozent den im Schnitt niedrigsten Ausgabeaufschlag. Bei der Postbank lag er im Mittel bei 4,87 Prozent und somit am höchsten.

Große Unterschiede gab es auch bei den Verwaltungsvergütungen der empfohlenen Produkte. Sie lagen bei der Deutschen Bank, der Hypovereinsbank, der Berliner Sparkasse und der Hamburger Sparkasse mit durchschnittlich null Prozent am niedrigsten. Besonders hoch waren sie bei den Empfehlungen der Commerzbank (1,71 Prozent).

Noch ein Blick auf den Kundenservice. 84 Prozent der 130 Testanrufe wurden von den Banken entgegengenommen. Ausreißer nach unten war hier die Sparda-Bank München. Da ging nur bei jedem zweiten Anruf jemand ans Telefon. Die freundlichsten und hilfsbereitesten Hotline-Mitarbeiter fanden die Tester bei der Frankfurter Volksbank. Die meiste Kompetenz bot die BBBank.Auffällig: Die Kompetenz der Hotline- Mitarbeiter der Sparda-Bank West wur- de auf einer Notenskala von eins bis fünf im Schnitt nur mit 3,7 bewertet.

Wer sich per E-Mail an die Banken wandte, bekam mit einer Wahrscheinlichkeit von 77 Prozent eine Rückmeldung. Davon wiederum enthielt jedoch nur gut die Hälfe eine zumindest teilweise Antwort auf die gestellten Fragen. Die Bank Santander, im gesamten Test Tabellenletzter, schoss dabei den Vogel ab. Sie reagierte nur auf eine von zehn Mails. Immerhin fiel die Antwort besonders freundlich aus. Das wiederum floss positiv in die Wertung ein.
 


Die besten Anlageempfehlungen für drei Anlegertypen

Was tun mit meinem Geld? Anhand der drei Kundenprofile defensiv, renditeorientiert und offensiv checkte das Deutsche Kundeninstitut für €uro am Sonntag die Qualität der Anlageberatung. Zudem prüften wir, wie zielgenau die Anlageempfehlungen zur Risikobereitschaft der Kunden passten. Beim defensiven Anlagetyp wurden die Hamburger Sparkasse und die Leipziger Volksbank nicht getestet.

 


 


So wurde gewertet

Die Güteklasse von 13 Banken bei der Anlageberatung prüfte das Deutsche Kundeninstitut (DKI) im Auftrag von €uro am Sonntag vor allem mithilfe anonymer Testkunden. Die traten als Anleger mit Risikoneigungen von defensiv über renditeorientiert bis offensiv auf. Die Einzelauswertungen je Kundenprofil, bei denen die Qualität der Beratungsgespräche und der Anlageempfehlungen im Mittelpunkt stehen, finden Sie ganz unten.

In die Gesamtwertung (siehe Tabelle unten) gingen die Bewertungen für alle Beratungs- gespräche, die Anlageempfehlungen und für den Kundenservice ein. Kam ein Anbieter in einer Kategorie auf mehr als 100 Punkte, geht das auf Bonuspunkte zurück.

Beratungsqualität (Gewicht: 40 Prozent): Hier wurde unter anderem geprüft, wie gründlich die Berater das Kundenprofil und insbesondere die Risikoneigung ergründeten. Zudem wurden die Güte der bereitgestellten Informationen sowie die Zuverlässigkeit bei der Terminvereinbarung bewertet. Anlageempfehlungen (40 Prozent): In dieser Kategorie checkten die Tester, ob die Empfehlungen zum Kunden passten und wie hoch die Gebühren (Ausgabeaufschlag, Gesamtkosten) sind.

Kundenservice (20 Prozent): Hier ging es um die Informations- und Servicequalität bei Anfragen via E-Mail und Telefon, den Webauftritt und die Social-Media-Präsenz.