Nach der größten Bankenpleite seit der Finanzkrise 2008 müssen die Währungshüter den Kurs neu bestimmen. Doch wie stark erhöht die EZB die Zinsen am Donnerstag? Und was bedeutet das alles für die Commerzbank-Aktie?

Der Zusammenbruch der US-Bank SVB und die Turbulenzen an den Finanzmärkten stellen die Währungshüter in Europa und den USA bei ihren Sitzungen an diesem Donnerstag (EZB) und am 22. März (Fed) vor neue Herausforderungen. Die Kernfrage: Müssen sie bei ihren Zinsanhebungen einen moderateren Kurs einschlagen, um die Risiken in den Bankbilanzen nicht noch weiter zu vergrößern. Viele Banken halten Staatsanleihen, deren Kurse eben wegen dieses Zinsanstiegs stark eingebrochen sind. Dass diese potenziellen Verluste ein enormes Gefahrenpotenzial für die Finanzmärkte darstellen, hat der Kollaps der SVB gezeigt. Doch die Notenbanken müssen auch darauf achten, ihren Antiinflationskurs nicht aus den Augen zu verlieren, auf dem die Fed allerdings weiter vorangeschritten ist als die EZB.

Dieser Zielkonflikt wird auch die morgige Sitzung der EZB unter Leitung von Notenbankchefin Christine Lagarde beherrschen. Bislang gingen Beobachter von einem weiteren Zinsschritt von 0,5 Prozentpunkten aus. Mit diesen Zinsanhebungen versucht die EZB seit Monaten, die aus der Ruder gelaufene Inflation wieder einzudämmen. Doch angesichts der zugespitzten Situation bei den Banken gingen zuletzt einige Volkswirte davon aus, dass eine Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte ins Auge gefasst werden könnte.  Doch die Währungshüter der EZB sollen laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters einem Insider zufolge trotz der jüngsten Turbulenzen dazu tendieren, auf ihrer Sitzung am geplanten großen Zinsschritt festzuhalten. Denn die EZB gehe weiter davon aus, dass die Inflation auch über 2023 hinaus hoch bleiben werde. Zwar gehe sie von ingesamt etwas abklingenden Teuerungsraten aus. Doch die Prognosen für die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert sind, seien weiter nach oben korrigiert worden. 

EZB verrät: Wo lauern jetzt die Risiken?

Mittlerweile haben sich die Aktienmärkte zwar wieder etwas gefangen. Die Risiken in den Bankbilanzen sind aber keineswegs verschwunden. „Die Frage, wo es noch weitere Klumpenrisiken im Bankensektor gibt, ist für die Märkte keineswegs beantwortet“, sagt beispielsweise Börsenexperte Folker Hellmeyer im Interview mit dem Anlegermagazin Börse Online (Erscheinungstag 16. März). Vor diesem Hintergrund wird die EZB wohl auch eine Einschätzung zur Lage der Banken in Europa abgeben.

EZB-Chefin Christine Lagarde hatte erst vor einer Woche noch einmal bekräftigt, dass sie an der signalisierten Anhebung von 0,5 Prozentpunkten festhalten wolle – doch das war vor dem SVB-Kollaps. Eine Rolle für die Entscheidung wird auch spielen, inwieweit sich die Börsen bis Donnerstag wieder beruhigt haben.

Unterdessen glaubt die deutsche Finanzaufsicht Bafin, dass die deutschen Geldhäuser den Zinsanstieg gut verkraftet haben und es auch keine Ansteckungsrisiken durch den SVB-Kollaps gibt, wie Bafin-Präsident Mark Bransen heute der „FAZ“ sagte. Die seit der Finanzkrise 2008 verschärften Eigenkapital- und Liquiditätsvorgaben hätten da sehr geholfen, sagte Branson.

Europäische Banken: Sprengfallen und Sippenhaft

Dabei sind gerade die Aktienkurse europäischer Banken nach der SVP-Pleite stark eingebrochen – die Commerzbank beispielsweise um satte 16 Prozent am Montag. Die Märkte befürchten Dominoeffekte wie bei der Finanzkrise 2008.

Als besonders gefährdet gelten europäische Banken, die ein besonders starkes US-Geschäft haben oder in der Startup-Finanzierung tätig sind. Das würde bedeuten: In Deutschland könnte die Deutsche Bank tendenziell stärker gefährdet sein, weil sie als Investmentbank in den USA stark vertreten ist.

Dagegen wäre die Commerzbank weniger gefährdet, weil sie nicht in den USA ist, nicht im Investmentbanking tätig ist und generell ein Geschäftsmodell hat, das positiv auf die Zinsanhebungen der Notenbanken reagiert. Für die Commerzbank wäre es deshalb auch positiv, wenn die EZB am Donnerstag an ihrem bisherigen Zinserhöhungskurs festhält.

Als Risikokandidat unter den Banken gilt dagegen auch in diesem Szenario mal wieder die Credit Suisse, aber auch die spanischen Banken, weil gerade diese Institute generell sehr hohe Anleihenquoten haben.

Eine Studie von Kepler empfiehlt weiterhin Commerzbank, die französische Großbank BNP, die niederländiesche KBC und die spanische Großbank Santander als stabile Institute zum Kauf. Die Studie warnt vor Credit Suisse und den spanischen Banken Caixabank und Unicaja

Kepler sieht auch weiterhin ein allgemeines Risiko, dass die SVB das erste Opfer des starken Zinsanstiegs ist, aber nicht das letzte bleiben könnte, was neue Turbulenzen an den Märkten auslösen könnte.

Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank