Die Hauptkryptowährung Bitcoin hängt derzeit weiter am Tropf des Aktienmarkts. Die meisten großen Altcoins haben zuletzt allerdings eine überraschende Stärke gezeigt. Von Gerd Weger 

Vergangene Woche hat sich die Schwankungsbreite beim Bitcoinweiter verengt. Eine solche Phase Volatilität bei geringem Umsatzvolumen deutet auf einen bevorstehenden Ausbruch hin. Ob es dabei nach oben oder unten geht, richtet sich nach der Entwicklung des Aktienmarkts. Auffallend war in der zurückliegenden Woche die starke Performance der meisten großen Altcoins. Drei Viertel der 100 größten Altcoins konnten sich gegenüber dem Bitcoin verbessern.

Dies spiegelt sich auch in der Bitcoin- Dominanz wider. Diese ist zuletzt auf ein Niveau von unter 39 Prozent gefallen und damit auf den tiefsten Stand seit Juni 2018. Anfang 2021 lag sie noch bei knapp 72 Prozent. Die Bitcoin-Dominanz misst den Anteil der Marktkapitalisierung von Bitcoin an der gesamten Kapitalisierung des Kryptomarkts. Es wäre aber falsch, deshalb von einem Bedeutungsverlust des Bitcoin zu sprechen. Denn durch viele neue Coins hat sich der Anteil von Bitcoin am gesamten Markt verwässert.

Außerdem relativiert sich die aktuelle Outperformance aufgrund der vorangegangenen deutlich überproportionalen Kursverluste. So weisen die meisten Altcoins gegen den Bitcoin seit Jahresanfang erhebliche Verluste auf. Ausnahmen sind hier vor allem die Coins von Kryptobörsen wie Bitfinex, FTX, OKX oder Binance, die seit Jahresanfang teilweise sehr deutlich im Plus sind. Außerdem liegen alle Altcoins der Top 100 noch sehr weit unter ihren Höchstständen gegenüber dem Bitcoin, ein beträchtlicher Teil davon mit mehr als 80 oder sogar 90 Prozent.

Altcoin Ethereum vor dem Merge

Ein wesentlicher Treiber der Altcoins ist außerdem die relative Stärke von Ethereum, der zweitgrößten Kryptowährung. Seit den Tiefstständen Mitte Juni konnte sich der Ether um mehr als 60 Prozent im Vergleich zum Bitcoin verbessern. Hier treibt der Merge, der am 15. September stattfindet. Dabei wird der Konsensmechanismus von Proof of Work auf Proof of Stake umgestellt. Der Betrieb des Netzwerks verbraucht dann nur noch ein Tausendstel der bisher benötigten Energie. Durch das wegfallende Mining fällt auch die jährliche Inflationierung von Ether von derzeit 3,9 auf dann 0,45 Prozent. In Anbetracht der grundsätzlich nicht wie bei Bitcoin limitierten Maximalzahl an möglichen Coins hat diese Tatsache im Hinblick auf die Werthaltigkeit keine geringe Relevanz. Klappt der Merge reibungslos, steigt Ether weiter.

Spannend wird das Datum auch wegen einer möglichen Hard Fork bei Ethereum. Eine solche Spaltung in zwei Blockchains wird erwartet, weil eine einflussreiche Miner-Gruppe den alten Konsensmechanismus beibehalten will. Die Gründe sind naheliegend, denn durch die Umstellung wird das teure Miner-Equipment über Nacht wertlos. Jeder Anleger mit einem Ether-Bestand bekäme dann die gleiche Menge des neuen Coins zugeteilt. Deshalb sollten die Anleger ihre Bestände auf eigenen Wallets oder Kryptobörsen liegen haben, die diesen neuen Coin unterstützen. Börsen wie Bitfinex oder Huobi haben das bereits angekündigt. Auch Binance will seinen Nutzern die neuen Coins zuteilen, ohne sich festzulegen, ob oder wann sie gehandelt werden. Bei Bison und der BSDEX ist die Lage unklar, ein Anspruch besteht explizit nicht.

Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 36/2022. Einen Blick ins Heft können Sie hier werfen.

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Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin, Ethereum