Bisweilen ist es schwer, hinter all den Schlagzeilen, die Woche für Woche durch die Medien geistern, die für die Börsenentwicklung relevanten Nachrichten herauszufiltern. Wie wichtig ist das wirklich alles? Handelskonflikte, der Ölpreisanstieg, Italiens gescheiterte Regierungsbildung, Trumps überraschende Ankündigung, vor den November-Wahlen nochmals die Steuern zu senken?

Um das einzuschätzen, muss man etwas tiefer graben. Die Steuerpläne und der Ölpreis beispielsweise sind wichtige Faktoren für die US-Haushalte. Die wiederum sind für zwei Drittel der Wirtschaftsleistung verantwortlich. Wie steht es also um die Konsumenten in der bedeutendsten Volkswirtschaft der Welt? Laut TV-Sender CNN sind 40 Prozent der Amerikaner nicht in der Lage, in einem Notfall 400 Dollar aufzubringen. Das ist besorgniserregend, auch weil sich der Sender auf Daten der US-Notenbank beruft. Außerdem zeigen Auswertungen von Google Trends sowie diverse Stimmungsindikatoren, dass die Konsumausgaben zuletzt nachgelassen haben. Gleichzeitig kann man in den USA aber fast schon von Vollbeschäftigung sprechen. Geht es also schlicht und einfach gar nicht mehr besser? Kann es ab jetzt nur noch bergab gehen?

In der Vergangenheit war es immer so, dass vor einer Rezession die Konsumausgaben deutlich nachließen. Jedoch braucht es gut sechs Monate, um hier eine Trendwende zu erkennen. Und dies ist aktuell nicht der Fall. Allerdings sollten Anleger das Thema im Auge behalten, da vor allem die Autoverkäufe zuletzt deutlich weniger wurden. Gleichzeitig sind aber die Haus- und Wohnungskäufe weiterhin sehr stabil - in den USA werden diese zu den Konsumausgaben gerechnet.

Diese Daten deuten also eigentlich darauf hin, dass im Bereich Konsum alles in Ordnung ist. Warum also die negativen CNN-Schlagzeilen? Und die schlechter werdenden Stimmungsindikatoren? Das Problem scheint bei der Lohnentwicklung in den USA zu liegen. Die hält mit der zunehmenden Beschäftigung nicht mit. Zwar haben die Stundenlöhne in den vergangenen Jahren im Schnitt um jährlich 2,6 Prozent zugelegt, im historischen Vergleich sind sie aber zu niedrig.

Warum das so ist, darüber streiten die Experten. Es könne daran liegen, dass gut bezahlte Angestellte und Arbeiter aus der Babyboomer-Generation in Rente gehen und durch schlechter bezahlte Millennials ersetzt werden. Oder auch daran, dass die Zahl der Jobs zunimmt, für die weniger Qualifikationen erforderlich sind. Nimmt man alle Faktoren zusammen, hat dies dazu geführt, dass die US-Haushaltseinkommen auf dem Niveau der Jahrtausendwende stagnieren.

Den Amerikanern bleiben also nur zwei Möglichkeiten, diese Lücke zu schließen: weniger sparen oder auf Pump kaufen. Letzteres ist dann der größte Risikofaktor. Aber einer, der wohl erst 2019 relevant wird. Je mehr die Zinsen steigen, desto stärker werden die Probleme bei den Konsumenten zunehmen. Aktuell scheinen die Dinge aber noch im grünen Bereich zu sein - das belegen Studien von JP Morgan und Charles Schwab. Da sei sogar noch Luft nach oben.

Doch wie passt die CNN-Schlagzeile da herein? Dass 40 Prozent der Amerikaner Probleme haben, ist schon richtig. Allerdings wurde unterschlagen, dass sich diese Zahl seit Jahren sukzessive verbessert. Vor vier Jahren etwa lag sie noch bei 50 Prozent. So viel zum Thema "Schlagzeilen und ihre Relevanz".

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com