von Dirk Elsner

Die gefühlte Innovationsgeschwindigkeit für die Kontenführung oszillierte seit der Einführung der ersten Onlinekonten über Bildschirmtext vor über 30 Jahren um Null herum. Klar, Banken wie die in München beheimatete Fidor-Bank, zeigen schon lange, wie ein modernes Interface aussehen könnte und haben alle Informationen rund ums Konto in einem Dashboard vereint. Geldüberweisungen können hier sogar seit Jahren per Twitter angestoßen werden, was sich aber bisher in Deutschland selbst bei den digital natives nicht durchgesetzt hat. Auch die oder die Erste Bank in Österreich zeigen sich mittlerweile moderner. Dennoch sind das eher Ausnahmen von der Regel zu sein, denn die meisten Banken gönnen ihren Kunden nur Verbesserungen in homöopathischen Dosen und bieten auch über Smartphones Apps bestenfalls abgespeckte Webversionen.

Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung neuer Financial Technology Anbieter (FinTech), wie Number 26, Avuba, Cringel und Lendstar spannend, die dem Konto und dem eng damit verbundenen Zahlungsverkehr neues Leben einhauchen und eine Menge Spaß machen. Das wird mit unterschiedlichen Konzepten probiert. Ich habe mir für diesen Beitrag Number26 näher angeschaut, nicht zu verwechseln mit numbrs, einer App, mit der die Konten verschiedener Banken verwaltet werden können.

Auf Seite 2: Warum Number26 mit Wirecard kooperiert



Number26 ist nach eigener Aussage angetreten, das Banking mit seinem Angebot eines mobilen Kontos zu verändern. Das erst 2013 gegründete Unternehmen selbst ist keine Bank, sondern rechtlich die Benutzeroberfläche einer dahinter stehenden Bank, nämlich der Wirecard Bank AG, die unter deutscher Finanzaufsicht steht. Mit dieser wird letztlich auch der Vertrag abgeschlossen, wie man aus den AGB erfährt. Auf den ersten Blick mögen manchen Anwender solche Konstruktionen verwirren. Freilich sind solche Verbindungen mittlerweile durchaus üblich. Ein Startup aus dem FinTech-Segment entwickelt eine pfiffige Idee und sucht sich eine Bank, die das regulatorische Dach und das Backoffice für das Startup und natürlich für die Kunden bietet. Die Wirecard AG versteht sich selbst als unabhängiger Anbieter von Outsourcing- und White-Label-Lösungen für den elektronischen Zahlungsverkehr. Andere Banken bieten mittlerweile ebenfalls Partnerschaften für Bankdienstleistungen, wie etwa die Sutorbank in Hamburg.

Kunden können so sicher sein, dass die umfangreichen für Banken geltenden regulatorischen Anforderungen eingehalten werden. Einlagen auf ihren Konten unterliegen bis 100.000 Euro der staatlichen Einlagensicherung. Der eigene Aufbau eines bürokratischen Apparats, der den Anforderungen der deutschen Finanzaufsicht genügt hätte, hätte außerdem zu einer deutlichen Verzögerung und einem wesentlich höheren Investitionsbetrag geführt. Number26 selbst kann sich dagegen bei der gewählten Variante ganz auf seine App und die Kunden konzentrieren.

Auf Seite 3: Wie Nutzer ein Konto eröffnen können



Schon bei der Registrierung merkt man, dass das Team rund um Gründer und CEO Valentin Stalf verstanden hat, wie man eine Kontoeröffnung clever in die digitale Welt transferiert. Ich glaube, einfacher und schneller geht es derzeit nicht. Dazu gehört auch die Identifizierung des Kontoinhabers (Stichwort ist KYC oder Know your Customer) über IDnow per Smartphone oder am PC per Webcam. Ich bin sicher, dass Dienste, die online die Identität der Personen gesetzeskonform prüfen, in einigen Jahren auch zum Standard der Banken gehören werden. Es wurde nämlich Zeit, das verstaubte Postident-Verfahrens, das in der Praxis regelmäßig zu hohen Abbruchraten führen soll, in das digitale Zeitalter zu übertragen.

Zurück zu Number26, das sich derzeit noch in einer Art Probebetrieb befinden. Eine Kontoeröffnung ist nur per Einladung möglich. An einigen Errungenschaften kommt freilich auch Number26 nicht vorbei, wie z.B. an lange Allgemeine Geschäftsbedingungen. Kopiert man diese in ein Word-Dokument, dann kommt man hier auch auf 13 DIN A 4 Seiten. Das ist aber wenig, wenn man etwa die 79 eng bedruckten Seiten der Postbank daneben hält, wobei hier der Umfang auch deswegen höher ist, weil die Bedingungen Leistungen beinhalten, die kaum noch jemand im Privatbereich nutzt, wie etwa analoge Schecks oder die Abholung von Kontoauszugsbriefen aus Schließfächern.

Auf Seite 4: Schneller überweisen



Während man in traditionellen Banken sich offenbar immer noch keine Gedanken macht, wie man das uralte Prinzip der Eingabe von Überweisungsdaten vereinfachen kann (SEPA hat hier keinen Fortschritt gebracht), zeigt Number 26 wie es auch gehen kann per App oder Web. Mit der Funktion Moneybeam kann man Geld an die eigenen Kontakte aus dem Telefonbuch seines Smartphones senden. Diese brauchen dafür kein Konto bei Number 26, sondern die Kontakte erhalten eine SMS oder Mail mit einem Link, in dem der Empfänger seine Kontodaten eintragen kann. Geschieht dies nicht innerhalb von sieben Tagen, wird die Überweisung rückgängig gemacht. Bislang gilt das nur für die Telefonkontakte. Es gibt andere Anbieter, bei denen auch Facebook oder andere Kontakte verwendet werden können.

Bis solche Zahlverfahren zur Begleichung normaler Rechnung eingesetzt werden, werden wir wohl noch etwas warten müssen. Für normale Überweisungen muss man auch bei Number26 die IBAN eingeben. Gewünscht hätte ich mir noch einen Service wie PhotoPay oder Gini, mit dem man einen Überweisungsbeleg abfotografiert, die Daten automatisch überträgt und die Überweisung ausführen kann. Aber so etwas kann ja noch kommen.

Number26 berechnet keine Kontoführungsentgelte. Kurz nach der Kontoeröffnung erhält man eine Prepaid-Kreditkarte, die nur in dem Umfang nutzbar ist, wie Guthaben auf dem Konto ist. Die Karte spricht durchaus das Stilgefühl an, denn als halbdurchsichtige Karte ist sie zumindest in der ersten Zeit ein Hingucker. Barabhebung über die Mastercard sind weltweit kostenlos, wenn die Automaten mit dem Logo von MasterCard ausgezeichnet sind.

Auf Seite 5: Wo noch Verbesserungsbedarf herrscht



Trotz dieser und weiterer pfiffiger Features, wie etwa Benachrichtigungs- und Auswertefunktionen, kann ich nicht allen verbreiteten Jubel begreifen. Techcrunch etwa bezeichnet Number26 als die beste Bankerfahrung in Europa. Verschiedene Autoren beklagten aber bereits, dass die nach der Kontoeröffnung von Number26 gelieferte MasterCard nur als Guthabenkarte funktioniert und nur dort eingesetzt werden kann, wo auch MasterCard akzeptiert wird. Im Klartext bedeutet dies, in vielen Geschäften, in denen die in Deutschland verbreiteten Bankkarten für die Zahlung per ELV (elektronisches Lastschriftverfahren) bzw. Electronic Cash (PIN-Verfahren) akzeptiert wird, kommt man mit Number26 nicht weit. Daneben kann kein Bargeld eingezahlt werden und Überziehungen sind nicht möglich.

Number26 deckt damit längst nicht das übliche Leistungsspektrum eines normalen Girokontos ab. Daher werden wohl in absehbarer Zeit kaum nennenswerte Kundenzahlen dort ihre Hauptbankverbindung hin verlagern. Die angebotenen Funktionen dagegen lassen die Konten und die Apps der meisten Banken ziemlich blass aussehen, obwohl sich dahinter keine Rocketscience verbirgt. Ob das jedoch den an ihren Girokonten klebenden Bankkunden ausreicht, glaube ich derzeit nicht. Number26 kann wegen Einschränkungen vorerst nur als Zweit- oder Drittkonto verwendet werden. Das muss aber kein Nachteil sein, denn gerade in der Anfangsphase erwartet niemand das komplette Leistungsspektrum. Auf jeden Fall hat Number26 hat ein Konto kreiert, das man auch wieder zeigen möchte.

Dirk Elsner arbeitet als Unternehmensberater für die Innovecs GmbH.