Hat man man sich also doch geeinigt im Handelsstreit? Oder haben wir es lediglich mit einem Aufschieben des Problems zu tun? Zusammengesetzt hat man sich jedenfalls: Donald Trump und Delegation sowie sein chinesischer Widerpart Xi Jinping, ebenso mit Delegation. Es war fast nicht zu vermeiden, schließlich waren beide Parteien Teil des G-20-Gipfels in Buenos Aires.

Vereinbart wurde zunächst eine Frist von 90 Tagen, während der "die Waffen" ruhen sollen und weiterverhandelt wird. Die geplante Erhöhung der Strafzölle auf chinesische Exporte in die USA fällt also erst einmal aus. China hat wohl auch zugesagt, dass man selbst deutlich mehr US-Produkte importieren will. Zudem soll über heiße Eisen gesprochen werden, beispielsweise über Urheberrechtsschutz oder Marktbarrieren. Die Börse goutierte die Vereinbarungen mit anfänglich deutlichen Gewinnen, auch die Notierungen an den Rohstoffmärkten legten ordentlich zu. Kommt sie also doch noch, die viel beschworene Jahresendrally?

Das Jahr neigt sich jedenfalls dem Ende zu. Und es wird als ein schwieriges in die Geschichte eingehen. Denn fast alle Anlageklassen werden - sofern sich nichts Dramatisches mehr tut - mit einem Minus dastehen. Lediglich US-Aktien schafften dank des starken Dollar wenigstens für Euroanleger ein Plus. Selbst der Goldpreis konnte sich dem allgemeinen Abwärtssog nicht entziehen.

Ein ähnliches Szenario gab es zuletzt vor zehn Jahren während der Finanzkrise. Damals erzielten allein Staatsanleihen ein Plus. Doch abgesehen von dieser auffälligen Parallele unterscheiden sich die Jahre gewaltig. Denn trotz aller aktuellen Unsicherheiten - Strafzölle, Brexit, Italien-Problematik - sieht es danach aus, als ob auch im kommenden Jahr das Weltwirtschaftswachstum ordentlich zulegen würde. Schwächer zwar als bislang, aber immer noch um knapp unter vier Prozent. "Die derzeitige Marktentwicklung ist vor allem durch Emotionen getrieben, gleichzeitig bereiten sich die Akteure auf das weniger starke Wachstum vor und preisen dies bereits heute ein", kommentiert Sascha Werner, Portfoliomanager beim Luxemburger Geldverwalter Moventum, die Situation.

Die sino-amerikanische Entspannung allein dürfte aber nicht reichen, dass es an den Märkten wieder besser läuft. Gut, immerhin hat sich US-Notenbankchef Jerome Powell zuletzt so geäußert, dass es 2019 eventuell doch weniger als die drei erwarteten Zinsschritte geben könnte. Das würde den Börsen helfen. Und auch von der Europäischen Zentralbank gibt es Signale, dass die geldpolitische Unterstützung für die Märkte - in welcher Form auch immer - wohl auch 2019 weiterlaufen muss. Man wird sehen.

Was die Jahresendrally betrifft, da hängt letztlich nun wohl alles von Großbritannien ab. Wenn das britische Parlament am Sonntag das von der EU abgesegnete Brexit-Programm ratifiziert, dann sind wieder steigende Kurse drin. Auch weil sich die Bewertungen zuletzt wieder normalisiert haben. Nimmt man den DAX als Gradmesser, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis in den zurückliegenden drei Jahren von 22 auf aktuell 12,5 gefallen - im Gegenzug stieg die Dividendenrendite von 2,8 Prozent auf jetzt 3,3 Prozent. Das ist positiv. Stellt sich das britische Parlament jedoch quer und verweigert die Zustimmung, dann werden ziemlich sicher weitere und vermutlich schlimmere Chaostage an den Börsen folgen, als wir es bisher erlebt haben.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com