von Axel Retz

Manche Erkenntnisse sind evident, d. h. sie bedürfen keines besonderen Beweises, um als wahr durchzugehen. Falls Sie ein Beispiel wollen: Als ich meine dreieinhalb Jahre alte Tochter am Wochenende einmal auf den Schultern trug, gelangte sie spontan zu der Einsicht: "Papa, Deine Stirn wird auch immer größer." Das ist echte Evidenz.

In der Philosophie ist die Sache schon weniger klar, in der Politik noch viel weniger und an der Börse fast überhaupt nicht. So ist ganz und gar nicht erkennbar, warum sich die Märkte, die über Jahre hinweg schlechte Wirtschaftsdatenwegen der mit ihnen verbandelten Aussichten auf weitere geldpolitische Segnungen als gut interpretiert haben, nun auf einmal über gute Zahlen freuen sollten. Schon einmal gar nicht in den USA, wo das Quantitative Easing nun ausgelaufen ist und die Federal Reserve im kommenden Jahr die Leitzinsschraube ein wenig anzuziehen gedenkt. Aber: Da die Börsen und die Vernunft einander weitgehend aus dem Wege zu gehen versuchen, sollte Sie nichts überraschen. Auch dieser Chart nicht:



Quelle: www. kapitalschutz-brief.de

Zum Oktober-Monatsultimo ist der S&P 500 aus dem gewaltigen charttechnischen "Megaphon" nach oben ausgebrochen. Das sieht einfach mal bullish aus. Auf den ersten Blick zumindest. Die Umsätze dieses Ausbruchs lassen jedoch mehr als nur vorsichtige Zweifel daran aufkommen, wie nachhaltig dieses Signal sein wird. Aber nicht nur sie. Sehen wir uns noch rasch drei weitere Charts an:



Quelle: www.private-profits.de

Wie Sie wissen, schätze ich als langfristigen Marktindikator für die Wall Street vor allem die Nachfrage nach Börsenkrediten in den USA. Wenn Sie bei Google die beiden Suchworte "NYSE" und "Margin Debt" eingeben, können Sie sich hier immer auf dem Laufenden halten.

Die Börsenkredite haben das neue Hoch des Dow Jones und des S&P 500 nicht bestätigt. Das ist das Eine. Viel interessanter ist allerdings, dass die Zeitspanne zwischen den letzten beiden Hochs dieses Indikators (dem veritable Kurseinbrüche folgten) am Wochenende erneut durchschritten wurde. Auch wer wie ich kein Zyklenfanatiker ist, sollte ein Auge darauf halten. Schon allein, weil wir nicht wissen, ob und wer diesen Zyklen gerne folgt und sie so zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen macht.



Quelle: www. shadowstats.com

Auf Seite 2: US-Arbeitsmarkt im Fokus



Die Oktober-Arbeitsmarktdaten der USA werden zwar erst am Freitag veröffentlicht. Aber sie sind wertlos, was auch alle großen Adressen natürlich wissen. Die Frage hier ist nur, wann der erste dieser Big Player auf die Verkaufstaste drückt. Der Arbeitsmarkt der USA befindet sich in ähnlicher Verfassung wie der Spaniens oder Griechenlands. Ach ja: Die nun "abgeschlossene" Rettung Athens hat sich erstaunlicherweise doch noch mal verzögert, weswegen noch mal eine Schippe nachgelegt werden muss. Surprise, surprise!



Quelle: markt-daten.de

Der ist doch auch cool, oder? Die US-Notenbank hat sich seit 2007 erheblich mehr Beine ausgerissen als sie überhaupt hatte, um zumindest den ursprünglichen Brandherd der Finanzkrise, den US-Immobilienmarkt, wieder abzulöschen. Das Ergebnis sehen Sie hier: Die Verkäufe neuer Eigenheime haben sich bis Ende September (neuere Daten stehen noch aus) grade einmal bis auf das Niveau früherer Rezessionstiefs erholt.

Jeder darf ja glauben, was er will. Bei uns zumindest. Aber ob das nun wirklich der neue Aufschwung in den USA sein muss, das müssen Sie selbst entscheiden.

Auf Seite 3: Facebook: Aktie der Blindgänger



Facebook: Aktie der Blindgänger

Nein, nein. Ich will nicht schon wieder über die Smartphones meckern. Wer so ein Ding braucht, um sich im Leben so halbwegs zurecht zu finden oder das zumindest zu glauben, für den ist das Neueste zweifellos auch immer das Beste. Die heutigen Blindgänger, die dahin schleichenden )urfer in unseren Städten mit ihrem Blick auf ihre neuen High-End-Geräte sind indes keineswegs das, was mir Hoffnung macht.



Quelle: www.private-profits.de

Den digital Lobotomierten kann und wird es herzlich egal sein, ob und wann Facebook "absäuft". Mir nicht. Achten Sie im abgebildeten Wochenchart einfach darauf, bis die Zuckerberg-Aktie auf Basis des Freitagsschlusskurses unter 72 US$ fällt. Party-Time! Dann aber bitte auch nie vergessen, dass Sie jede Position mit engem Stopp absichern. Für mich ist Facebook der derzeit heißeste Abwärtskandidat.

Auf Seite 4: Salzgitter: Gefundenes Fressen



Salzgitter: Gefundenes Fressen

Nicht jeder mag Charttechnik. Muss ja auch nicht so sein. Kommt meist eh erst später als früher. Salzgitter erscheint mir als unter anderem auch bekennenden Charttechniker aber sehr bemerkenswert:



Quelle: www.private-profits.de

Gibt es Gewinngarantien an der Börse? Nein. Natürlich nicht. Aber meine gefühlten zwanzigtausend Jahre Börsenerfahrung sagen mir, dass diese Aktie unter 23 Euro und erst recht unterhalb ihres letzten Tiefs so etwas wie eine Traumgelegenheit ist für alle, die wissen, wie man einen Put kauft. Warten wir es ab!

Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt die Portale www.private-profits.de und www.moneyversum.de .