Da ist sie, die Korrektur. Sie war längst überfällig, hatten doch die Kursverläufe vieler Aktien schon parabelartige Formen angenommen, vor allem im Techbereich. Ebenso sind die Bewertungen etwas aus dem Ruder gelaufen. Außerdem waren die volkswirtschaftlichen Risiken in den zurückliegenden Tagen wegen der Coronavirus-Epidemie in China deutlich gestiegen. Bisher war das aber alles mehr oder weniger ignoriert worden. Vielleicht auch, weil das Epizentrum der Krise weit entfernt von den Börsen in Europa und den USA lag und liegt.

Die drastischen Maßnahmen der italienischen Regierung und das Ausrufen der höchsten Alarmstufe in Südkorea haben die Wahrnehmung aber nun anscheinend verändert. Dass ganze Regionen in Westeuropa abgeriegelt und Züge an innereuropäischen Grenzen gestoppt werden, zeigt spätestens jetzt, wie global das Problem tatsächlich ist. Man hat es nun quasi vor der Haustüre. Gut also, wer - wie in den zurückliegenden Wochen explizit von BÖRSE ONLINE empfohlen - die Cashquote ausgebaut und die Positionen am Aktienmarkt reduziert hat.

So schnell kann es also gehen mit dem Stimmungsumschwung. Warnsignale hatte es dabei durchaus einige gegeben: die Dollar-Stärke etwa oder auch die schwachen Notierungen im Bereich Schwellenländer- und Hochzinsanleihen. Die bisherige - und ohnehin ungesunde - Euphorie an den Märkten ist durch den Kursrutsch jedenfalls erst einmal verschwunden. Statt "Risk on", heißt es jetzt "Risk off", also "Risiko reduzieren".

Von einem Extrem ins andere


Trotzdem sollte man jetzt nicht den Fehler machen und von einem Extrem ins andere fallen. Nach wie vor lässt sich seriös nicht sagen, wie stark das Coronavirus die Weltwirtschaft belasten wird. Klar ist aber auch, dass es sie zur Unzeit trifft. Denn rund läuft diese schon länger nicht mehr. Dass jetzt ein Unternehmen wie der Techriese Apple seine Umsatzprognose einkassiert und bis mindestens April keine neue wagen möchte, ist ein Warnsignal. Problematisch ist zum einen, dass die Belieferung mit Vorprodukten aus China Schwierigkeiten bereitet und zum anderen gleichzeitig die Nachfrage in der Volksrepublik nachlässt. Und man kann sicher sein, dass Apple kein Einzelfall ist. Zu viele Unternehmen hängen von China ab, sei es als Lieferant, als Produzent oder als Konsument.

Vor diesem Hintergrund kann man fast sicher sein, dass die Politik und die Notenbanken stabilisierend eingreifen werden. So haben bereits die Volksrepublik China, Südkorea, Singapur und Hongkong etliche Maßnahmen zur Stabilisierung ergriffen. Japan hat bereits Ende des vergangenen Jahres unabhängig von der Coronavirus-­Problematik ein Konjunkturpaket beschlossen. Bleiben die Notenbanken: Bisher gab es hier ohnehin kaum Anzeichen für eine restriktive Politik. Ganz im Gegenteil. Und so wird es auch bleiben. Wenn die Weltwirtschaft größeren Schaden nimmt, dürfte es hier noch mehr Aktionismus geben. Am billigen Geld wird es nicht fehlen.

Geduld ist jetzt gefragt


Als Anleger empfiehlt es sich, weiter vorsichtig zu bleiben. Man muss jetzt nicht die Notbremse ziehen und alles an Aktien verkaufen, was das Depot hergibt. Doch wer in den zurückliegenden Tagen Cash aufgebaut hat, hat sicherlich gut daran getan. In den kommenden Wochen und Monaten wird es sicher gute Gelegenheiten für das eine oder andere günstige Invest­ment geben. Doch auch hier ist Geduld angebracht.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com