Die Bullen laufen weiter: Es scheint, als ob an einer weiteren Erholung der Börsen kein Weg vorbeiführt. Dieses Mal kommen positive Nachrichten aus China: Die dortigen Staatsmedien heizen den Aufschwung an. Wichtiger denn je sei die Förderung eines gesunden Bullenmarktes, heißt es in einem von der Regierung lancierten Leitartikel in einer großen chinesischen Zeitung. Die Indizes schossen daraufhin in die Höhe. Suchanfragen von dortigen Privatanlegern für die Eröffnung von Depots explodierten förmlich. Vor allem an den Festlandsmärkten zogen die Kurse kräftig an.

Lage droht zu eskalieren


Doch sollte dieser Hype nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation in Fernost angespannt bleibt. So warnte die chinesische Regierung zuletzt die USA, Großbritannien und Australien davor, das jüngst verabschiedete Hongkonger Sicherheitsgesetz weiterhin zu kritisieren. Dieses richtet sich unter anderem gegen Aktivisten, die sich gegen etwaige Freiheitsbeschränkungen in der chinesischen Sonderverwaltungszone wehren könnten.

Hunderte Demonstranten wurden seit dem Gesetzesbeschluss bislang festgenommen. Der britische Premierminister Boris Johnson stellte den Bewohnern Hongkongs bereits eine Einbürgerung in Aussicht. Rund ein Drittel der Bevölkerung - knapp drei Millionen Menschen - besitzt einen "British National Overseas"-Pass oder kann ihn beantragen. Bis zu sechs Monate dürfen sich Inhaber aktuell in Großbritannien aufhalten. China könnte aber versuchen, eine Flucht zu verhindern.

Vor allem die Rolle der USA wird entscheidend sein, wie es an den Märkten weitergeht. Eskaliert der Streit, könnte das die Börsen empfindlich treffen. US-Präsident Trump kündigte bereits Maßnahmen gegen das verabschiedete Gesetz an. Doch hielt er sich in den vergangenen Tagen wieder etwas zurück. Dafür lehnte sich der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden aus dem Fenster und bezeichnete die Vorgehensweise der chinesischen Regierung als einen Todesstoß für die Freiheiten, die es bislang für die Menschen in Hongkong gab.

Doch warum klettern die Börsen in Fernost trotz dieser Querelen nach oben? Marktteilnehmer vermuten, dass es vor allem an massiven Stützungskäufen durch Staatsfonds und Banken liegt. Und so ist es, wie es in den vergangenen Wochen immer war: Die Börse rennt nach kurzem Verschnaufen von einem Zwischenhoch zum nächsten. Ganz egal, wie es um realwirtschaftliche Belange steht. Aktuell ist es so, dass das Quantitative Easing, also der direkte Ankauf von Wertpapieren durch Zentralbanken, alles überschattet und die Märkte mit Geld geflutet werden. Viele Investoren haben Angst, den Aufschwung zu verpassen.

Abzulesen ist dieser Trend wohl am besten an der Technologiebörse Nasdaq. Diese sprintet von einem Allzeithoch zum nächsten. Am Montag kletterte das Barometer auf 10 621 Punkte. Seit dem Tief Mitte März beträgt das Plus mehr als 50 Prozent. Gemessen an den Volumina der gehandelten Aktien stehen Altbekannte ganz oben: Apple, Alphabet, Microsoft oder Tesla strotzen nur so vor Kraft. Doch immer, wenn man glaubt, dass es nur in eine Richtung geht, kommt es anders, als man denkt. Es schadet aktuell sicher nicht, etwas Geld aus den überhitzten Märkten zu nehmen und auf einen Kursrutsch zu warten, um wieder einzusteigen.