Trotz des frostigen Wetters in Deutschland mit entsprechend erhöhtem Gas-Verbrauch sind die Gaspreise heute auf den niedrigsten Stand seit fünf Monaten gefallen. Der aktuelle Stand der Gasspeicher macht zudem auch für die kommenden Wochen Hoffnung. Derweil bleibt Russland auf großen Gas-Beständen sitzen.

Die europäischen Erdgas-Preise sind trotz des jüngsten Kälteeinbruchs am Dienstag zeitweilig unter die 30-Euro-Marke gefallen. Der für Deutschland maßgebliche Terminkontrakt TTF notierte am Morgen im Tief bei 29,38 Euro pro Megawattstunde und damit auf den niedrigsten Stand seit dem 4. August.

Gaspreis an Terminbörse: Natural Gas EU Dutch TTF Future (in Euro pro MWh)
Chart: TradingEconomics.com
Gaspreis an Terminbörse: Natural Gas EU Dutch TTF Future (in Euro pro MWh)

Russland fördert viel weniger Gas

Grund für den Preisrückgang sind die Reserven, die sich in einer stabilen Lage befinden. Die Gasspeicher in der Europäischen Union, einschließlich Deutschland, Frankreich und Italien, sind derzeit zwischen 80 und 84 Prozent gefüllt. Gleichzeitig ist die Gesamtnachfrage nach Erdgas schwach und ist 2023 unter dem Niveau vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine geblieben.

Russlands Gasexporte sind seit dem Beginn des Krieges stark eingebrochen. Gingen 2021 noch 185 Milliarden Kubikmeter Erdgas an europäische Länder und an die Türkei, lieferte Gazprom 2022 nur noch 100 Milliarden Kubikmeter. Experten zufolge dürfte der Gas-Export 2023 um weitere 50 Prozent zurückgegangen sein. Das berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" Ende Dezember.

Die geringeren Exportmengen wirken sich auch auf die Erdgas-Förderung aus. Das staatlich kontrollierte Unternehmen Gazprom hat demnach in der ersten Jahreshälfte 2023 knapp 25 Prozent weniger Gas gefördert als im selben Zeitraum des Vorjahres.

Versorgungslage stabil

Die Versorgungslage mit Erdgas hat sich hierzulande stabilisiert. Statt des russischen Erdgases gibt es verstärkte Importe von Flüssig-Erdgas aus anderen Ländern. Dies wurde auch durch den Bau von LNG-Terminals an der deutschen Küste möglich.

Jüngste Sorgen um wichtige Schifffahrtrouten durch das Rote Meer ließen die Preise für Erdgas nicht stark steigen. In den vergangenen Wochen waren allerdings die Ölpreise mehrfach gestiegen, nachdem Huthi-Rebellen aus dem Jemen Handelsschiffe angegriffen hatten und Reedereien lange Umwege in Kauf genommen hatten.

Derzeit sind die Erdgasspeicher in Deutschland reichlich gefüllt. Der Füllstand der Gasspeicher liegt aktuell mit knapp 84 Prozent etwa 14 Prozentpunkte über dem Mittel der Jahre 2017 bis 2021 (siehe Grafik unten). Bis Anfang Februar wolle man die 80-Prozent-Marke verteidigen.

Füllstand deutscher Gasspeicher
Grafik: NDR Data; Quelle: agsi.gie.eu
Füllstand deutscher Gasspeicher

Wohl keine Mangellage

Zum Ende des Winters wird ein Füllstand-Tiefpunkt von 54 Prozent erwartet, "was unproblematisch mit Blick auf die Versorgungssicherheit in Deutschland ist", sagte der Geschäftsführer des Branchenverbands Initiative Energien Speichern (Ines) Sebastian Heinermann. Damit sollte auch die gesetzliche Füllstandsvorgabe von 40 Prozent im Februar keine Herausforderung darstellen. Selbst im Szenario eines sehr kalten Winters wie 2010 wären die Speicher Mitte März 2024 immer noch zu 14 Prozent gefüllt, so die Prognose des Verbands.

Der Gas-Spar-Appell der Bundesregierung vor dem Winter 2022/2023 wirkt offenbar noch nach. In den vergangenen Monaten lag der Gasverbrauch in Deutschland fast immer unter dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021. Wie viel Gas die Industrie wöchentlich verbraucht, zeigt die folgende Grafik.

Gasverbrauch Industrie – monatliche Veränderungen
Quelle: Trading Hub Europe (THE), Bundesnetzagentur
Gasverbrauch Industrie – monatliche Veränderungen

Heizung runter?

Auch die Bundesnetzagentur sieht den Gasverbrauch in Deutschland zur Mitte der Heizperiode entspannt. "Die Bundesnetzagentur ruft nicht dazu auf, kälter zu duschen oder die Heizung runterzudrehen. Das kann jeder Verbraucher für sich selbst entscheiden", sagte Behördenpräsident Klaus Müller. Es werde für die Verbraucher wegen der steigenden Mehrwertsteuer auf Gas und des höheren CO2-Preises zwar etwas teurer, eine Gasheizung zu nutzen. "Aber man gefährdet nicht die Gasversorgung, wenn man jeden Raum so beheizt wie das Wohnzimmer."

Verbraucherpreise gefallen

Trotz der Entspannung am Gasmarkt bleiben die Preise auf einem erhöhten Niveau. Zum Vergleich: In den Jahren zuvor kostete eine Megawattstunde Gas hierzulande lediglich zwischen 10 und 20 Euro. Der Preis liegt am Terminmarkt also trotz aktuellem Rückgang immer noch etwa 50 Prozent höher. 

Für Verbraucher kostet eine Kilowattstunde Gas laut Daten von Verivox derzeit im Mittel 8 Cent. Das gilt allerdings nur für Neukunden (Datenstand: 16.01.2024). Die Preise für Bestandskunden und Kunden in der Grundversorgung können davon abweichen. Damit zahlt ein Musterhaushalt (20.000 kWh Nutzenergie pro Jahr) aktuell etwa 1.600 Euro pro Jahr für Gas. Vor drei Monaten kostete die Kilowattstunde noch etwa 10 Cent. Ein Vergleich der Gaspreise mit folgendem Versorgerwechsel kann gegebenenfalls viel Geld sparen.

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