Die Highways in den USA sind voll. Anfang April übertraf die Fahraktivität erstmals seit Pandemiebeginn das Niveau von 2019. Im Sommer wird wegen der Urlaubszeit der Verkehr noch zunehmen. Auch in Europa wird Reisen durch die Impffortschritte wieder möglich. Der Flugverkehr wird wachsen, die weltwirtschaftliche Konjunktur sich im zweiten Halbjahr erholen.

Das alles spricht für eine deutlich höhere Nachfrage nach Öl. Es droht ein Angebotsdefizit. Die OPEC will zwar ihre Produktionskürzungen zurücknehmen und bis Juli 1,1 Millionen Barrel pro Tag mehr produzieren; zudem plant Saudi-Arabien, seine seit Februar gültigen freiwilligen Förderlimitierungen von einer Million Barrel täglich aufgeben. Allerdings wird das zusätzliche Öl wohl kaum ausreichen, um die Nachfrage zu decken, da die Lagerbestände derzeit niedrig sind. Daher rechnet die Commerzbank im vierten Quartal mit einem Angebotsdefizit von zwei Millionen Barrel täglich. Für diesen Zeitraum schätzt die Internationale Energieagentur den globalen Ölverbrauch auf fast 100 Millionen Barrel pro Tag, sechs Millionen Barrel mehr als zu Jahresbeginn.

Die logische Folge wäre ein Preisanstieg von Öl. Es gibt aber Unwägbarkeiten wie etwa die aktuelle Corona-Welle in Indien. Ein Lockdown dort würde den globalen Bedarf an dem Rohstoff senken, da der Subkontinent ein wichtiger Ölimporteur ist.

Auch der Iran könnte Druck auf den Preis ausüben. Die durch Sanktionen massiv eingebrochene Ölproduktion wurde dort zuletzt wieder kräftig hochgeschraubt. Mutmaßlicher Käufer eines großen Teils ist China. Auslöser ist die Hoffnung auf die Aufhebung der US-Sanktionen, da Präsident Joe Biden das Atomabkommen wiederbeleben will.

"Der Iran will damit offenbar austesten, ob Biden die Sanktionen seines Vorgängers durchsetzt", meint Carsten Fritsch, Rohstoffexperte der Commerzbank. Er glaubt aber nicht an einen schnellen Fortschritt der Verhandlungen zwischen Iran und USA, da im Iran im Juni Präsidentschaftswahlen sind.

Amtsinhaber Hassan Rohani tritt nicht mehr an. Bis der neue Präsident eine Regierung gebildet hat und es zu Gesprächen mit den USA kommt, dürften Monate vergehen. "Eine Aufhebung der US-Sanktionen und die Rückkehr der iranischen Ölexporte auf das Niveau von Frühjahr 2018 von etwa 2,5 Millionen Barrel täglich ist daher 2021 eher unwahrscheinlich", meint Fritsch.

Mittelfristig spricht trotz dieser Risikofaktoren jedoch mehr für einen weiteren Anstieg des Ölpreises als dagegen. Auch kurzfristig könnte das Wiederauf- flammen geopolitischer Konflikte wie aktuell in Palästina oder Afghanistan Öl rasch teurer machen. Hinzu kommt, dass nach einer Cyberattacke auf die für die Belieferung der US-Ostküste wichtigste Pipeline dort nun Stillstand herrscht. Zöge sich dieser länger hin, würden die USA viel Benzin aus Europa benötigen, was ebenfalls einen preissteigernden Effekt auf Öl hätte.

Mit dem Mini-Long-Zertifikat der HSBC (ISIN: DE 000 TT3 03A 5) auf Brent-Öl setzen Anleger mit Hebel 2,0 darauf. Die Barriere bei 35,3 Dollar liegt 48 Prozent unter dem aktuellen Brent-Preis.