Während viele Anleger noch darüber grübeln, ob die USA oder Europa in eine Rezession rutscht und wie sich die China-Schwäche auswirkt, hält sich der Goldpreis beachtlich stabil. Die 1900-Dollar-Marke konnte bislang gehalten werden. Ein Experte ist zuversichtlich, dass es noch in diesem Jahr wieder aufwärts geht mit Gold.

Der Goldpreis ist am gestrigen Dienstag erstmals seit Ende Juni wieder zeitweise unter die runde 1900-Dollar-Marke gerutscht. Der Preis für eine Feinunze (31,1 Gramm) fiel an der Rohstoff-Börse in London zeitweise bis auf gut 1896 Dollar. Der Goldpreis erholte sich jedoch rasch wieder und schwankt am Mittwoch um 1905 Dollar. 

Am Dienstag-Nachmittag hatten starke Einzelhandelsumsätze aus den USA die Erwartung weiter steigender Leitzinsen geschürt. Zeitgleich wurde gemeldet, dass die Einfuhrpreise in den USA im Juni zwar im Jahresvergleich weiter gesunken sind, aber nicht so stark wie erwartet.

Steigende Zinsen belasten tendenziell Gold-Anlagen, da diese keine Zinsen abwerfen. Derzeit würden sowohl Verkäufe von Gold-ETFs als auch von spekulativen Anlegern die Preise belasten, schrieben die Experten der Commerzbank. Auch bei anderen Edelmetallen seien die spekulativen Anleger auf dem Rückzug.

Der Goldpreis befindet sich schon seit Mai auf dem Rückzug. Damals hatte die Feinunze Gold noch 2062 Dollar gekostet und sich den Rekordhöhen bei gut 2070 Dollar aus März 2022 genähert.

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10-Monats-Chart Gold (Feinunze in US-Dollar, Spotmarkt)

Experte verweist auf Notenbank-Käufe

Hält die kleine Unterstützung in den kommenden Tagen nicht, könnte der Goldpreis rein charttechnisch betrachtet bis etwa 1860 Dollar weiter abrutschen. Dort verläuft die untere Parallele zur Abwärtstrendlinie.

Experte Willem Middelkoop bleibt jedoch zuversichtlich für Gold gestimmt. In einem Interview mit Kitco News sagte der Gründer des Commodity Discovery Fund, dass die Goldnachfrage der Zentralbanken die Goldpreise weiterhin stützen und in den kommenden Wochen sogar in die Höhe treiben wird. Allein im Juli habe zum Beispiel China 23 Tonnen Gold gekauft, seit Jahresanfang mittlerweile mehr als 100 Tonnen.

"Wenn man Gold kauft, ist das ein direktes Votum gegen den US-Dollar", sagte Middelkoop. "China sendet eine Botschaft ans Weiße Haus, dass es das globale Finanzsystem, das durch den US-Dollar gestützt wird, nicht unterstützt."

Es sei schwierig, aus fundamentaler Sicht nicht bullish für den Goldpreis zu sein. Allerdings regiert kurzfristig die Technik und diese suggeriert, dass Gold durchaus noch Abwärtspotenzial hat, bevor eine Trendwende eingeläutet werden kann.

US-Dollar verliert an Rückhalt

Middelkoop verwiest auf die jüngste Volatilität am US-Anleihemarkt, da die Renditen 10-jähriger Anleihen bei über vier Prozent liegen. Die Anleger verlieren seiner Meinung nach allmählich das Vertrauen in den US-Dollar. "Der Anleihenmarkt hat immer Recht. Es erzählt die Geschichte, dass das System zusammenbricht", sagte er. "Die USA haben ein Problem, das sie offensichtlich nie lösen werden. Eine wachsende Zahl von Nationen unterstützt das Dollar-System nicht mehr, und ich denke, dass es der Regierung deshalb schwer fallen wird, genügend Käufer für US-Schätze zu finden. Wir könnten sehen, dass die Fed bald eingreift, und das wird für Gold interessant sein." 

Middelkoop sagte, die Anleger sähen weiterhin Anzeichen dafür, dass der globale Anleihenmarkt unter der Last der wachsenden Defizite zusammenbreche. Im vergangenen Oktober erlebte bereits der britische Anleihenmarkt eine Vertrauenskrise der Anleger, nachdem die seinerzeit neu ernannte Premierministerin Liz Truss ein Mini-Budget veröffentlicht hatte, das die größten Steuersenkungen des Landes seit 50 Jahren vorsah.

Warnsignale vom Anleihenmarkt

Vor zwei Wochen kam es zu einem neuen Riss, nachdem die Rendite seiner 10-jährigen Anleihen in Japan auf ein Neun-Jahres-Hoch gestiegen war. "Wir sehen einen Zusammenbruch am Anleihenmarkt. Irgendetwas stimmt nicht", sagte er. "Gold reagiert vielleicht nicht sofort auf diese Warnsignale, aber es wird irgendwann reagieren."

In diesem Umfeld sagte Middelkoop, dass er der kurzfristigen Preisentwicklung von Gold nicht viel Aufmerksamkeit schenkt, da der Markt weiterhin von langfristigen Fundamentaldaten gut unterstützt wird. Er fügte hinzu, dass die Rolle von Gold als monetäres Metall gerade erst begonnen hat, sich aufzubauen, da der Trend zur Entdollarisierung an Dynamik gewinnt.

Fazit: Langfristig bleibt Gold aussichtsreich. Sparer sollten einen Teil ihres Anlage-Portfolio mit Gold (und Silber) bestücken.