Auch im Edelmetallhandel dreht sich alles um die US-Notenbank. Derzeit bewegt nur eine Frage die Märkte: Wann nimmt sie den Fuß vom Gas? Was Anleger jetzt vom Goldpreis erwarten können. Von Markus Bussler 

Die Fed hält mit ihrem Zinsentscheid wieder einmal das Schicksal der Märkte in der Hand. Dabei hatten sich Investoren im Vorfeld eigentlich schon festgelegt: 84 Prozent der Befragten gingen kurz vor dem Zinsentscheid von einer Anhebung um 75 Basispunkte aus, nur eine Minderheit rechnete mit einem Sprung um 100 Basispunkte nach oben. Die Einschätzung erwies sich als richtig.

In der nächsten Sitzung Anfang November sollen es dann noch einmal 75 Basispunkte sein. Das sind Zahlen, die vor einigen Monaten noch unvorstellbar gewesen sind. Dass bei diesen Aussichten der Dollar einmal mehr der große Gewinner ist, dürfte nicht überraschen. Aktienmärkte und der Goldpreis hinge- gen stehen weiter unter Druck. Und alle erhoffen sich Antwort auf die eine Frage: Wann nimmt die Notenbank den Fuß vom Zinsgas?

Arbeitsmarkt und Wirtschaft belasten Gold

Während bei den Unternehmen mittlerweile die Angst vor einer harten Landung und einer langen Rezession umgeht, kämpft die Notenbank weiter unvermindert gegen die Inflation. Und sie hat vor allem ein Argument, auf das sie sich bei ihren Zinsanhebungen stützen kann: der Arbeitsmarkt. Der bleibt in den USA nach wie vor stark.

Mittlerweile kämpft die Notenbank schon gegen den starken Arbeitsmarkt, da man die Lohn-Preis-Spirale so niedrig wie möglich halten möchte, um die Inlation nicht weiter zu befeuern. Sollte also der Arbeitsmarkt einknicken, dann dürfte auch die Fed zurückrudern.

Allerdings ist eine Prognose des US-Arbeitsmarkts alles andere als einfach. Oder anders ausgedrückt: Es verwundert, wie stark der Arbeitsmarkt sich nach wie vor präsentiert. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt in den USA bereits im ersten und im zweiten Quartal geschrumpft ist, sieht es auch für das dritte Quartal alles andere als rosig aus.

Der GDP Now Indikator der Atlanta Fed, der die Wirtschaftsentwicklung in Realtime misst, befindet sich im freien Fall. Aktuell zeigt er für das dritte Quartal ein mickriges Wachstum von 0,3 Prozent, noch Ende August lag das prognostizierte Wachstum der US-Wirtschaft bei 2,7 Prozent. Das dritte Quartal 2022 könnte also das dritte Quartal in Folge mit einer schrumpfenden Wirtschaft werden. Der Arbeitsmarkt ist ein nachlaufender Indikator — erst schrumpft die Wirtschaft, dann bekommen Unternehmen Probleme, dann folgen Entlassungen. Sollte die Wirtschaft weiter schwächeln, ist es eher eine Frage des „Wann“ denn des „ob“ der Arbeitsmarkt einknickt.

Aktuell haben die Bären beim Goldpreis die Oberhand gewonnen. Doch sollte die Fed Anzeichen geben, die Geschwindigkeit der Zinsanhebungen zu drosseln, dann dürften die Bullen wieder Mut schöpfen.

Dieser Artikel erschien zuerst in Euro am Sonntag 38/2022, einem Schwestermagazin von BÖRSE ONLINE. Einen Einblick ins Heft erhalten Sie hier.