In dieser Krise hat das Edelmetall Anleger enttäuscht und bewiesen, dass es keinesfalls ein unkorreliertes Asset ist. Doch stellt sich die Frage, wie weit es bei Gold noch nach unten gehen kann?  Oder befindet sich der Preis schon so weit am Boden, dass sich ein Einstieg wieder lohnt? Von Johann Werther

Gold zahlt keine Zinsen

Seit der großen Notenbanktagung von Jackson-Hole wissen wir, dass der FED-Put für Gold und den Kapitalmarkt nicht mehr existent ist und beide Assets, also Aktien und Edelmetalle, sind deswegen noch mal kräftig nach unten gekommen. Gold hat allerdings schon das ganze Jahr seine Investoren enttäuscht, denn der angebliche Inflationsschutz liegt bei 9 Prozent Teuerungsrate im Minus und liefert keinen Ausgleich, da Gold anders als Staatsanleihen nun mal keine Zinsen zahlt.

Sind alle Spekulanten bei Gold aus dem Markt?

Infolge der performancetechnischen Enttäuschung, welche das Edelmetall abgeliefert hat, stellt sich natürlich die Frage, ob die Spekulanten nun letztlich doch die Hoffnung verloren haben und alle aus der Position rauswollen. Dies hätte natürlich zur Folge, dass es keine Verkäufer mehr gibt und der Kurs zwangsläufig zu steigen beginnen sollte.

Diese Idee, welche aktuell viel verbreitet wird, ist aber eher kritisch zu betrachten. Immerhin sind 90 Prozent des Goldpreises reine Spekulation oder Anlage als Wertaufbewahrungsmittel. Hier könnte man kaum eine Aussage darüber treffen, wann die Verkäufer alle ihre Positionen glatt gestellt haben.

Vielmehr sollten sich Anleger darauf besinnen, dass in einer Krise zumeist ein finaler Ausverkauf Zeichen für eine kommende Erholung ist, den wir bei Aktien und Edelmetallen noch nicht gesehen haben. Vielmehr beobachtet man einen stückweisen Abverkauf von Investoren, nach jeder schlechten News. So liegt der S&P 500 nach der Jackson-Hole Tagung mehr als 3,5 Prozent im Minus. Dabei wird man das Gefühl nicht los, dass sich noch niemand von seinen Anteilen trennen will und noch zu viel Hoffnung im Edelmetall, wie auch im allgemeinen Aktienmarkt ist.

Daraus ergeben sich gerade für Gold zwei Szenarien. Entweder wir erleben eine Situation wie im Jahr 2018, als auch Gold durch eine Zinsanhebung bedingt “leichte” Krise mit den anderen Assets nach unten viel und dann wieder stieg. Dieses Szenario ist das Wahrscheinlichste, da es sich hier um ein Makroumfeld handelt, welches vom Zins abhängig ist. Oder Gold testet tatsächlich noch einmal seine Tiefs bei 1662 US-Dollar und 1479 US-Dollar und schafft eigenständig den Turnaround. Dies wäre aber sicher nur in einer sich eintrübenden Wirtschaftslage, also zum Beispiel einer Verschärfung des Konflikts zwischen Taiwan und China, möglich.

Fazit

Das Beste, was Anleger aktuell tun können, ist - vermutlich - warten. Wer Gold im Portfolio hat, muss es nichts zwangsläufig verkaufen und wer keines hat, muss es nicht jetzt zwangsläufig erwerben. Bleibt Gold von politischen Entwicklungen unberührt, so wird bald zumindest die Marke von 1662 US-Dollar getestet, die über den weiteren kurzfristigen Kursverlauf entscheidet.

Ändert sich das makroökonomische Umfeld nicht, würde sich hier an sich ein Short anbieten, jedoch könnte dieser durch eine plötzliche Meldung, aus beispielsweise Taiwan, ausgestoppt werden, weshalb auch kurzfristigen Anlegern zu raten ist, erst mal die Finger vom Edelmetall zu lassen.