Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien am 29.12.2017 erstmals online

Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler Heraeus: "Gold bleibt wichtiger Bestandteil diversifizierter Portfolios"



Der Goldpreis hat 2017 auf Dollar-Basis rund zehn Prozent gewonnen. Damit hat sich das Edelmetall im abgelaufenen Jahr einigermaßen ordentlich geschlagen. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Alexander Zumpfe: Zu einem großen Teil lassen sich die Gewinne des Goldpreises mit der Schwäche des Dollars erklären. Die US-Währung verlor gegen den Euro, aber auch gegenüber anderen wichtigen Währungen, im Jahresverlauf kontinuierlich an Wert. Allerdings hängt das Edelmetall dieser Entwicklung etwas hinterher. In Euro ausgedrückt verbucht das Edelmetall auf Jahresbasis sogar leichte Verluste.

Die US-Notenbank steht vor einem Führungswechsel. Voraussichtlich im Februar wird Jerome Powell an die Fed-Spitze rücken. Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf den Goldpreis auswirken?

Steigende Zinsen wirken zunächst mal belastend auf den Goldpreis. Das Edelmetall zahlt selbst keine Zinsen und somit sind andere - verzinste - Anlageformen attraktiver. Die Zinspolitik der US-Notenbank wird damit weiterhin ein wesentlicher Faktor für den Goldmarkt bleiben. Anleger sollten hier jedoch weiterhin die Realzinsen - also die um die Inflation bereinigten Zinsen - im Blick behalten. Aktuell steigen die Preise in den USA noch gedämpft. In einem Umfeld, das von stabilem Wirtschaftswachstum und einer niedrigen Arbeitslosenrate geprägt ist, kann sich das jedoch schnell ändern. Die Realzinsen könnten dann sogar nochmal ins Negative rutschen, was den Goldpreis entsprechend unterstützen würde.

Wo sehen Sie 2018 die größten Risiken für den Goldpreis, wo mögliche Treiber?

Von dem eben beschriebenen Szenario gehen gleichzeitig auch die größten Risiken für Gold aus. Aktuell plant der Markt für 2018 drei US-Leitzinserhöhungen ein. Sollte die Inflation im Jahresverlauf jedoch deutlicher anziehen, dürfte die Fed mit weiteren Zinsschritten reagieren. Das halten wir aber - wenn überhaupt - erst für Ende 2018 für möglich. Ein möglicher Treiber wird der Kurs des US-Dollars bleiben. Verliert der Greenback weiter an Wert, wird dies auch den Goldpreis unterstützen. Anleger sollten zudem die geopolitische Situation nicht aus dem Blick verlieren. Spitzt sich die Situation in Nordkorea zu, wird der "sichere Hafen" Gold wieder verstärkt gefragt sein. Einen ähnlichen Effekt hätte eine Korrektur an den Aktien- und Immobilienmärkten, die zuletzt von Rekord zu Rekord eilten.

Wie hoch sollte der Anteil von Gold im Depot sein?

Gold bleibt wichtiger Bestandteil eines diversifizierten Portfolios. Wie hoch der Anteil sein sollte, hängt vom Risikoprofils des Investors und seiner Anlagemotive ab.

Wo steht der Goldpreis Ende 2018?

Wir gehen für 2018 von einer stabilen Seitwärtsbewegung aus. Während wir Gold durchschnittlich bei 1.310 US-Dollar je Unze erwarten, gehen wir für Ende 2018 von 1.290 aus.

Auf Seite 2: Robert Halver, Leiter Kapitalmarkt-Analyse Baader Bank





Robert Halver, Leiter Kapitalmarkt-Analyse Baader Bank: "Bei Gold zählt der längerfristige Besitz, nicht die kurzfristige Rendite"



Der Goldpreis hat 2017 auf Dollar-Basis rund zehn Prozent gewonnen. Damit hat sich das Edelmetall im abgelaufenen Jahr einigermaßen ordentlich geschlagen. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Robert Halver: Gold ist eine typische Krisenanlage. Und Krisen gab es auch in diesem Jahr wie Sand am Meer. So schwelt geopolitisch der Konflikt des Westens mit Russland weiter, Nordkorea wird von einem Springteufel regiert und der arabische Raum ist ein Pulverfass. Und weder bei Trump noch bei Putin noch bei Erdogan kommt mir nicht der Begriff Friedensengel in den Sinn. Auch ist man sich in Europa nicht wirklich grün und kommt noch ein Deutschland hinzu, das wohl erst im Frühsommer 2018 eine ordentliche Regierung hat.

Die US-Notenbank steht vor einem Führungswechsel. Voraussichtlich im Februar wird Jerome Powell an die Fed-Spitze rücken. Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf den Goldpreis auswirken?

Es bleibt bei einer taubenhaften Geldpolitik. Es wird ja bereits bei der Fed diskutiert, ein Überschießen der Inflation über zwei Prozent für einen längeren Zeitraum zuzulassen bzw. das grundsätzliche Inflationsziel auf z.B. drei Prozent anzuheben. Man ist über die bisher mangelnden "Inflationserfolge" regelrecht enttäuscht. Bei der Fed wird ohnehin befürchtet, zu frühzeitig restriktiv einzugreifen und damit einen Rückfall in die Deflation zu begünstigen.

Die US-Geldpolitik wird auch 2018 keinen kalten Entzug betreiben, sondern bestenfalls ein Methadon-Programm. Die akuten Abhängigkeiten der Finanzmärkte von Liquidität werden zwar gemildert, aber von der Sucht nicht befreit. De facto wird die Fed die US-Konjunktur mit ihrer überschaubaren Bilanzverkleinerung und einer eher verbalerotischen Leitzinserhöhungsstrategie schonen. Überhaupt sei daran erinnert, dass sich die Fed in puncto Zinserhöhungsplanungen selten konsequent gezeigt hat. Der weitere Zinserhöhungspfad wird "flach" verlaufen.

Die Fed wird maximal zwei Zinserhöhungen zu je 0,25 Prozentpunkten vornehmen. Weil mit etwas höheren Inflationsraten die für Gold wichtigen Realzinsen im Zinsvermögen auf einem sehr niedrigen Niveau und sogar negativ bleiben werden, hält sich der Gegenwind für den Goldpreis jedoch in sehr engen Grenzen.

Wo sehen Sie 2018 die größten Risiken für den Goldpreis, wo mögliche Treiber?

Leicht höhere Anlagezinsen hemmen den Goldpreis zwar. Physisch bleibt die weltweite Nachfrage jedoch hoch, denn Gold wird weiterhin vom Status als sicherer Hafen profitieren. Allerdings ist auch 2018 nicht mit einer großen Renaissance als Alternativanlageklasse zum Zinsvermögen wie 2011/2012 zu rechnen. Die Notenbanken werden weiterhin verhindern, dass Gold auch nur in die Nähe der Höchststände von 2011 kommt. Denn bei der Rettung der Finanzwelt mit "Geld" kann man eine Ersatzwährung "Gold" nicht gebrauchen, die die Rettungsmission behindert. "Du sollst keine fremden Götter neben mir haben." Der Widerspruch zu dieser "Goldpolitik" liegt darin, dass Notenbanken selbst aber weiter Risikoabsicherung durch Käufe von Gold betreiben.

Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Goldminenaktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?

Bei Goldminenaktien und Fonds kommen die typischen Risiken einer Aktie hinzu: Arbeitet das Unternehmensmanagement effizient? Betreibt es eine vernünftige Förderpolitik? Zu welchen Goldpreisen hat es sich abgesichert? Gibt es standortpolitische Handicaps wie z.B. Streiks oder politische Unruhen? Eine kostengünstige Alternative zu physischem Gold sind Gold-ETFs, die wegen ihrer Marktliquidität auch einen problemlosen Verkauf sicherstellen.

Als solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken, die gerade im systemischen Schadensfall nicht ausfällt, ist physisches Gold aber unschlagbar. Mit Derivaten können die Anleger von kurzfristigen Bewegungen beim Goldpreis profitieren. Im Übrigen lassen sich mit diesen Instrumenten physische Bestände gegen Preisrückgänge absichern.

Wie hoch sollte der Anteil von Gold im Depot sein?

Der Goldanteil im Depot sollte als grundsätzlich solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken bei etwa 10 Prozent liegen. Das sollten die Anleger individuell entscheiden. Denn für das süße Gift der reformverweigernden Schuldenfrönerei mit geldpolitischem Segen werden wir irgendwann die Rechnung präsentiert bekommen. Müßiggang hatte in der Finanzwelt noch nie langfristigen Erfolg: Noch nie wurden die großen Staatsschulden der Vergangenheit zurückgezahlt. Staatspapiere waren am Ende immer wieder tatsächlich nur Papier mit einem Wert: Brennwert. Diese Regel wird auch in unserer heutigen Finanzwelt nicht gebrochen, schon gar nicht angesichts der unglaublich hohen weltweiten Gesamtverschuldung. Gold dagegen hat alle Krisen überlebt und ist unschätzbar in puncto Werterhaltungsfunktion.

Wo steht der Goldpreis Ende 2018?

Der Goldpreis notiert Ende 2018 bei 1.350 US-Dollar je Unze. Das vergleichsweise geringe Kursziel sollte nicht zu sehr enttäuschen. Bei Gold zählt der längerfristige Besitz, nicht die kurzfristige Rendite. Angesichts der bestehenden Krisen wird die Zeit für Sachkapital wie Gold kommen.

Auf Seite 3: Ronald-Peter Stoeferle, Incrementum AG



Ronald-Peter Stoeferle, Incrementum: "Wir sind in der Frühphase eines neuen Bullenmarktes"



Der Goldpreis hat 2017 auf Dollar-Basis rund zehn Prozent gewonnen. Damit hat sich das Edelmetall im abgelaufenen Jahr einigermaßen ordentlich geschlagen. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Ronald-Peter Stoeferle: Obwohl das generelle Marktumfeld derzeit alles andere als "goldfreundlich" ist - Stichwort steigende Zinsen, relativ geringe Preisinflation, rallierende Aktienmärkte, rekordhohe Immobilienpreise und Staatsanleihen, zunehmendes Vertrauen in Notenbanken, Finanzsystem und sogar Politik, haussierende Kryptowährungen - befindet sich Gold im Aufwärtstrend. Diese positive Divergenz bestätigt unsere Annahme, dass wir uns in der Frühphase eines neuen Bullenmarktes befinden.

In praktisch jeder wesentlichen Währung konnte Gold 2017 solide Zugewinne aufweisen, außer leider auf Euro-Basis. Wir sehen den USD in einem Bärenmarkt, dies sollte weiterhin ein positives Umfeld für den Goldpreis bedeuten.

Die US-Notenbank steht vor einem Führungswechsel. Voraussichtlich im Februar wird Jerome Powell an die Fed-Spitze rücken. Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf den Goldpreis auswirken?

Hier gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Sichtweisen. Die zuversichtliche (Mainstream)-Sicht wäre, dass die Fed einen sanften Ausstieg aus dem geldpolitischen Experiment, das 2008 begann, schafft und die Reduktion der extrem aufgeblähten Notenbankbilanz ohne größere Nebenwirkungen bleibt. Die kritische Sicht, die wir tendenziell vertreten, besagt dass die Notenbank dazu verdammt ist, die Normalisierung weiterzuführen bis die Assetmärkte einbrechen bzw. die Konjunktur massiv überhitzt. Historisch war die Fed stets "behind the curve", insofern gehen wir davon aus, dass die Zinserhöhungen früher oder später zu einer Rezession führen. Sieht man sich die Zinskurve an, so ist klar ersichtlich, dass die US-Konjunktur schwächer ist, als oberflächlich betrachtet. Derzeit geht der Konsens von einem "goldilocks-Szenario" also robustem Wachstum bei geringer Inflation aus. Sollte eine der beiden - oder gar beide - Annahmen als falsch erweisen, so wird Gold massiv an Momentum aufnehmen.

Genauso sicher wie das Ausbrechen der nächsten Rezession ist die Reaktion der Zentralbanken: die Rückkehr zur expansiven Geldpolitik, also Zinssenkungen, eine neue Runde Quantitative Easing und vermutlich Helicopter Money. Wenn die geldpolitische Normalisierung vor dem Ausbruch der nächsten Rezession noch nicht abgeschlossen ist, könnte sich dies für das Vertrauen in die bisherigen Maßnahmen als desaströs erweisen.

Wo sehen Sie 2018 die größten Risiken für den Goldpreis, wo mögliche Treiber?

Das schwierigste Umfeld wäre vermutlich, wenn die angekündigten wirtschaftspolitischen Maßnahmen greifen, die US-Wirtschaft nachhaltig anspringt (>3% p.a.) und die Preisinflation innerhalb eines verträglichen Rahmens (<3%) bliebe. Die geldpolitische Normalisierung wäre dann glückt. In einem solchen Umfeld würde der Goldpreis vermutlich schwächer tendieren.

Das positivste Umfeld wären aufkommende Rezessionssorgen, die naturgemäß mit einem U-Turn der Federal Reserve einhergingen. In diesem Umfeld würde Gold massiv an Momentum aufnehmen und vermutlich rasch in Richtung 1400-1500 USD steigen.

Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Goldminenaktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?

Wir unterscheiden hier ganz klar zwischen "Sicherheitsgold" und "Performancegold". Ersteres ist eine Absicherung gegen monetäre Großevents wie hoher Inflation, finanzieller Repression, einer Währungsreform etc. Für diesen Zweck sollte man so wenig Gegenparteien-Risiko wie möglich in Kauf nehmen, von daher empfehle ich physisches Gold, das sicher gelagert werden sollte.

Als Performancegold sehe ich eine Spekulation auf steigende Preise. Hier sind derzeit in erster Linie Minenaktien besonders interessant. In unserem Investmentprozess konzentrieren wir uns derzeit auf Developer- und Emerging-Producer. Ausgehend von unserer Prämisse, dass sich Gold nun wieder im Bullenmarkt befindet, rechnen wir mittelfristig mit einer fallenden Gold-Silber-Ratio. In diesem Szenario werden sich besonders bei Silberminern herausragende Investmentopportunitäten ergeben.

Wie hoch sollte der Anteil von Gold im Depot sein?

Mindestens 5-10%, tendenziell jedoch höher. Als Daumenregel gilt, dass der Anteil so hoch sein sollte wie die von mir angenommene Wahrscheinlichkeit für monetäre Verwerfungen (hohe Preisinflation, Währungsreform etc.).

Wo steht der Goldpreis Ende 2018?

1514,63 .-)