In den vergangenen Tagen sind die für Deutschland maßgeblichen Gaspreise zeitweise deutlich angezogen. Trotz des ungewöhnlich milden Herbstwetters kletterte der Gas-Future TTF wieder über die 50-Euro-Marke. Wodurch die Gaspreise getrieben werden und warum ein weiterer deutlicher Aufschwung noch bevorstehen könnte

Die europäischen Erdgas-Futures haben sich am Dienstag auf etwa 50 Euro pro Megawattstunde verbilligt (siehe Chart), nachdem sie am Vortag noch mit 54 Euro pro Megawattstunde ein Achtmonatshoch erreicht hatten. Die Oktober-Bilanz wird wohl ein Plus von rund 20 Prozent zeigen.

Die Preise sind in den vergangenen Wochen aufgrund der wachsenden Besorgnis über die Auswirkungen des Kriegs im Nahen Osten gestiegen. Zwar haben hohe Lagerbestände und das für die Jahreszeit ungewöhlich warme Wetter die Gas-Preissteigerungen gedämpft. Die Gasvorräte in Europa sind fast komplett gefüllt. Der gemeldete Füllstand der Gasspeicher in Deutschland liegt zum Beispiel bei untypisch hohen 99,43 Prozent. Und für die erste November-Woche wird erneut warmes Wetter erwartet.

Mehrere Steigerungs-Faktoren

Doch das ägyptische Kabinett gab am Wochenende bekannt, dass die Erdgas-Einfuhren von 800 Millionen Kubikfuß pro Tag auf Null gesunken sind. Die Ströme aus Ägypten nach Europa machen nur einen kleinen Teil aus, aber der Krieg hat bereits zur Schließung des Tamar-Feldes im Mittelmeer geführt. Zudem gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der katarischen LNG-Schiffe, die die Straße von Hormus passieren müssen.

In den Wochen zuvor sorgte die schadensbedingte Schließung der Pipeline BalticConnector zwischen Finnland und Estland sowie der mittlerweile beigelegte Streik in der australischen Erdgas-Branche für Verunsicherung. Neu hinzu kommt noch die Nachricht vom Ausfall eines Kompressors in der norwegischen Gas-Verarbeitungsanlage Nyhamna hat zu gewissen Versorgungsproblemen geführt, die die Preise nach oben trieben.

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Gaspreis an Terminbörse: Natural Gas EU Dutch TTF Future (in Euro pro MWh)

Ukraine will kein Erdgas mehr in den Westen durchleiten

In "normalen" Jahren steigen zum Jahresende die für Deutschland maßgeblichen Preise für Erdgas, das an der holländischen Terminbörse gehandelt wird. Im Frühjahr geht es tendenziell wieder abwärts. Die aktuellen Bedingungen werden auch beeinflusst durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und sind daher schlecht prognostizierbar. Doch bleibt die grobe Marschrichtung aufwärts gerichtet. 

Auch längerfristig muss wohl mit höheren Gaspreis-Niveaus gerechnet werden. Die Ukraine hat angekündigt, ab 2025 kein russisches Erdgas mehr Richtung Westen durchzuleiten. Das sagte der Chef des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Olexij Tschernyschow, am vergangenen Wochenende in einem Interview mit dem US-Auslandssender Radio Liberty. Ende 2024 laufe der Transitvertrag mit dem russischen Konzern Gazprom aus. Die Ukraine würde auch schon früher aussteigen, zumal Gazprom für den Transit nicht wie vereinbart zahle, sagte Tschernyschow. 

Schon jetzt halte die Ukraine nur am Transit fest, weil mehrere europäische Länder noch auf russisches Gas angewiesen seien. "Wir wollen auch ein zuverlässiger Partner sein für die europäischen Partner, für die Länder, die das brauchen", sagte der Naftogaz-Chef. Die Ukraine habe ihre eigene Gasförderung gesteigert. Sie habe deshalb im kommenden Winter die Chance, erstmals den Bedarf aus eigenen Reserven zu decken, sagte Tschernyschow.

Das Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine läuft trotz des Moskauer Angriffskriegs gegen das Nachbarland weiter. Empfänger sind vor allem Länder ohne Zugang zum Meer, die nicht auf Flüssig-Erdgas (LNG) umstellen können. Ziel der EU ist, ab 2027 keine fossile Energie mehr aus Russland einzuführen.

Mutige Verbraucher können mit einem Faktor-Zertifikat – zum Beispiel WKN VU7KGL von Vontobel – auf kurzfristig steigende Gaspreise (Dutch TTF Future) wetten. Allerdings sollten angesichts oft prozentual zweistelliger Intraday-Schwankungen unbedingt Limit-Orders platziert werden. Für mehrmonatige Zeiträume eignen sich Faktor-Zertifikate aufgrund ihrer Konstruktion eher nicht.  (Mit Material von dpa-AFX) 

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Weltweit beschleunigt sich der Ausbau der klimafreundlichen, regenerativen Energiequellen, Europa will die Abhängigkeit von russischen Energielieferung durch Investitionen in Solar- und Windkraft sowie die Wasserstoff-Industrie verringern. Parallel dazu werden Produktionsprozesse in Unternehmen auch aus Kostengründen in Richtung Co2-Neutralität umgerüstet. BÖRSE ONLINE hat für diesen Megatrend den Grüne Zukunft Index entwickelt.


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