Diese Outperformance überraschte, da Silber sich sonst bei einer Edelmetallhausse stärker bewegt als Gold, da es volatiler ist. Das hat sich nun geändert. In der zweiten Julihälfte explodierte der Wert des weißen Metalls regelrecht.

Das hat zur Folge, dass sich die Gold-Silber-Ratio von 93 - dem höchsten Wert seit 1992 - auf nun 87 verringert hat. Das Verhältnis drückt aus, wie viele Feinunzen Silber jemand aufwenden muss, um eine Feinunze Gold zu erwerben. Historisch betrachtet ist 87 immer noch ein Spitzenwert. Solch hohe Zahlen hatten in der Vergangenheit nie lange Bestand, was dafür spricht, dass der Silberpreis künftig mehr zulegen sollte als der von Gold.

Vor allem die Investoren­nachfrage hat zur Silberhausse geführt. Im Juli gab es die höchsten von Bloomberg je erfassten monatlichen Zuflüsse in Silber-­ETFs. Auch an den Terminmärkten ist Silber in. Während lan­ge Zeit die Spekulanten dominierten, die auf fallende Silberpreise setzten, hat sich die Lage umgekehrt. Nun sind die Anleger, die höhere Preise erwarten, weit in der Überzahl.

Ausgelöst wurde das Interes­se vor allem durch die Gold­rally. In deren Sog wird der kleine Bruder üblicherweise mitgerissen. "Silber ist verglichen mit Gold immer noch unterbewertet und hat im Zug der Hausse des gelben Metalls weiteres Aufwärtspotenzial. Es ist bei Weitem noch nicht ausgereizt", ist Rohstoffanalyst Daniel Briesemann von der Commerzbank zuversichtlich.

Auch die Charttechnik spricht für eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung. Die schon eingeleitete Korrektur dürfte nicht lange anhalten. Danach sollte die Marke von 17,50 Dollar je Feinunze ins Visier genommen werden (aktuell: 16,20). Die 200-Tage-Linie und der Abwärtstrend sind bei rund 15 Dollar je Unze weit entfernt.

Einziger Wermutstropfen: Silber ist ein Zwitter aus Edel- und Industriemetall. Von der Industrieseite, wo mehr als die Hälfte des globalen Silbers verbraucht wird, kommt wenig Unterstützung. Es existiert ein leichtes Überangebot, zudem dämpft der globale Wirtschaftsabschwung die Nachfrage.

Risikobereite Anleger, die bereit sind, höhere Volatilität auszuhalten, können statt auf Gold auf den kleinen Bruder setzen. Hier sind höhere Gewinne drin - aber auch Verluste.