Weil in Australien ein Arbeiter-Streik an einer wichtigen LNG-Anlage droht, steigt in Europa der Gaspreis. Und zwar deutlich. Am Morgen wurde der richtungweisende Terminkontrakt TTF an der Börse in Amsterdam zu 40,41 Euro je MWh gehandelt. Das waren elf Prozent mehr als am Freitag. Auch die Strompreise steigen hierzulande wieder. Sowohl Gas als auch Strom dürften durch das Ende der Energiepreisbremsen noch teurer werden.

Angebotssorgen haben den Preis für europäisches Erdgas zum Handelsbeginn am Montag in die Höhe getrieben. Am Morgen wurde der richtungweisende Terminkontrakt TTF an der Börse in Amsterdam zu 40,41 Euro je Megawattstunde (MWh) gehandelt. Das waren elf Prozent mehr als am Freitag. Zwischenzeitlich war der Preis um fast 18 Prozent in die Höhe geschnellt und hatte damit den höchsten Stand seit knapp zwei Wochen erreicht. Zuletzt beruhigten sich die Preise wieder ein wenig.

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Gaspreis an Terminbörse: Natural Gas EU Dutch TTF Future (in Euro pro MWh)

Auch aus Norwegen weniger Flüssiggas

Als Grund für den Preissprung gilt die Nachricht, dass sich die Beschäftigten einer Flüssiggasanlage (LNG) in Australien auf einen Streik vorbereiten, falls bei den Lohnverhandlungen am Mittwoch keine Einigung erzielt wird. Der Arbeitskampf könnte am 2. September beginnen. Die Möglichkeit von Versorgungsunterbrechungen in Australien, die zehn Prozent der weltweiten LNG-Exporte betreffen könnten, hat die europäischen Händler Anfang August bereits in Atem gehalten (BÖRSE ONLINE berichtete). Mögliche Lieferstopps würden dazu führen, dass die wichtigsten europäischen Gasverbraucher mit den asiatischen Ländern um LNG-Importe konkurrieren und die Gas-Benchmarks weltweit ansteigen würden.

Zuletzt hatte Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank darauf hingewiesen, dass kurzfristig auch aus Norwegen weniger Erdgas an den Markt gelangen könnte. Dort seien Ende des Monats weitere Wartungsarbeiten in einem wichtigen Gasfeld erforderlich. Die Schwankungen am europäischen Gasmarkt dürften daher trotz gut gefüllter Erdgasspeicher vorerst hoch bleiben. 

Strompreis zieht auch an

Auch die Strompreise ziehen wieder an. Am Montag-Vormittag steht der Strompreis in Deutschland bei gut 121 Euro pro Megawattstunde (MWh) und damit so hoch wie zuletzt im Juni. Allerdings liegt er weiterhin deutlich unter den Spitzenwerten des letzten Jahres bei 700 Euro/MWh. Die derzeit insgesamt recht niedrigen Preise an den Rohstoffmärkten und der erwartete Rückgang des Verbrauchs aufgrund des wärmeren Wetters bremst die Strompreise. Auch die staatlichen Energiepreisbremsen haben für eine deutliche Entlastung gesorgt.

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Strompreis

Preisbremsen für den Staat billiger als gedacht

Die Preisbremsen für Gas und Strom werden dem Ifo-Institut zufolge viel billiger für den Staat als gedacht. Das dürfte Forderungen der Grünen befeuern, ungenutzte Kredite für Initiativen der Ampel-Koalition zur Ankurbelung der lahmenden deutschen Wirtschaft zu nutzen. Im Winter hatte die Bundesregierung für das Entlastungspaket aufgrund des Ukraine-Kriegs allein beim Gas 40,3 Milliarden Euro im Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) vorgesehen, der im Frühjahr 2024 ausläuft. Die Preisbremse werde nach aktueller Schätzung aber nur 13,1 Milliarden Euro kosten und damit ein Drittel der Summe, erklärte das Münchner Forschungsinstitut kürzlich. "Ursache ist, dass die Gaspreise seitdem stark gefallen sind", sagte Ifo-Experte Max Lay. 

Ähnlich sei die Entwicklung bei der Strompreisbremse. Auch hier dürften die Ausgaben deutlich unter den veranschlagten rund 43 Milliarden Euro liegen, sagte Lay der Nachrichtenagentur Reuters. "Es geht so grob Richtung Hälfte der eingeplanten Summe." Die Berechnung sei hier allerdings etwas schwieriger. Für Neuverträge von Privathaushalten sei der Strompreis derzeit unter der Preisbremse von 40 Cent pro Kilowattstunde. Auch der Preis für Industriekunden sei an der Börse günstiger als der Preisdeckel von 13 Cent.

Es wird wohl wieder teurer...

Sollten die staatlichen Energiepreisbremsen zum Ende des Jahres wieder wegfallen, würden Strom und Gas im Durchschnitt wieder deutlich teurer. Dies geht jedenfalls aus Berechnungen des Vergleichsportals Verivox hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Verbraucher haben aber häufig die Möglichkeit, zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln – mit Tarifen, die unterhalb der Preisbremsen liegen. "Die Preise bei Strom und Gas sinken gerade bei neuen Verträgen", sagte die Leiterin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Ramona Pop, der Funke-Mediengruppe.

Nach den Zahlen von Verivox würden die durchschnittlichen Stromkosten bei 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch von derzeit 1448 Euro um 56 Euro auf 1504 Euro steigen. Dies entspricht einem Plus von 3,9 Prozent. Die durchschnittlichen Gaskosten bei 20.000 Kilowattstunden würden von derzeit 2201 Euro um 173 Euro auf 2374 Euro zulegen, ein Anstieg um 7,9 Prozent. Werden nur Grundversorgungstarife betrachtet, sind die Anstiege bei Strom und Gas noch höher. 

Nach jetzigem Stand laufen die Energiepreisbremsen zum Jahresende aus. Aber: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich Ende Juli für eine Verlängerung der Strom- und Gaspreisbremsen bis Ostern 2024 (Ende März) ausgesprochen. In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von Verivox gaben 70 Prozent der Befragten an, Habecks Vorschlag zu unterstützen.

Zertifikate auf den Gaspreis

Mutige Anleger haben die Möglichkeit, an den Preisschwankungen von Erdgas zu partizipieren. Wer auf weiter steigende Gaspreise wetten will, greift zum Beispiel zu einem Mini-Future Long auf den Dutch TTF Natural Gas Future mit der WKN VU67UT (Hebel 2,7). 

Wer hingegen wieder fallende Gaspreise erwartet, kann einen Mini-Future Short auf TTF-Gas erwerben – etwa WKN VU8RJY (derzeit Hebel 3,6).

(Mit Material von dpa-AFX und Reuters)

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