Bei Jules Verne war die Fortbewegung mit Brennstoffzellen im U-Boot "Nautilus" noch Science- Fiction, jetzt ist sie Realität. Lkw und Züge werden zum Teil bereits mit dieser Energie betrieben.

Hyundai hat vor Kurzem begonnen, seine erste Lkw-Serie mit Wasserstoffantrieb, den Xcient Fuel Cell, in die Schweiz auszuliefern. Der französische Bahntechnikkonzern Alstom hat bereits einen wasserstoffbetriebenen Zug entwickelt, der in Österreich im Regelbetrieb fährt. Auch Busse und Traktoren sind schon global im Einsatz. Thyssenkrupp möchte bis 2030 Kokskohle bei der Stahlherstellung durch Wasserstoff austauschen.

Lange waren die Schwierigkeiten der Technologie die hohen Kosten und die Risiken, da Wasserstoff explosiv ist. Die Sicherheitsprobleme sind nun weitgehend gelöst; die Kosten sinken rapide. Brennstoffzellen für Schwertransport sind um zwei Drittel günstiger als noch 2009 - mit stark fallender Tendenz. Bald könnte auch der Einsatz in Pkw interessant werden, was wohl ökonomisch der attraktivste Bereich wäre.

Lange fehlte der politische Wille, viel in den Sektor zu investieren. Das hat sich inzwischen in fast allen Industrieländern geändert. Um die im Pariser Klima-Abkommen vereinbarten CO2-Reduktionen zu erreichen, wäre diese Technologie ein Durchbruch. "15 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen könnten mithilfe von Wasserstoff-Technologien rasch eingespart werden", sagt Günther Schmitt, Manager des Fonds Raiffeisen Mega Trends Aktien.

Denn der Stoff ist energiereich, faktisch unlimitiert verfügbar, und als Verbrennungsprodukt fällt nur Wasser an. Was sich in der Theorie nett anhört, stößt in der Praxis aber auf Schwierigkeiten. Denn nur wenn Ökostrom zum Aufspalten von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff (Elektrolyse) benutzt wird, kommen die Umweltvorteile zum Tragen. Der ist jedoch teuer.

Infrastruktur fehlt noch

Billiger ist es, den Stoff aus Erdgas zu gewinnen, was aber nicht klimafreundlich ist. Zudem gibt es kaum Tankstellen oder Anlagen zur Wasserstoffproduktion. Gegenwärtig existieren global nur 470 Wasserstofftankstellen. Für die Umwandlung von Wasserstoff in Energie werden Brennstoffzellen verwendet, die ebenfalls kostspielig sind.

Wegen dieser Probleme steckt die Entwicklung noch in den Kinderschuhen. "Natürlich ist die Technik nicht ausgereift. Die Kosten werden aber sinken. Und dass künftig ein enormer Bedarf an Wasserstoff entsteht, das haben Regierungen und Industrie erkannt", erklärt Karsten von Blumenthal, Analyst bei First Berlin Equity Research. Soll doch der Sektor laut dem Analysehaus Bernstein Research bis 2050 global auf ein Volumen von einer Billion US-Dollar Umsatz jährlich wachsen.

Solche Zahlen lieben Aktionäre. Viele Branchentitel gingen durch die Decke, obwohl fast keine Firma Gewinn macht. Bis auf wenige Ausnahmen sind sie noch von externem Kapital abhängig.

Zu den Sonderfällen mit hohen Gewinnen zählen Linde und Air Liquide, die beide die gesamte Wertschöpfungskette um Wasserstoff abdecken. Dazu zählen die Produktion, Verflüssigung, Speicherung, Verteilung und das Betanken mit dem Stoff.

Da das Potenzial unbestreitbar ist, entfacht Wasserstoff Euphorie bei Investoren. "Mit Fundamentaldaten lassen sich die Kurse kaum begründen. Die Rally wird vom Hype um die Zukunft der Technologie angeschoben", sagt von Blumenthal.

Palette an Zertifikaten

Wer daran partizipieren will, kann inzwischen auf mehrere Indexzertifikate zugreifen. Gut gelaufen mit plus 60 Prozent seit Auflage Anfang April ist das Hydrogen-Top-Selection-Papier von Vontobel. Es umfasst 15 global führende Unternehmen aus dem Sektor. Die Titel sind gleichgewichtet. Halbjährlich wird die Zusammensetzung geprüft. Nordamerika hat etwa zwei Drittel, Europa ein Drittel Anteil. Neben reinen Wasserstoffaktien wie Nel Asa oder Ballard Power sind auch einige etablierte Unternehmen, die schon Gewinne erzielen, wie Eni, Linde, Worthington Industries und Chart Industries (beide USA), die aus dem Gasgeschäft stammen, vertreten.

Viele davon finden sich auch im Global-Hydrogen-Zertifikat von Unicredit. Es umfasst 20 Aktien, die aktuell zu 70 Prozent aus den USA und zu 30 Prozent aus Europa kommen. Halbjährlich wird die Zusammensetzung geprüft und die Titel werden gleichgewichtet. Seit Auflage Anfang März hat es um 33 Prozent zugelegt, seit Anfang April hat es sich ähnlich entwickelt wie das Vontobel-Produkt. Genauso wie beim Konkurrenzpapier besteht ein US-Dollar-Risiko.

Das ist beim E-Wasserstoff-Europa-Faktorzertifikat von Morgan Stanley (ISIN: DE 000 MA0 LP2 4) nicht der Fall, da es sich nur auf europäische Titel fokussiert. Es hat einen Hebel von 1,0 und entwickelt sich ähnlich, aber nicht identisch wie ein Indexzertifikat.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das H2-Technologie-Zertifikat von Leonteq, das vor Kurzem aufgelegt wurde. Es schließt US-Firmen aus und konzentriert sich auf Europa. Einige asiatische Titel werden aber beigemischt. 16 Unternehmen, die maximal zehn Prozent Anteil haben, umfasst das Papier.

Neben Wasserstofftiteln sind auch Firmen aus dem Bereich erneuerbare Energien vertreten wie Vestas Wind Systems und Siemens Gamesa, die grünen Strom für die Wasserstoffproduktion liefern. Die Überprüfung erfolgt vierteljährlich, die Gewichtung erfolgt nach Rendite- und Volatilitätskriterien.

Mitte November emittiert unser Schwestermagazin €uro zusammen mit Lang & Schwarz ein Wikifolio-Zertifi- kat auf das Euro-Wasserstoff-Maxx-Zukunft-Portfolio, das die Redaktion von €uro zusammengestellt hat. Aktuell sind 25 Wasserstofftitel vertreten. Der Schwerpunkt liegt in Europa, jedoch sind auch mehrere asiatische und US-Titel enthalten. Mit diesen wird die gesamte Wertschöpfungskette von Wasserstoff abgebildet, von erneuerbaren Industrien über Wasserstoffproduktion und Infrastruktur bis zu Brennstoffzellen. Informationen dazu gibt es unter www.boerse-online.de/musterdepots/euro-wasserstoff-maxx-zukunft.

Anleger sollten ein Zertifikat vor allem nach ihren regionalen Vorlieben auswählen. Wer global investieren will, für den ist das €uro-Zertifikat die beste Wahl. Die Papiere von Leonteq und €uro sind etwas breiter aufgestellt als die von Vontobel und Unicredit, was die Wertschöpfungskette betrifft.

Zuletzt haben die Aktien des Sektors korrigiert. Das könnte der Beginn einer Abwärtsphase sein. "Die enormen Kursgewinne in diesem Jahr können aufgrund der heftigen Kursschwankungen auch schnell von einer Abwärtsrally abgelöst werden", mahnt Salah Eddine- Bouhmidi, Anlagestratege bei IG.

Er verweist auf frühere Wasserstoff- Hypes. Jedoch ist er jetzt zuversichtlicher. "Bedingt durch die politische Unterstützung", so der Experte, "könnte Wasserstoff nun die dominante grüne Technologie werden."