Sind die Börsen in Rekordlaune, wittern risikobereite Anleger Morgenluft. Mit Hebelprodukten ist es möglich, überproportional von den Kursbewegungen zu profitieren. Beliebte Papiere hierfür sind Knock-outs. Sie vervielfachen die Entwicklung ihres Basiswerts, und das unabhängig von anderen Marktfaktoren wie Volatilität oder Laufzeit. Deshalb sind sie leichter zu verstehen als Optionsscheine, bei denen solche Einflussfaktoren berücksichtigt werden müssen.

Wie der Name schon andeutet, kann es bei Knock-out-Produkten jedoch zum Totalverlust kommen. Der Kapitaleinsatz ist verloren, wenn der Basiswert eine bestimmte K.-o.-Schwelle berührt. Bei Long-Produkten (im Börsianerjargon auch Calls oder Call-Scheine genannt), mit denen Anleger auf steigende Kurse setzen, liegt die kritische Kursmarke unter dem aktuellen Kurs des Basiswerts. Short-Produkte (Puts) hingegen zielen auf fallende Kurse. Entsprechend liegt hier die K.-o.-Schwelle über dem Kurs des Basiswerts - und das Worst-Case-Szenario tritt ein, wenn der Basiswert über diese Schwelle steigt.

Ganz einfache Berechnung



Eine wichtige Kennzahl für die Anleger ist der Hebel, der durch den geringeren Kapitaleinsatz im Vergleich zum direkten Kauf des Basiswerts entsteht. Er lässt sich einfach berechnen. Nehmen wir als fiktives Beispiel einen Call-Schein, der sich auf eine Aktie bezieht. Deren Kurs notiert bei 100 Euro, der Kurs des K.-o.-Papiers bei zehn Euro.

Die Hebelwirkung errechnet sich, indem man den Aktienkurs durch den Kurs des Knock-outs teilt: 100 : 10 = 10. Der Knock-out steigt also um zehn Prozent, wenn der Kurs der Aktie um ein Prozent zulegt. Der Hebel wirkt allerdings in beide Richtungen. Bei Calls führen Kursrückgänge zu entsprechend hohen Verlusten.

Eine Frage, die immer wieder gestellt wird, lautet: Wie entwickelt sich der Hebel während der Laufzeit? Darauf gibt es zwei Antworten. Bezogen auf den Einstandskurs bleibt der Hebel bis zum Verkauf der Position konstant. Bezieht man den Hebel jedoch auf den aktuellen Kurs, verändert er sich kontinuierlich.

Warum sich der Hebel ständig ändert



Sollte etwa im obigen Beispiel die Aktie um ein Prozent auf 101 Euro steigen, würde das K.-o.-Papier um zehn Prozent auf elf Euro zulegen. Teilt man nun 101 durch 11, ergibt sich ein Hebel von rund 9,2. In der Praxis heißt das: Der Hebel des Papiers, das ich heute kaufe, kann sich beim morgigen (erneuten) Kauf schon wieder ändern.

Wer nun jeden Tag aufs Neue den gleichen Hebel wünscht, für den können sich als Alternative Faktorzertifikate eignen. Der Faktor gibt an, wie stark der Hebel ist.

Ein Beispiel ist das endlos laufende Papier von HSBC auf den DAX mit dem Faktor vier (WKN: TD9 9L4): Steigt der Index um ein Prozent, legt der Kurs dieses Zertifikats um vier Prozent zu. Der Hebel wirkt wie bei allen Faktorpapieren aber auch in die andere Richtung.

Nichts für Langfristinvestoren



Die Laufzeit von Faktorzertifikaten ist grundsätzlich unbegrenzt. Das heißt aber nicht, dass sich die Produkte für langfristige Investments eignen. So kann es passieren, dass die Papiere in seitwärts laufenden Märkten in die roten Zahlen geraten. Schuld daran sind die Tücken der Prozentrechnung. Um den Hebel konstant zu halten, wird dieser an jedem Handelstag neu justiert - auf Basis des Schlusskurses des Basiswerts vom vorherigen Tag.

Steigt also etwa der Index, auf den sich das Zertifikat mit einem Faktor von vier bezieht, um ein Prozent, legt das Zertifikat um vier Prozent zu - von 100 auf 104  Euro. Fällt der Index am nächsten Tag um ein Prozent, sinkt der Zertifikatekurs um vier Prozent von 104 Euro auf 99,84 Euro.

In trendstarken Phasen lassen sich mit Faktorzertifikaten höhere Gewinne erzielen als mit Knock-outs. Wer hingegen Zickzackkurse nicht ausschließt, sollte besser auf K.-o.-Papiere zurückgreifen. Bei ihnen wiederum ist es ratsam, auf einen ausreichenden Abstand zur Knock-out-Schwelle zu achten.

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Interview - Anouch Wilhelms: "Die Markteinschätzung entscheidet"



Eine US-Steuerinitiative für Derivate hat seit Jahresbeginn für Verunsicherung bei Anlegern gesorgt. Der Paragraf 871 (m) sieht einen Abzug einer Quellensteuer auf "dividendengleiche Beträge" ("dividend equivalent amounts") vor, die Anleger außerhalb der USA mit Derivaten auf US-Aktien erzielen. Dividendenähnliche Erträge werden dabei mit bis zu 30 Prozent besteuert. Welche Papiere davon betroffen sind, darüber sprach BÖRSE ONLINE mit dem Derivateexperten der Commerzbank, Anouch Wilhelms.

Börse Online: Herr Wilhelms, welche Derivate sind nun von der Steuerregelung betroffen und welche nicht?


Anouch Wilhelms: Grundsätzlich sind Derivate (Long) betroffen, die US-Aktien in Bezug nehmen und es zu einer Dividendenzahlung kommt. Ebenfalls gilt die Regelung aktuell für Zertifikate oder Optionsscheine, bei denen das Delta circa eins beträgt. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel große Indizes wie Dow Jones, S & P 500 oder Nasdaq 100. (Anmerkung der Redaktion: "Delta" ist eine Kennziffer, die angibt, um wie viel sich der Preis eines Derivats verändert, wenn sich der Kurs des Basiswerts um eine Einheit ändert. Ein Delta von eins heißt, dass das Produkt die Wertentwicklung des Basiswerts eins zu eins nachbildet. Dies gilt zum Beispiel für Indexzertifikate.)

Was müssen Anleger beachten?


Aufgrund der neuen Regelung hat sich das Angebot an Zertifikaten auf US-Werte verändert. Grundsätzlich kann das Angebot darüber hinaus von Depotbank zu Depotbank variieren.

Lohnt es sich als Anleger noch, US-Werte als Basiswerte auszuwählen?


Ob es sich lohnt, US-Basiswerte auszuwählen, sollte sich zuallererst auf die Markteinschätzung beziehen. So können Zertifikate auf steigende, fallende oder seitwärts laufende Märkte erworben werden. Im Zertifikatebereich der Commerzbank stellen wir in den vergangenen Monaten ein steigendes Interesse an US-Indizes fest. So waren der S & P 500, der Dow Jones und der Nasdaq 100 unter den 25 beliebtesten Basiswerten.

Anouch Wilhelms ist Experte für Optionsscheine, Zertifikate und Hebelprodukte bei der Commerzbank