Die westliche Welt und die Aktienmärkte ächzen unter der galoppie­renden Inflation. Den Herstel­lern von Luxusartikeln macht das kaum etwas aus – sie erhöhen einfach die Preise. Wie auch Anleger mit Luxus-Aktien die Inflation schlagen können. Von Walter Böhm 

Es ist eine höchst ungewöhnliche Aussage in Zeiten der Inflation: „LVMH hat einen ausgezeichneten Start ins Jahr erlebt. Wir gehen mit Zuversicht in die zweite Jah- reshälfte“, sagt Bernard Arnault, Vorstandschef von Louis Vuitton Moët Hennessy, kurz LVMH. Der weltweit größte Hersteller von Luxusgütern scheint beinahe immun gegen die miese Stimmung unter Konsumenten. Wenn Max Mustermann oder sein US-Pendant Joe Sixpack netto weniger in der Tasche haben, bleibt nichts anderes übrig, als zu sparen. Der herkömmliche Einzelhandel tut sich zudem schwer, höhere Kosten für den Einkauf und die Energie in vollem Umfang weiterzugeben.

Ganz anders sieht es bei den Herstellern von Luxusgütern aus. Den Schönen und Reichen scheint es schnuppe, ob sie für eine neue Uhr oder eine schicke Handtasche ein paar Euro mehr auf den Tisch legen müssen. Den Anbietern gelingt es somit leicht, höhere Preise durchzusetzen.

Luxus-Aktien gegen Inflation

Diese hohe Preissetzungsmacht hängt mit der Einzigartigkeit und dem Image der Produkte zusammen. Ein weiterer Grund ist die vergleichsweise hohe Wertbeständigkeit der edlen Produkte. Teurer Schmuck verliert über die Jahre sehr viel weniger an Wert als preiswerte Produkte, deren Wiederverkaufswert unmittelbar nach dem Kauf drastisch sinkt. Mittlerweile gibt es für Luxusgüter einen Secondhandmarkt mit einem nennenswerten Umfang. Vor allem junge Menschen kaufen gern gebrauchte Luxusuhren oder Schmuck. Hier spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle.

Strukturell profitiert die Branche da­ von, dass es auf der Welt fast jedes Jahr mehr Reiche gibt. Im Jahr 2009 gab es erstmals auf der Welt mehr als zehn Mil­lionen Menschen, die mindestens eine Million Dollar besaßen. Elf Jahre später waren es schon doppelt so viele. Bei Luxusprodukten handelt es sich um ei­nen Wachstumsmarkt par excellence.

LVMH

Langfristig klar im Plus

Nun ist es nicht so, dass die Hersteller von luxuriösen Produkten gegen sämtliche Krisen gefeit sind. Der S&P Global Luxury Index hat auf Sicht eines Jahres rund 22 Prozent an Wert verloren. Doch die annualisierte Rendite der zurücklie­genden zehn Jahre liegt immerhin bei beachtlichen acht Prozent. Der Index umfasst die 80 weltweit größten und börsennotierten Hersteller und Verkäu­fer von Luxusprodukten.

Laut Marktforschern gibt es vor allem im Modehandel eine extreme Polarisie­rung. Entweder greifen die Kunden bei billigen Produkten zu und kleiden sich bei Primark und Co ein. Oder sie bedie­nen sich im Luxussegment — etwa bei LVMH, der weltweiten Nummer 1 im Lu­xussegment. Zum französischen Kon­zern gehören insgesamt 75 Marken. Rund die Hälfte des gesamten Umsatzes steuert der Bereich Mode & Leder bei, zu dem bekannte Labels wie Christian Dior, Givenchy oder Louis Vuitton gehö­ren. In der größten Sparte fällt auch die Gewinnmarge am höchsten aus.

Aber auch andere Marken erzielten zuletzt Rekordergebnisse und konnten Marktanteile dazugewinnen. Neben Mode und Lederwaren produziert LVMH ebenso Spirituosen und Cham­pagner, Parfüm und Kosmetik sowie Schmuck und Uhren. Zudem betreibt der Konzern eigene Läden sowie einen Freizeitpark und gibt noch die Tageszei­tung „Le Parisien“ heraus.

Mittlerweile entfallen 42 Prozent des Geschäfts auf Asien, gefolgt von den USA mit einem Anteil am Umsatz von 26 Prozent. LVMH hat im Corona­Jahr 2020 spürbar gelitten, als der Umsatz um mehr als 13 Prozent auf knapp 44,7 Milliarden Euro zurückging. Seit 2021 befindet sich LVMH jedoch wieder auf Wachstumskurs.

Richemont

Richemont fokussierter

Der Schweizer Konkurrent Richemont ist deutlich fokussierter aufgestellt — und da­ mit auch das etwas riskantere Investment. Hier entfallen drei Viertel der Umsätze auf Schmuck und Uhren. Vor allem das Schmuckgeschäft wuchs in den zurücklie­genden Jahren stark. Ähnlich wie bei LVMH sind Asien sowie Nord­ und Südamerika die dominierenden Absatzmärkte.

Ende August gab das Management be­kannt, etwas mehr als die Hälfte an seiner Online­Plattform Yoox Net­a­Porter (YNAP) an den britischen Internethändler Farfetch und die Investmentgesellschaft Alabbar zu verkaufen. Der Deal führt bei Richemont nun allerdings zu einer Wertminderung in Höhe von wahrscheinlich 2,7 Milliarden Euro und muss noch vom Kartellamt geneh­migt werden.

Dieser Artikel erschien zuerst in Euro am Sonntag 39/2022. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.