Bis zum Jahr 2030 wird die Zahl der Menschen, die weltweit in Städten leben, um rund eine Milliarde zunehmen. Binnen fünf Jahren sollen die globalen Umsätze im Markt für Computerprogramme um 41 Prozent steigen. In Deutschland wird es 2039 rund fünf Millionen mehr Rentner geben als momentan.

Es sind nur Beispiele, doch sie stehen für gravierende Entwicklungen, die uns in den kommenden Jahren bevorstehen. Sie lassen sich Trends zuordnen, die viel mehr sind als nur eine Episode oder eine Modeerscheinung: Megatrends, die Gesellschaft, Wirtschaft und auch die Finanzmärkte maßgeblich beeinflussen und verändern werden.

Für einen derart großen Begriff wie "Megatrend" gibt es keine einheitliche Definition. Einer Meinung sind Experten jedoch darin, dass es sich um eine sehr langfristige Entwicklung handeln muss, die substanzielle Veränderungen mit sich bringt. "Für einen Megatrend entscheidend sind seine Dauer und seine Breitenwirkung", erklärt Walter Liebe, Vertriebschef in Deutschland von Pictet Asset Management. Die Fondsgesellschaft zählt zu den wichtigsten Akteuren bei thematischen Investments und ist einer der Pioniere auf diesem Gebiet.

€uro am Sonntag hat sich fünf Megatrends näher angesehen: Urbanisierung, demografischer Wandel, Digitalisierung, Gesundheit und Umweltschutz. Auf den folgenden Seiten stellt die Redaktion die Facetten dieser Trends vor und beschreibt, wie Anleger von ihnen profitieren können. Für jeden der fünf werden jeweils ein aktiv gemanagter Fonds, ein ETF und eine Einzelaktie empfohlen, mit denen Anleger sich das Thema ins Depot holen könnten.

Heutzutage sind etliche Produkte verfügbar, um bestimmte Themen zu spielen und damit Megatrends zu verfolgen. Das war nicht immer so. Erst in jüngerer Vergangenheit hat die Zahl an Anlagelösungen mit Fokus auf bestimmten Themen zugenommen - und entsprechende Investments vermehrt den Weg in die Depots gefunden.

So offensichtlich ein Megatrend sein mag - um mit ihm Geld zu verdienen, bedarf es mehr, als ihn zu erkennen. "Die Beschreibung von Megatrends ist wissenschaftlich gut abgesichert, aber daraus ergibt sich nicht unmittelbar ein Investment", sagt Liebe. Vielmehr müssten Anlagethemen aufgespürt werden, mit denen sich die Megatrends in die Börsenwelt übersetzen lassen.

Anleger, die auf spezielle Themen setzen, um Megatrends zu folgen, sollten sich einiger Dinge bewusst sein. Zum einen investieren sie in einen Ausschnitt des Gesamtmarkts. Höhere Schwankungen können die Folge dieser Fokussierung sein. Auch Phasen des Hypes oder der Enttäuschung kommen bei thematischen Investments immer wieder vor. Auf der anderen Seite versprechen die Themen langfristig eine höhere Rendite. "Bei ihrem Engagement in spezielle aussichtsreiche Themen gehen die Anleger davon aus, dass das strukturelle Wachstum in diesem Bereich höher ist als das gesamtwirtschaftliche", sagt Holger Wehner, Produktspezialist von Allianz Global Investors (AGI). Gerade dieses strukturelle Wachstum sei dafür verantwortlich, dass auf lange Sicht das Risiko gedämpft wird. "Mit thematischen Investments, die von einem lang anhaltenden Trend getragen werden, löst man sich von zyklischen Schwankungen", sagt der AGI-Experte.

Auf die wachsende Beliebtheit von Themeninvestments hat die Fondsbranche reagiert. Sie bietet nicht nur Produkte für einzelne Segmente an, sondern auch Multithemenfonds. Die Idee dahinter: Der Portfoliolenker soll entscheiden, welche Themen zurzeit am aussichtsreichsten sind. Darüber hinaus kann die Kombination mehrerer Ansätze die Wertentwicklung glätten. Wer nicht gezielt auf einzelne Zukunftsthemen setzen will, sondern auf mehrere zugleich, kann etwa den Pictet Megatrend Selection (ISIN: LU 038 688 227 7) oder den Allianz Thematica (LU 147 956 371 7) nutzen. Beide erzielten auf Sicht mehrerer Jahre deutlich höhere Zuwächse als der Durchschnitt der globalen Aktienfonds.
 


Demografie

Die nächste Marke ist nicht mehr fern: 2023 sollen acht Milliarden Menschen auf der Erde leben. Im Jahr 2050 dürfte die Weltbevölkerung bei 9,7 Milliarden liegen. Das Wachstum der Menschheit an sich ist aber nur eine Facette des Megatrends Demografie. Eine weitere ist die Alterung vieler Gesellschaften. Aktuell sind weltweit etwa 150 Millionen Menschen über 80 Jahre alt. 2050 wird diese Zahl ungefähr dreimal so hoch sein. Zugleich wird in Europa und Nordamerika sowie in Japan, Südkorea und China jeder vierte Einwohner im Pensionsalter sein. Auch der wachsende Wohlstand in Schwellenländern ist ein demografischer Trend, dem Anleger folgen können.

Chancen durch diesen Megatrend bieten sich vor allem in zwei Bereichen: dem Gesundheitswesen und der Konsumgüterindustrie. Die wachsende Zahl Älterer erhöht die Nachfrage nach Medikamenten und Heilmitteln. Weil die Senioren zudem länger aktiv bleiben als früher, steigt auch der Bedarf an touristischen Angeboten, was zugleich durch das zunehmende Vermögen breiter Bevölkerungsschichten in den Schwellenländern angetrieben wird. Hinzu kommen Anbieter von Markenkleidung, Schmuck oder Unterhaltungselektronik, deren Güter von immer mehr Menschen nachgefragt werden.

Beide Entwicklungen verfolgt der Fidelity Global Demographics. Mit Blick auf die verschiedenen Wirtschaftszweige ist der globale Aktienfonds gut diversifiziert und hält neben den naheliegenden Sektoren Gesundheit und Konsumgüter auch viele Titel aus den Branchen IT und Finanzen. Unter den Top-3-Positionen findet sich etwa der französische Luxusgüterkonzern Moët Hennessy Louis Vuitton (LVMH).

Auf den Trend der Alterung der Gesellschaft fokussiert sich der iShares Ageing Population. Der ETF ist mit rund 350 Aktien breit aufgestellt. Den weitaus größten Anteil am Portfolio haben Unternehmen aus dem Gesundheitssektor und dem Finanzwesen (Versicherungen, Altersvorsorge).

Auch die Aktie von Edwards Lifesciences ist im ETF enthalten. Das Unternehmen ist einer der führenden Hersteller von Herzklappen aus organischem Gewebe. Diese werden über einen Katheter eingesetzt und korrigieren Fehlfunktionen des Herzens. Weltweit wurden mehr als zwei Millionen Patienten mit der Technologie von Edwards behandelt. Analysten trauen den Kaliforniern jährliche Gewinnsteigerungen von mehr als zehn Prozent zu.

 


Urbanisierung

Der Anteil der Menschen, die in Städten wohnen, ist im Lauf der Zeit kontinuierlich gestiegen. Während 1950 knapp 30 Prozent der Weltbevölkerung in Städten lebten, sind es heute mehr als 55 Prozent. Bis 2050 sollen es nach Prognosen der Vereinten Nationen rund 70 Prozent sein.

Hauptgrund für das kontinuierliche Wachstum der Städte ist ihre wirtschaftliche Bedeutung. Gut 80 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts werden in urbanen Gebieten generiert, eine Vielfalt an Arbeitsplätzen zieht Menschen an. Der Zuzug führt dazu, dass die Städte immer größer werden. Bis zum Jahr 2030 soll es weltweit 43 Megacitys geben, also Städte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern.

Das urbane Wachstum sorgt für einen hohen Bedarf an unterschiedlichsten Waren und Dienstleistungen. Der zunehmende Verkehr muss bewältigt und die Versorgung mit Wasser und Strom genauso sichergestellt werden wie die Verbindung zum Internet. Ausreichende und nachhaltige Wohnkonzepte sind erforderlich, und die Abfallentsorgung muss sichergestellt sein.

Um zukunftsweisende Konzepte für Städte zu beschreiben, wird häufig der Begriff "Smart City" verwendet. Er beschreibt Städte, die durch zunehmende Vernetzung in technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht wohnlicher, ökologisch nachhaltiger und effizienter werden.

Dieses Schlagwort greifen viele Fonds auf, die auf den Trend zur Verstädterung setzen. Der iShares Smart City Infrastructure etwa enthält rund 180 Unternehmen, die überwiegend aus den Sektoren Industrie, IT und Immobilien kommen. Rund 45 Prozent des Fondsvermögens, das weltweit angelegt werden kann, steckt derzeit in US-Aktien.

Unter den Toptiteln des Pictet - SmartCity finden sich bekanntere Namen als im Portfolio des ETFs. Aktuell sind Vonovia und Visa die beiden größten Werte in dem rund 60 Positionen umfassenden Portfolio. Knapp zwei Drittel des Vermögens sind in den USA investiert, der Rest verteilt sich auf andere Industrie- sowie Schwellenländer. Im Fonds hoch gewichtet ist auch Autodesk, der führende Anbieter von Software zur computergestützten Entwicklung von Gebäuden, Maschinen, Anlagen und Fahrzeugen. Beim Umsatz strebt der kalifornische Konzern bis mindestens 2023 jährliche Zuwächse an, die drei- bis viermal höher liegen als der Marktdurchschnitt.

 


Umweltschutz

30 Liter Regen pro Quadratmeter und Tag gelten als Starkregen. Bei den Unwettern Mitte Juli in Ahrweiler und Umgebung gingen bis zu 148 Liter nieder. Die Bilanz der Flutkatastrophe: fast 180 Tote, knapp 800 Verletzte und Schäden von geschätzt sieben Milliarden Euro.

Dass der Klimawandel die Entstehung dieser Extremwetterlage begünstigt hat, steht inzwischen außer Zweifel. Während mediale Großereignisse wie der neue Bericht des Weltklimarats häufig den Eindruck erwecken, Klimawandel sei etwas, was "irgendwo" auf der Welt passiert, machen die jüngsten Ereignisse klar: Er ist längst da - und zwar vor unserer Haustür.

"Der im Januar 2020 veröffentlichte ‚Global Risk Report‘ des Weltwirtschaftsforums zählte extreme Wetterbedingungen und Naturkatastrophen, von Menschen gemachte Umweltkatastrophen sowie den Verlust der Artenvielfalt zu den fünf größten Risiken für die Weltwirtschaft", sagt Verena Kienel, ESG-Expertin beim Fondsanbieter Ökoworld. Aus diesem Grund ist der Klima- und Umweltschutz zu einem der größten Anlagetrends der vergangenen Jahrzehnte geworden. Energiewende, Elektroautos, Wasserstoff und effizientere Ressourcennutzung sind nur einige der Felder, in die in den kommenden Jahren von staatlicher und privater Seite Billionen investiert werden. Gleichzeitig wächst die Nachfrage, und es entstehen völlig neue Absatzmärkte.

Für Anleger verlockend ist hier nicht nur ein gutes Gewissen, sondern auch attraktive Renditen. So hat der Ökoworld Klima in den vergangenen fünf Jahren im Durchschnitt jährlich um mehr als 20 Prozent zugelegt. Der Fonds investiert global in Unternehmen, deren Produkte und Technologien einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können und die in ihrer Branche und Region führend sind. Das Portfolio ist sehr breit gestreut, die größte Position - LKQ, ein amerikanischer Händler von gebrauchten Autoteilen - macht nur 1,9 Prozent der gesamten Investments aus.

Wer nur das Thema saubere Energie fokussieren will, kann den Lyxor New Energy ETF kaufen. Er bildet die Entwicklung der 40 größten Unternehmen weltweit ab, die im Bereich der alternativen Energien aktiv sind.

Häufig in Klimafonds vertreten ist Nextera Energy, ein führender US-Produzent von Wind- und Sonnenenergie. Die Kapazitäten an erneuerbaren Energien sollen bis zum Jahr 2024 verdoppelt werden. Nextera dürfte auch von neuen Investitionen der US-Regierung in die Infrastruktur profitieren. Analysten erwarten jährliche Gewinnsteigerungen von rund acht Prozent.

 


Digitalisierung

Die Zahlen, die den Fortschritt der Digitalisierung beschreiben, sind kaum noch fassbar. Das weltweite Datenvolumen erreichte 2020 mehr als 50 Zettabyte, umgerechnet rund 50 Billionen Gigabyte. Bis 2025 soll die Menge auf 175 Zettabyte anwachsen, so die Prognose des IT-Beratungsunternehmens IDC. Allein in den kommenden drei Jahren dürfte die erzeugte Datenmenge größer sein als die der vorangegangenen 30 Jahre.

Der Trend zur Digitalisierung durchdringt sämtliche privaten und öffentlichen Bereiche. So gut wie kein elektrisches Gerät kommt heutzutage ohne Mikrochips aus, in Industrieländern besitzt fast jeder Jugendliche und jeder Erwachsene ein Smartphone. Die Corona-Pandemie hat dem Megatrend einen zusätzlichen Schub verliehen.

Die Digitalisierung hat viele Seiten und entsprechend viele Nutznießer: die durch die Pandemie gestärkten Anbieter von Videokonferenz-Software oder Onlinespielen, die Entwickler von künstlicher Intelligenz, Halbleiterhersteller, Anbieter von Software-Abos im Internet (Cloud-Computing), digitale Zahlungsdienstleister, Unternehmen für IT-Sicherheit. Nicht wenige Marktbeobachter sehen Techunternehmen als die neuen Versorger, die statt Strom- und Wasserlieferungen den Datenfluss sicherstellen.

In diesem weiten Feld fühlt sich der Digital Leaders Fund wohl. Der noch relativ junge Fonds will auf die Gewinner des digitalen Wandels setzen, beschränkt sich dabei aber nicht auf den IT-Sektor, sondern investiert in Profiteure des Megatrends aus unterschiedlichen Bereichen. Unter den Top-Positionen finden sich Branchenriesen wie Facebook genauso wie Nebenwerte à la Upstart, eine US-Kreditplattform, die erst seit neun Monaten börsennotiert ist.

Dem Megatrend können Anleger alternativ mit dem iShares Digitalisation folgen. Der ETF enthält rund 200 Unternehmen, die digital fokussierte Dienstleistungen weltweit anbieten.

Eines davon ist der kalifornische Bezahldienstleister Square. Dessen Software "Cash" nutzten 2020 mehr als 30 Millionen Menschen. Mit dem Kauf des australischen Anbieters Afterpay dringt das Unternehmen nun in einen Markt vor, dessen Bezahlvolumen für 2024 auf zehn Billionen Dollar taxiert wird. Squares Umsatz für 2021 schätzen Analysten auf 19 Milliarden Dollar.

 


Gesundheit

Dass Gesundheit ein Megatrend ist, bedarf in der heutigen Zeit eigentlich kaum einer Erklärung. Die Pandemie macht Bedeutung und Gewinnchancen des Sektors überdeutlich. Demografische Faktoren sprechen für langfristiges Wachstum unabhängig von der konjunkturellen Entwicklung. Zugleich erlebt die Branche gerade einen enormen Innovationsschub. Jahrzehntelange Grundlagenforschung trägt jetzt Früchte. Einst für unrealisierbar gehaltene Methoden - wie etwa mRNA - finden plötzlich breite Anwendung. So hat die Immuntherapie, die das körpereigene Immunsystem gegen Tumorzellen aktiviert, die Krebsbehandlung revolutioniert. Das meistverkaufte Medikament in dieser Sparte, Keytruda von Merck & Co., erzielte 2020 einen Umsatz von 14,4 Milliarden Dollar. Ebenfalls riesige Fortschritte machen Gentherapien, die sowohl seltene Krankheiten als auch Krebs mit vorher nie da gewesenen Erfolgsraten bekämpfen.

Auch Diagnostik und Medizintechnik erschließen neue Märkte. Und mit dem Bereich Digital Health ist innerhalb weniger Jahre ein kompletter Industriezweig entstanden. Ein Fonds, der mehrere Subsektoren abdeckt und auf eine langjährige Erfolgsbilanz zurückblickt, ist der BGF World Healthscience. Der Fokus liegt auf der Pharma- und Biotechnologiebranche, er investiert jedoch auch in andere Bereiche einschließlich Service- und Equipmentlieferanten.

Dagegen setzen Anleger mit dem Invesco Nasdaq Biotech auf die mehr als 250 Biotechunternehmen, die an der US-Technologiebörse gelistet sind. Darunter sind neben Flaggschiffen wie Gilead, Vertex oder Regeneron auch viele kleine, aufstrebende Firmen mit ungewisser Zukunft.

Im Gegensatz dazu ist das Risiko bei der Aktie von Pfizer wesentlich überschaubarer. Der US-Pharmariese wird im laufenden Jahr allein mit dem Covid-Impfstoff 33,5 Milliarden Dollar einnehmen, die in den kommenden Jahren in neue Projekte investiert werden können. Zudem ist die Aktie günstig bewertet und wirft rund drei Prozent Dividendenrendite ab.