Nach dem Rückzug von Jeff Williams als COO wird die Kritik an Tim Cook lauter: Ein Analyst fordert einen CEO mit Produktfokus – sonst drohe Apple das AI-Abseits.
2025 hat sich zum veritablen Krisenjahr für Apple entwickelt. Der Kultkonzern aus Cupertino steht unter Druck wie seit einer Dekade nicht mehr. Die Aktie ist neben Tesla der schwächste Performer unter den Magnificent Seven und hat seit Jahresbeginn 16 Prozent an Wert verloren. Immer offener wird die Kritik an Apples fehlender Positionierung im KI-Zeitalter geäußert. Im Gegensatz zu Microsoft, Alphabet, Meta und Amazon ist keine klare Strategie erkennbar.
Nun hat Apple zudem eine neue Personaldebatte erreicht. Nach dem angekündigten, sehr überraschenden Rückzug von Chief Operating Officer Jeff Williams – lange Zeit als potenzieller Nachfolger von CEO Tim Cook gehandelt – gewinnt eine Diskussion an Schärfe, die bislang eher hinter verschlossenen Türen geführt wurde: Muss Apple gar einen radikalen Führungswechsel an der Spitze vornehmen, um in der KI-Zukunft bestehen zu können?
Ist Tim Cook noch der richtige CEO?
Dieser Meinung sind die Analysten Walter Piecyk und Joe Galone vom Researchhaus LightShed Partners. Sie machen im Interview mit CNBC klar: Tim Cook war der richtige Mann für das iPhone-Zeitalter – aber vielleicht nicht für das AI-Zeitalter.
Tim Cook steht wie kaum ein anderer CEO für operative Exzellenz: Über zwei Billionen Dollar Umsatz mit iPhones seit seiner Amtsübernahme sind eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Auch die jüngsten Quartale zeigen stabile Zahlen – noch. Zudem konnte Cook seit Übernahme der Amtsgeschäfte den Wert der Apple-Aktie in der Spitze um 1500 Prozent steigern.
"Apple kann es sich nicht leisten, bei AI zu scheitern"
Doch seit einigen Jahren knirscht es in Cupertino. Neue Produktkategorien? Fehlanzeige. Die neue Mixed-Reality-Brille Apple Vision Pro floppte schwer. Die Entwicklung eines Apple-Auto wurde aufgeben. Die Analysten kritisieren, Apple habe in den vergangenen Jahren zu viele „Schnüre gezogen“, ohne substantiellen Markterfolg zu erzielen – von der Apple Watch bis zum Vision Pro. Was früher als Experimentierfreude durchging, sei heute riskanter Luxus: „Beim Thema AI kann Apple es sich nicht leisten, zu scheitern“, legt Piecyk den Finger in die Wunde.
Während Unternehmen wie Google, Meta, Microsoft und Amazon Milliarden in KI-Modelle, Infrastruktur und Start-ups investieren, bleibt Apple auffällig passiv. Die Integration von ChatGPT in Siri – groß angekündigt auf der WWDC 2024 – ist bis heute nicht passiert. Stattdessen sei Siri in einem Zustand „beständigen Versprechens und chronischer Unterlieferung“.
Die Analysten bringen es auf den Punkt: „Apple war damals bei AI nirgendwo – und daran hat sich kaum etwas geändert.“ Der Versuch, mit Perplexity AI eine Wrapper-Lösung für bestehende LLMs zu kaufen, sei vielleicht ein erster Schritt – aber bei Weitem nicht ausreichend.
Apple ist in der kritischsten Phase seit Beginn der Tim-Cook-Ära
Für Piecyk und Galone steht daher fest: Apple braucht jetzt einen CEO mit klarer Produktvision – keinen Logistiker. Die Zukunft wird nicht durch Margenkontrolle, sondern durch Innovationskraft entschieden. Sollte Apple weiter auf Stabilität und Kontinuität setzen, droht die Gefahr, die nächste technologische Revolution zu verschlafen. Und das hätte gravierende Folgen: „Ein Versagen bei AI könnte Apples Fähigkeit zur langfristigen Wertschöpfung fundamental gefährden.“
Apple-Aktionäre befinden sich damit in der wohl kritischsten Phase seit Übernahme der Amtsgeschäfte vom Tim Cook 2011. Seinerzeit hat der damalige COO bewiesen, dass er in die übergroßen Fußstapfen von Gründer Steve Jobs treten kann. Doch ausgerechnet gegen Ende seiner inzwischen 14-jährigen Ägide droht Cook das Geschick für die nächste große Transformation zu verlassen. Angesichts eines KGV von 33 und eines Miniwachstums dürfte die Wall Street den langjährigen Börsenliebling weiter kritisch beäugen.
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