BÖRSE ONLINE: Auch nach Ostern hat sich die Rekordserie an den Börsen fortgesetzt. Was sind derzeit die Treiber der Rally?
Bernd Meyer: Europäische Aktien und insbesondere der DAX hinkten der Erholung amerikanischer oder auch chinesischer Aktien lange hinterher. Die starke Konjunkturerholung in diesen Regionen, die deutlich positiven Überraschungen, auch in Verbindung mit der jüngsten Schwäche des Euro, hat nun aber insbesondere den exportorientierten Unternehmen Rückenwind gegeben, allen voran den Auto-Produzenten.
Welches Potenzial hat der DAX noch?
Wir stehen am Beginn eines globalen Konjunkturaufschwunges, der mehrere Jahre andauern kann und deutliches Gewinnwachstum bringen dürfte. Deshalb sehen wir mittelfristig trotz des jüngsten Anstiegs weiteres Aufwärtspotenzial. In den kommenden zwei bis drei Jahren dürften die Unternehmensgewinne jedoch deutlich mehr als die Aktienkurse steigen. Damit sollte es zu einer gewissen Normalisierung der Bewertung kommen, zumal auch die Anleiherenditen weiter steigen dürften. Derzeit sehen wir den DAX Ende 2021 bei 14900 Punkten im Juni 2022 bei 15800 Punkten.
Welche Risiken gibt es, und wie groß ist das Rückschlagpotenzial?
Für 2021 ist schon vieles eingepreist. Zwar dürfte eine Öffnung Europas von den Corona-Beschränkungen weiter unterstützen, jedoch nimmt mit weiteren Kursgewinnen das Rückschlagpotenzial zu. Wir rechnen über die kommenden Monate mit einer erhöhten Volatilität. Hat der Markt auch die Öffnung in Europa weitgehend eingepreist, könnten die Sommermonate zäher für Aktien werden.
Und welche Erwartungen haben Sie an die nächste Woche beginnende Berichtssaison in den USA und etwas später in Deutschland?
Für die Berichtsaison zum ersten Quartal in den USA gibt es gute Vorzeichen. Zwar sind jüngst die Produzentenpreise deutlich stärker gestiegen als die Konsumentenpreise, was auf einen zunehmenden Margendruck hindeutet. Die wirtschaftliche Aktivität in den letzten Monaten war in den USA aber stärker als erwartet. Analysten dürften ihre Gewinnprognosen vorerst weiter nach oben schrauben. In Europa und Deutschland könnte es ein gemischteres Bild geben. Globalere Unternehmen dürften aufgrund der Stärke in anderen Regionen und dem etwas schwächeren Euro besser abschneiden als lokalere Unternehmen, die unter den Corona-Beschränkungen leiden.
In welche Einzelaktien lohnt es sich jetzt noch zu investieren?
Aktien gehören ins Portfolio langfristig orientierter Anleger. Dabei setzen wir auf stark und nachhaltig wachsende Qualitätsunternehmen. Taktisch haben wir dieses Exposure in den letzten Monaten um zyklischere Elemente, zum Beispiel Small Caps und Schwellenländeraktien, erweitert. Wir sind zudem optimistisch für britische Aktien, dank der nicht ausgeprägten Positionierung, positiven Gewinnrevisionen und des weit gediehenen Impfstofffortschritts.