Showdown zum Jahresende: Nach einem monatelangen Wahlkampf präsentierten Ende November die Parteispitzen von SPD, Grünen und FDP den Koalitionsvertrag. Ein wichtiges Ereignis, denn die Politik kann entscheidenden Einfluss auf den wirtschaftlichen Verlauf nehmen. Diesbezüglich dürfen sich Börsianer schon mal freuen, denn das Kabinett um den neuen Bundeskanzler Olaf Scholz hat Verheißungsvolles im Gepäck.

Im Zentrum der Regierungsarbeit steht eine Auffrischung des Standorts Deutschland. Dazu zählen schnelle und digitale Genehmigungsverfahren, um die vielerorts aufgetürmte Bürokratie abzubauen. Daneben stehen die Themen Energiewende, Bildung, Digitalisierung und Modernisierung sowie letztlich auch die rasche Bekämpfung der Pandemie auf der Agenda. Das Paket als Ganzes hat klar das Zeug, positive Wachstumsimpulse zu liefern.

Laut den Prognosen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wird die Konjunktur kräftig anziehen. Die Herbstprognose der Berliner sieht ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr von 2,1 Prozent vor. 2022 wird der Aufschwung dann deutlich stärker ausfallen: "Wenn sich die Lieferengpässe im kommenden Jahr auflösen, dürfte die Industrie durchstarten", so die DIW-Experten. Die Expansionsrate wird auf 4,9 Prozent geschätzt, und so könnte die Wirtschaft zum Ende nächsten Jahres wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht haben.

Gute Rahmenbedingungen also für die heimischen Aktienmärkte, um auf ein weiteres positives Jahr nach vorn zu blicken. 2021 verzeichnete der DAX ein kräftiges Plus von rund 13 Prozent. Damit gelang den heimischen Bluechips seit der Finanzkrise 2008 das siebte Mal ein prozentual zweistelliger Anstieg innerhalb eines Jahres. Unsere Top-Ten-Auswahl, die wir an dieser Stelle vor einem Jahr vorgestellt haben, schnitt noch etwas besser als der Gesamtmarkt ab. Obwohl wir mit den beiden Ökotiteln Nordex und SMA Solar zwei Nieten gezogen haben, errechnet sich für unser Favoriten-Basket ein durchschnittlicher Gewinn von 19,5 Prozent.

Erfolgversprechende Investments

Auch für 2022 haben wir wie gewohnt die Chancen auf dem heimischen Aktienmarkt ausgelotet und präsentieren dieses Mal die "glorreichen Sieben" aus DAX, MDAX und SDAX. Aus der ersten Börsenreihe fiel die Wahl auf das Trio Daimler, SAP und den DAX-40-Aufsteiger Sartorius. Für die beiden Erstgenannten ist 2022 ein Jahr des Umbruchs. So konzentriert sich Daimler nach der Abspaltung von Daimler Truck voll und ganz auf das Pkw-Aushängeschild Mercedes-Benz. Der Businessplan fu¨r die Jahre 2022 bis 2026, der insgesamt Investitionen in Höhe von 60 Milliarden Euro vorsieht, soll dafür sorgen, dass die Marke mit dem Stern noch vor Ende des Jahrzehnts voll elektrisch wird. Letztlich strebt Mercedes den Spitzenplatz bei E-Antrieben sowie Fahrzeugsoftware an. "Unser Ziel ist die Technologieführerschaft im automobilen Luxussegment sowie bei Premium-Vans", erklärt Daimler-Chef Ola Källenius. Auch die Profitabilita¨t soll zulegen: In normalen Zeiten wird mit einer operativen Marge in niedriger bis mittlerer einstelliger Prozenthöhe gerechnet, in guten Zeiten soll sie dann zweistellig werden.

SAP wiederum setzt seinen Fokus voll auf das Cloud-Computing. Die Walldorfer befinden sich gerade in einem Transformationsprozess in Richtung digitale Wolke. Nach Ansicht von Vorstandschef Christian Klein soll das Unternehmen langfristig eines der größten Cloud-Unternehmen der Welt werden. Dass der Softwarekonzern auf einem guten Weg ist, zeigen die aktuellen Entwicklungen. SAP hat 2021 dreimal in Folge seine Jahresziele angehoben. Bis 2025 sollen die Cloud-Erlöse auf mehr als 22 Milliarden Euro steigen. Zum Vergleich: Für das zu Ende gehende Jahr werden Spartenerlöse von 9,4 bis 9,6 Milliarden Euro angepeilt. Ein Statement des Vertrauens setzte zuletzt Aufsichtsratschef und Mitgründer Hasso Plattner. Im Dezember kaufte er eigene Aktien im Wert von 15,8 Millionen Euro.

Beim Gesundheitsspezialisten Sartorius boomt derzeit das Geschäft, und das dürfte es auch 2022 weiter tun. Das Unternehmen profitiert im zweifachen Sinne von der Pandemie: Zum einen rüsten die Göttinger Pharma- und Forschungslabore aus, die mit Corona-Tests derzeit alle Hände voll zu tun haben. Darüber hinaus verfügt Sartorius über Technologien, die zur Herstellung von Biopharmazeutika, zu denen auch die Corona-Impfstoffe zählen, benötigt werden. Doch ist der Konzern unter anderem mit der Entwicklung von Biopharmazeutika wie Gen- und Zelltherapien ebenfalls bestens auf eine Zeit nach Covid-19 vorbereitet. Sartorius hat sich zum Ziel gesetzt, den Umsatz von 3,4 Milliarden Euro auf fünf Milliarden Euro bis 2025 hochzuschrauben. Dabei soll eine Marge von 32 Prozent erzielt werden.

Im MDAX haben wir zwei interessante Turnaround-Storys aufgespürt. Das wäre zum einen Fraport. Die Aktie des Flughafenbetreibers könnte im kommenden Jahr wieder deutlich an Höhe gewinnen, selbst wenn der Kurs zuletzt durch das Auftreten der Omikron-Variante noch einmal einen Dämpfer bekommen hat. Im Jahresverlauf dürften sich die zahlreichen Impfkampagnen positiv auf das Geschäft auswirken. Bereits in diesem Jahr verzeichnete Fraport ein deutliches Passagierwachstum, das 2022 "Flügel" bekommen könnte. Das Gleiche gilt für Hugo Boss. Der neue Chef Daniel Grieder möchte den Modekonzern mit neuen Kollektionen und Marken sowie einer weitreichenden Digitalisierungsstrategie wieder auf Vordermann bringen. Grieder hat sich vorgenommen, den Umsatz bis 2025 auf vier Milliarden Euro zu verdoppeln.

Unter den Small Caps stechen Krones und Flatexdegiro hervor. Während der weltgrößte Hersteller von Getränkeabfüllanlagen als absoluter Konjunkturgewinner eingestuft werden kann, profitiert der Onlinebroker von der über jeden Zyklus hinweg zunehmenden Begeisterung am Börsenhandel. Seit Langem befindet sich Flatexdegiro auf einem dynamischen Wachstumskurs und möchte diesen im neuen Jahr fortsetzen. Neben erneuten Marktanteilsgewinnen dürften auch Skaleneffekte die Margen antreiben. Fortwährende Insiderkäufe des Managements geben der Strategie von Flatexdegiro die nötige Glaubhaftigkeit.