Das britische Parlament rang Premierministerin Theresa May die Kontrolle über den Brexit-Prozess ab. Am Mittwoch soll über Alternativen zu der von May ausgehandelten Scheidungsvereinbarung zwischen Großbritannien und der EU abgestimmt werden. Ein Ende des Dramas sei dennoch nicht in Sicht, warnten die Analysten der BayernLB. Schließlich seien die Beschlüsse nicht bindend. "Auch ist fraglich, was passiert, falls keine Alternative eine Mehrheit findet oder eine, die nicht umsetzbar ist."

Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen sagte, ein ungeordneter EU-Ausstieg Großbritanniens sei noch nicht vom Tisch. "Denn die Alternativen zu Theresa Mays Deal, wie ein zweites Referendum oder Neuwahlen, dürften den meisten Abgeordneten - insbesondere auf Tory-Seite - mindestens genauso unattraktiv erscheinen." Das Pfund Sterling verteuerte sich dennoch um 0,3 Prozent auf 1,3242 Dollar. Börsianer begründeten dies mit einer Brexit-Überdrüssigkeit der Investoren, die dieses Thema zunehmend ausblendeten.

MERCK MACHT MIT VERSUM-ÜBERNAHME ERNST - BAYER IM MINUS

Am deutschen Aktienmarkt rückte Merck ins Rampenlicht. Der Pharma- und Spezialchemiekonzern will den Konkurrenten Versum feindlich übernehmen und bietet 48 Dollar je Aktie. Zugleich forderte die Darmstädter Firma die Eigner des Elektronikmaterialien-Herstellers auf, gegen die geplante Fusion von Versum mit dem US-Rivalen Entegris zu stimmen. Merck-Aktien stiegen um 0,7 Prozent. Versum-Titel lagen dagegen vorbörslich knapp im Minus bei 49,62 Dollar und Entegris-Papiere verloren 0,2 Prozent.

Schlusslicht im Dax war erneut Bayer. Die Aktien des Pharma- und Agrarchemiekonzerns fielen um bis zu 3,4 Prozent auf ein Sechseinhalb-Jahres-Tief von 55,66 Euro. Ein Händler führte das auf drohende milliardenschwere Schadenersatz-Zahlungen wegen des Unkrautvernichters Glyphosat zurück. In den USA sind hunderte Verfahren anhängig.

APPLE MACHT NETFLIX UND DEUTSCHEN TV-SENDERN KONKURRENZ

Nach der Vorstellung des neuen Apple-Streaming-Dienstes sowie von Spiele- und Nachrichten-Angeboten gerieten auch Aktien deutscher Medienkonzerne unter Druck. Der erste Eindruck sei zwar etwas enttäuschend, sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. "Aber es besteht die Chance, dass das Angebot im Laufe der Zeit immer beliebter wird." Apple-Titel legten in den USA vorbörslich 1,2 Prozent zu und machten damit ihre Vortagesverluste wett. Die neue Konkurrenz brockte RTL, Axel Springer und ProSiebenSat.1 am Dienstag Verluste von bis zu 2,1 Prozent ein. Letztere markierten mit 13,16 Euro den niedrigsten Stand seit fast siebeneinhalb Jahren. Auch Titel des Streaming-Platzhirschs Netflix notierten vorbörslich leichter.

Wirecard steuerten dagegen mit einem Plus von mehr als 30 Prozent auf den größten Tagesgewinn seit fast 17 Jahren zu. Der Online-Zahlungsabwickler muss wegen Unregelmäßigkeiten in Singapur zwar kleinere Posten in seiner Bilanz für 2017 korrigieren. Für eine strafrechtliche Verantwortung in der deutschen Konzernzentrale gebe es aber keine Hinweise, erklärte Wirecard. Das Thema hat den Aktienkurs des Unternehmens in den vergangenen Wochen stark belastet.

rtr